Puzzlestein um Puzzlestein fügt sich zum Mega-Projekt der Auenrevitalisierung an WeiĆer Elster und Luppe. Am 23. Mai stimmte der Stadtrat dem ersten Fƶrderbaustein für das NaturschutzgroĆprojekt Leipziger Auwald zu ā 4 Millionen Euro für die Planung des Riesenprojekts in den Jahren 2025 bis 2027. Am 13. Juni steht die parallele Entscheidung dazu im Schkeuditzer Stadtrat an.
Denn hier werden beiden Städte für Jahrzehnte kooperieren bei der schrittweisen Revitalisierung der Nordwestaue. Am Dienstag, 4. Juni, gab es das nächste Puzzle-Stück direkt am Ratsholzdeich.
L-IZ-Leser kennen den Ort schon. Hier gab es bereits am 27. MƤrz einen Vor-Ort-Termin, bei dem die Landestalsperrenverwaltung und die Stadt Leipzig über ihre Zusammenarbeit bei der Wiederherstellung des Auwaldes im Gebiet der PauĆnitz berichteten. Eigentlich war das ein Leipziger Projekt, bei dem über 30 Jahre lang mit künstlichen Flutungen im Frühjahr wenigstens ein Teil des Waldes im PauĆnitzgebiet unter Wasser gesetzt wurde.
Aber das Projekt war immer zu klein und zu behelfsmƤĆig. Die PauĆnitz selbst ist seit den 1980er Jahren von ihrem eigentlichen Wasserzufluss im Süden abgeschnitten. Der wurde durch den Tagebau Cospuden komplett gekappt.
Seit dem Ende des Tagebaus bekommt die PauĆnitz ein bisschen Wasser aus dem Grenzgraben. Aber das ist viel zu wenig, um auch nur eine winzige Ćberschwemmung auszulƶsen. Und der Auwald braucht regelmƤĆige Ćberschwemmungen. Das bestimmt auch die Artenzusammensetzung in Flora und Fauna. Eine Lƶsung wurde greifbar, als sich hier auch die Landestalsperrenverwaltung (LTV) Gedanken machte im Rahmen des Hochwasserschutzkonzepts. 2008/2009 setzte man sich mit der Stadt Leipzig zusammen und gemeinsam fand man eine Lƶsung im Rahmen des Leipziger Projekts āDynamische Aueā.
Mehr Wasser für die Südaue
Denn dazu brauchte man ein Einlassbauwerk am Ratsholzdeich, das nicht nur bei extremen Hochwassern (wie 2011 und 2013) Wasser in den südlichen Auwald bringt, sondern mindestens bei Hochwassern, wie sie statistisch alle 25 Jahre passieren. So wie zu Weihnachten 2023, als das 2014 gebaute Einlassbauwerk am Ratsholzdeich das Dezemberwasser nicht nur in den Auwald strƶmen lieĆ, sondern in den 2023 von der Landestalsperrenverwaltung gebauten Verbindungsgraben.

Der liegt zwar auf dem Gebiet der Stadt Leipzig. Aber hier hat die LTV die Gelegenheit, auf diese Weise einige der AusgleichsmaĆnahmen zu verwirklichen, mit denen sie seit den BaumfƤllungen hinter Leipzigs Deichen im Jahr 2011 beauflagt ist. Die LTV hilft hier dem Umweltschutzamt der Stadt direkt, in der Südaue wieder ein tragfƤhiges VernƤssungssystem zu schaffen, bei dem nicht nur die PauĆnitz mit zusƤtzlichem Wasser bespannt wird, sondern auch die alten, noch existierenden GrƤben und Lachen im Gebiet wieder Wasser bekommen.
Langfristig wird das den Wald wieder in einen typischen Auwald verwandeln, das zeigen die Ergebnisse des Leipziger Pilotprojekts selbst mit den ƶrtlich sehr eingegrenzten PauĆnitzflutungen. Baumarten, die keine ānassen FüĆeā vertragen, wurden hier deutlich zurückgedrƤngt. Allen voran die diversen Ahornarten, die sich nur zu gern auf trockenen FlƤche ausbreiten, Flutungen aber gar nicht vertragen.
Ćmter und Verwaltungen lernen miteinander zu kooperieren
Das Projekt stellte Marcus Freygang von der LTV am 4. Juni natürlich noch einmal vor. Denn es zeigt exemplarisch nicht nur, wie zwei Instanzen, die vorher kaum zusammengearbeitet haben, in einem Kooperationsprojekt für den Auwald zusammenfinden. Und vor allem, wie beide Seiten voneinander gelernt haben.
Das ist Wissen, das im NaturschutzgroĆprojekt Leipziger Auwald regelrecht Gold wert ist. Denn dort geht es um dieselbe Fragestellung: Wie schafft man wieder ein mƶglichst nahes Wasserregime im Auwald, baut die vor 100 Jahren gebaute KanƤle und Deiche zurück und beachtet dabei trotzdem den so wichtigen Hochwasserschutz?

Deswegen wird die künftige Elster-Luppe-Aue ganz bestimmt nicht wieder so aussehen, wie sie vor 150 Jahren noch aussah. Daran erinnert sich zwar kein Mensch mehr. Aber Michael Liebmann hat die Vergangenheit und die VerƤnderung der Aue in seinem Buch āWasser, Wald und Menschenā profund erzƤhlt. Man kann es nur jedem ans Herz legen, der sich wirklich für Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Elster-Luppe-Aue interessiert.
Aber ein Ergebnis aus dem Projekt āDynamische Aueā ist eber auch, dass der Mensch gar nicht alles machen muss. Denn wo sich die Bedingungen wieder zum Besseren verƤndern, übernimmt die Natur von ganz allein die Regie. Es entsteht ā natürlich letztlich wieder über Generationen ā ein neues Auwald-Habitat.
Vielleicht auch weiter gestresst, denn der Klimawandel mit seinen zunehmenden Extremen zwischen Dürre und Starkregen wird auch das Leipziger Auensystem belasten. Aber ohne diese Revitalisierungen wäre das Ende des Auwaldes absehbar. Die Zeit drängt. Auch das wurde am 4. Juni noch einmal deutlich.
Eine Kooperation für den groĆen Masterplan
Rayk Bergner, Oberbürgermeister von Schkeuditz, Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal sowie Sachsens Umweltminister Wolfram Günther waren aber nicht nur an den Ratsholzdeich gekommen, um hier quasi den Abschluss des ersten Teilabschnitts des Vorhabens āDynamische Aueā zu feiern. TatsƤchlich wollten sie hier einen Vertrag unterschreiben.

Genauer: Eine Vereinbarung zur Revitalisierung des Leipziger Auwalds. Deren Anliegen ist es, die Rahmenstrategie āElster-Luppe-Flusslandschaft 2050ā gemeinsam umzusetzen und dafür Abstimmungs- und Beteiligungsprozesse festzulegen. Damit werde die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten verstetigt und weiter ausgebaut, so das SƤchsische Umweltministerium. Klingt irgendwie nach einem Schƶnwetterpapier ā und schƶn sonnig war der Termin ja.
Aber diese Kooperationsvereinbarung ist eine der Voraussetzungen für die Fƶrderung des NaturschutzgroĆprojekts Leipziger Auwald durch das Bundesamt für Naturschutz. Noch im Juni sollen die FƶrderantrƤge aller Beteiligten eingereicht werden. Denn in diesem GroĆprojekt müssen ja Schkeuditz, Leipzig und der Freistaat zusammenarbeiten.
Und diese Kooperationsvereinbarung ist für das Bundesamt für Naturschutz die Versicherung, dass es alle drei Partner ernst meinen und die 4 Millionen Euro Planungsmittel in den nƤchste drei Jahren auch sinnvoll einsetzen, um die Grundlagen dafür zu schaffen, dass dann ab 2028 die BaumaĆnahmen beginnen kƶnnen und die in Aussicht gestellten 43 Millionen Euro auch genau das bewirken, was alle Beteiligen in der Nordwestaue erreichen wollen.
Der Masterplan reicht bis Elstertrebnitz
Oberbürgermeister Rayk Bergner freut sich auf die Umsetzung, denn damit wird auch der Schkeuditzer Teil der Elster-Luppe-Aue wieder für eine natürliche Auenentwicklung hergestellt: āIch freue mich, dass die Arbeiten zur Renaturierung der Aue weiter voranschreiten. Alle MaĆnahmen, die zum Erhalt der wertvollen Auenlandschaft zwischen Leipzig und Schkeuditz beitragen, sind ein Gewinn für unsere Umwelt und die Menschen, die eine intakte Naturlandschaft genieĆen wollen.ā
Und Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal erinnerte an die vergangene Ratssitzung: āIch freue mich, dass der Leipziger Stadtrat in seiner Maisitzung den Antrag zum NaturschutzgroĆprojekt so einmütig auf den Weg gebracht hat.ā
Bis 2027 wollen die Kooperationspartner die Ergebnisse ihrer inhaltlichen Abstimmungen in der Erarbeitung eines Masterplans āElster-Luppe-Flusslandschaft 2050ā bündeln. Hierzu wird das sƤchsische Umweltministerium federführend einen Planungsprozess koordinieren.
Ziel des Masterplans ist die Revitalisierung einer durchgehenden Auenlandschaft über eine Strecke von rund 40 Kilometern nicht nur auf Leipziger und Schkeuditzer Flur ā sondern zwischen Elstertrebnitz bis Schkeuditz. In diesen Prozess sollen die Umweltvereine als auch potenziell von MaĆnahmen betroffene Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Betriebe einbezogen werden. Zugleich soll eine enge Abstimmung mit dem geplanten NaturschutzgroĆprojekt erfolgen.
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