Gefahren herbeiorakeln, Stimmung machen, falsche Behauptungen aufstellen – so arbeitet die AfD-Fraktion im Leipziger Stadtrat. Das war in der Sitzung am 5. Juli wieder bestens zu beobachten, als es eigentlich um eine Petition ging, zu der der Petitionsausschuss des Stadtrates einen ablehnenden Beschlussvorschlag formuliert hatte. Denn an der Notunterkunft, die die Stadt in der Kommandant-Prendel-Allee / Ecke Kolmstraße eingerichtet hat, kam es bislang zu keinen Störungen.

Oder im Text des Beschlussvorschlags: „Bisher wurden keinerlei Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit der Notunterkunft in der Kommandant-Prendel-Allee festgestellt. Etwaige Bedrohungslagen oder Übergriffe gegenüber Besucherinnen und Besuchern der Schwimmhalle bzw. der unmittelbar angrenzenden Grundschule sind bisher ebenfalls nicht bekannt.“

Es trifft also nicht zu, was Mathias Arnold in seiner Petition behauptet hatte. Und ein gewöhnlicher Bürger ist Mathias Arnold auch nicht: 2019 kandidierte er für die AfD für den Leipziger Stadtrat. Und er sitzt im Stadtbezirksbeirat Südost – für die AfD.

Stellungnahme der Verwaltung zur Petition von Mathias Arnold.

Fast wortgleich dasselbe

Aber nicht genug, dass ein AfD-Mann hier wieder das Instrument einer Petition nutzte, mit der sich der Petitionsausschuss beschäftigen muss. Wieder einmal schrieb die AfD-Fraktion im Stadtrat dann auch noch einen extra Antrag dazu, der fast wortgleich genau dasselbe behauptete wie Arnold in seiner Petition.

Arnold: „Die geplante Asylunterkunft für 330 Migranten in der Kommandant-Prendel-Allee/Kolmstraße bereitet Stötteritzer Bürgern Sorgen hinsichtlich Sicherheit und öffentlicher Ordnung. Ausdruck dessen ist das Versammlungsgeschehen in Stötteritz in den vergangenen Wochen. Bisher konnte die Stadtverwaltung diesen berechtigten Sorgen nicht Rechnung tragen. Fakt ist: Es fehlt ein Sicherheitskonzept für das Umfeld der geplanten Asylunterkunft.“

Die AfD-Fraktion: „Die Asylunterkunft für 330 Migranten in der Kommandant-Prendel-Allee/Kolmstraße hat unter vielen Stötteritzer Bürgern für Befürchtungen hinsichtlich ihrer Sicherheit und der ihrer Kinder gesorgt. Ausdruck dessen ist das diesbezügliche Versammlungsgeschehen in Stötteritz in den vergangenen Wochen. Bisher konnte die Stadtverwaltung diesen berechtigten Sorgen nicht Rechnung tragen. Es ist klar: Es fehlt ein Sicherheitskonzept für das Umfeld der geplanten Asylunterkunft.“

Und mit denselben Argumenten attackierte dann am 5. Juli auch noch AfD-Stadtrat Tobias Keller den Oberbürgermeister, beschwor gar ein Versagen der Verwaltung bei dem Thema.

Doch die Flüchtlingsunterkunft ist längst eröffnet. Und es gibt bis heute keinen registrierten Zwischenfall, der irgendetwas von dem, was die AfD da orakelte, bestätigte.

Den einzigen Protest hat die AfD organisiert

Entsprechend deutlich war dann die Abfuhr, die der AfD-Antrag von den anderen Fraktionen erhielt. Linke-Stadträtin Juliane Nagel warf der AfD das „Schüren von Ressentiments“ und „rassistische Hetze“ vor. Grünen-Stadtrat Martin Meißner bestätigte, dass der von der AfD beschworene „Untergang des Abendlandes“ auch an dieser Stelle wieder ausgeblieben wäre. Das einzige Protestgeschehen, das für den Standort der Unterkunft belegt sei, wären ausgerechnet die von der AfD selbst organisierten und per social media geschürten Proteste gegen die Unterkunft.

Den Rest brachte FDP-Stadtrat Sven Morlok auf den Punkt: „Ich wohne in Stötteritz. Ich gehe da zum Einkaufen, zu Fuß.“ Und was ihm vor der Flüchtlingsunterkunft am meisten auffalle: „Alles ist so ruhig.“

Petition und AfD-Antrag schildern also eine Wirklichkeit, die es nur im AfD-Kosmos gibt. Mit der Wirklichkeit vor Ort hat die ganze Kraftmeierei nichts zu tun. Und auch Kellers Argumentation, die Verwaltung speise die AfD mit allgemeinen Aussagen zur Sicherheit ab, hat keine Grundlage, wie Juliane Nagel feststellte. Denn schon 2015 hat der Stadtrat ein Sicherheitskonzept für alle Asylunterkünfte beschlossen, nach dem die Verwaltung auch arbeitet.

Am Ende war dann folgerichtig, dass nur die AfD-Fraktion für ihren eigenen Antrag stimmte – acht Stimmen dafür, aber 48 dagegen. Und der Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses, der die Ablehnung der (AfD-)Petition empfahl, bekam deutliche 47 Stimmen und nur die AfD-Fraktion stimmte dagegen. Abgetaucht in ihrer eigenen Welt der selbst geschürten Vorurteile.

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