Proteste gegen geplante Asylunterkünfte und Solidarität mit den Geflüchteten prägten von 2014 bis 2016 das Demogeschehen – nicht nur in Leipzig. Ähnliches könnte sich 2023 wiederholen. Aktuell organisieren sich auf Telegram die Gegner/-innen von Asylunterkünften, die in Lindenthal und Stötteritz entstehen sollen. Gegen ein für Sonntag, den 5. Februar, geplantes Treffen in Stötteritz ruft das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ (LNP) zum Protest auf.

„Kommt um 11 Uhr zur geplanten Unterkunft in der Kommandant-Prendel-Allee 63/Kolmstraße und lasst uns unseren Widerspruch auf die Straßen tragen!“, heißt es in einem am Samstag in sozialen Medien verbreiteten LNP-Aufruf.

Die Initiative „Stötteritz Nazifrei“, die in den vergangenen Jahren mehrmals gegen rechte Strukturen im Leipziger Südosten demonstriert hat, ruft ebenfalls zum Protest auf: „Kommt mit auf die Straße und stellt euch den geistigen Brandstiftern entgegen, bevor die Taten folgen!“ Auch das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ sowie die kommunistischen Gruppen „Kappa“ und „Jugend im Kampf“ werben für die Kundgebung.

Protest gegen „Lagebesprechung“

Anlass für den Protest ist eine Ankündigung von Asyl-Gegnern, zu jener Uhrzeit vor der geplanten Unterkunft in Stötteritz „eine kurze Lagebesprechung abhalten“ zu wollen. Wer für den dazugehörigen Telegram-Kanal verantwortlich ist, ist nicht bekannt. Darin wurde bislang unter anderem eine Mitteilung der Leipziger AfD-Fraktion geteilt.

Darin ist von einer Gefahr für den „örtlichen Gesellschaftsfrieden“ die Rede. „Stichwort: Ausländerkriminalität“, heißt es in der Mitteilung. Zudem beklagt die AfD fehlende Bürgerbeteiligung. In einer späteren Fassung ergänzte die AfD den Hinweis, dass die Unterbringung in Zelten „menschenunwürdig“ sei.

Leipzig plant in Stötteritz eine Notunterkunft für maximal 330 Geflüchtete. Geplant seien sieben Zelte und Container. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen. Voraussichtlich im März sollen die ersten Geflüchteten dort unterkommen.

Leipzig braucht vielleicht 250 neue Plätze – pro Monat

Hintergrund ist der hohe Bedarf an zusätzlichen Plätzen – von bis zu 3.000 ist in der LVZ die Rede. Das wäre ein Bedarf von durchschnittlich etwa 250 Plätzen pro Monat. Zudem möchte die Stadt ein Objekt in der Lindenthaler Hauptstraße 50 anmieten, um dort maximal 30 Geflüchtete unterzubringen. Die entsprechende Vorlage befindet sich seit dem 25. Januar im öffentlichen Online-System des Stadtrates und war sechs Tage später Thema im Ortschaftsrat Lindenthal.

Seitdem vernetzen sich „besorgte Bürger“ in einer Telegram-Gruppe mit zwischenzeitlich mehr als 200 Mitgliedern. Für Samstagvormittag war ein Treffen auf dem Marktplatz in Lindenthal geplant, um über weitere Schritte zu beraten. Ob das Treffen wirklich stattfand und was genau dabei besprochen wurde, ist nicht bekannt.

Mischen die „Freie Sachsen“ bald auch in Leipzig mit?

Demonstrationen gegen Asylunterkünfte in Leipzig sind bislang nicht angekündigt. Auch die rechtsradikale Kleinstpartei „Freie Sachsen“, die in Kleinstädten und Dörfern solche Proteste vorantreibt, spielt hier bislang offenbar keine große Rolle.

Allerdings ruft sie für Dienstagabend zu einer Demonstration gegen eine geplante Unterkunft in Böhlen auf – circa 15 Kilometer südlich von Leipzig. Im Jahr 2015 hatten Unbekannte auf ein bewohntes Heim in Böhlen geschossen. Auf eine geplante Unterkunft in Stötteritz gab es wenige Wochen später einen Brandanschlag.

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