Die Debatte hätte ruhig und unaufgeregt ablaufen können. Das war nicht der Fall, doch zunächst die Fakten: Bisher war der Klimabeirat nur ein persönlicher Beirat des Oberbürgermeisters (OBM). Mit dem heutigen Beschluss wurde er mit 37 Stimmen dafür und 17 Stimmen dagegen in einen Beirat nach Sächsischer Gemeindeordnung überführt und hat damit deutlich mehr Befugnisse. Damit wurde auch die Zusammensetzung des Beirats beschlossen.

„Wir haben den Klimabeirat im Klimanotstandsbeschluss verankert, damit die Menschen sich nicht nur draußen auf der Straße, sondern auch hier in der Stadtverwaltung engagieren können“, so Michael Neuhaus, klimapolitischer Sprecher der Linken-Fraktion.

Warum artete die Situation derart aus? Die Faktenlage bei diesem Thema ist klar und der Wirkungskreis des Beschlusses hält sich in Grenzen. Aber manche Stadtratsmitglieder wollten lieber über die Letzte Generation oder das Fehlen von Atomkraftwerken in Deutschland diskutieren, als über den Beschluss zur Schaffung eines Klimabeirats nach Sächsischer Gemeindeordnung.

Es war ein Grabenkampf, hinter dem die eigentliche Entscheidung in den Hintergrund rückte und wie er seit der Publikation der „Grenzen des Wachstums“ im Globalen Norden schon millionenfach geführt wurde. Von rechter Seite (CDU und AfD) war dieser Kampf rein ideologisch, während die Fraktionen, die den Antrag erarbeitet hatten (SPD, Grüne und Linke) sich auf die gleichen Argumente stützten, die schon seit Jahren den Klimaschutz in Deutschland begründen.

Streitthema: Zusammensetzung des Beirats

„Wir haben in der Zusammensetzung (…) fast alles drin: von der Wirtschaft, dem Wohnungsbau, der Wissenschaft, der Medizin und selbstverständlich auch von Klimagruppen. Wir haben nur 16 Plätze, mehr können wir nicht integrieren“, so Dr. Getu Abraham (SPD).

Laut Mitgliedern von Linken, SPD und Grünen, die in den Prozess involviert waren, war es ein komplizierter und langer Prozess. Die Zusammensetzung, auf die sich der Stadtrat nun einigte:

  • 1 dem Jugendparlament
  • 1 der Handwerkskammer zu Leipzig
  • 1 der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig
  • 1 der Gewerkschaften (DGB)
  • 1 Bündnis für bezahlbares Wohnen
  • 2 den klimarelevanten Forschungsinstituten (1 UFZ, 1 Universität Leipzig)
  • 4 den Leipziger Umweltverbänden (Ökolöwe, BUND Leipzig, NaBu, Greenpeace)
  • 3 den Klimagruppen (z. B. Fridays for Future, Parents for Future, Scientist for Future)
  • 2 den Sozial- und sonstigen Verbänden (Verbraucherschutzzentrale Sachsen, Energiegenossenschaft Leipzig)

Außerdem finden sich in der Beschlussfassung einige Gruppen, die beratend tätig sein können, aber kein Stimmrecht haben.

Befugnisse des Beirats

Als Beirat nach Sächsischer Gemeindeordnung können nun Themen und Häufigkeit der Sitzungen von den Mitgliedern selbst bestimmt werden. Auch können Anträge im Stadtrat zur Abstimmung gestellt werden. Ebenfalls hat der Beirat bei den seine Themen betreffenden Angelegenheiten ein Mitspracherecht.

Im Oktober 2019 beschloss der Leipziger Stadtrat den Klimanotstand in Leipzig. In der Folge wurde ein Klimabeirat des Oberbürgermeisters eingerichtet. Dieser traf sich zweimal im Jahr, konnte seine Themen nicht selbst bestimmen und auch sonst nicht an den Prozessen der Stadt Leipzig teilhaben.

Stattdessen, so berichteten einige Mitglieder, wurden hochschwellige Debatten geführt und das Referat für Klimaschutz stellte geplante Maßnahmen vor, ohne genug Zeit für tatsächliche Debatten zu schaffen. Auch hatte der Beirat nicht die Möglichkeit, Anträge in den Stadtrat einzubringen. Nur durch Mitglieder wohlgesinnter Fraktionen habe man überhaupt einen Einfluss haben können.

Emotional geladene und ideologisch geführte Debatte

Die Debatte wurde höchst emotional und persönlich geführt. Schließlich ist das Thema nicht erst seit gestern auf der Tagesordnung und der Diskussionsrahmen hält sich doch aufgrund der begrenzten Möglichkeiten der Stadt Leipzig beim Thema Klimaschutz in engen Grenzen. Als entscheide man über ganz Deutschland und nicht über einen Beirat einer 600 000-Einwohner*innen-Stadt, der sich mit eher kleinen und marginalen Maßnahmen beschäftigt, die sowieso alle durch den Stadtrat abgesegnet werden müssen.

Kritik kam vor allem von CDU und AfD: Michael Weickert (CDU) kritisierte eine Zerfaserung durch zu viele Beiräte der Stadt. Auch stellte er die Relevanz des Themas Klima an sich infrage. Sylvia Deubel (AfD) störte sich an der Zusammensetzung des Beirats, die nicht demokratisch genug sei.

Jürgen Kasek wandte sich hart gegen diese Kritik. Sven Morlok (Freibeuter) unterstellte Katharina Krefft, sie könne den Antrag ihrer eigenen Fraktion nicht richtig lesen und dementsprechend nicht verstehen, was sie da beantrage. Tiefer konnte das Niveau der Debatte dann nicht mehr sinken.

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