Der britische Rüstungskonzern Serco hat Anfang des Jahres die European Homecare (EHC) GmbH übernommen, die deutschlandweit Geflüchtetenunterkünfte betreibt. Serco betreibt weltweit Unterkünfte für Geflüchtete, darunter einen großen Teil der Infrastruktur in Großbritannien, das nicht gerade für einen humanen Umgang mit Geflüchteten bekannt ist, sowie Inselgefängnisse vor Australien. Zuletzt hatte der Sächsische Flüchtlingsrat die Übernahme kritisiert und dabei auf menschenunwürdige Zustände in einer Dresdner Serco-Einrichtung verwiesen. Auch in Leipzig sind acht Gemeinschaftsunterkünfte in den Händen der Stadt und eine Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaats betroffen.

Wie verhält sich dazu die Stadt, wollte die Linken-Stadtratsfraktion nun wissen. Das Sozialamt teilte mit, dass die mit der EHC geschlossenen Betreiberverträge bestehen blieben, sich also an den Standards für die Unterbringung nichts ändere. „Die Stadt Leipzig überprüft regelmäßig, ob die vertraglichen Vereinbarungen eingehalten werden“, heißt es aus dem Sozialamt.

Die gegen Serco vorgebrachten Vorwürfe wären auch rein rechtlich kein Grund, die bestehenden Verträge aufzukündigen und neu auszuschreiben. Eine Haltung zu der Serco-Übernahme beziehungsweise eine gewisse Grundvorsicht aus den Berichten über Serco-Lager, sowie sein Dasein als Rüstungskonzern, geht der Stadt jedoch vollkommen ab: „Die Prüfung der Zulässigkeit einer Gesellschaftsübernahme obliegt den Wettbewerbsbehörden. Die Stadt Leipzig darf als Auftraggeberin keinen Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen von Vertragspartnern ausüben.“

Kritik an Serco

Als „eines der dreckigsten Geschäfte unserer Zeit“ hatte Osman Oğuz vom Sächsischen Flüchtlingsrat die Profitemacherei mit der Migrationssicherheit vor Kurzem bezeichnet. Laut SFR macht Serco einen Jahresumsatz von 4,5 Milliarden Dollar, unter anderem auch mit Produktion und Management von Verteidigungstechnik, Entwicklung von Logistik und Management in Kriegsgebieten, sowie im Rüstungssektor und der Entwicklung, Produktion und Wartung von Atomwaffen.

„Zuerst arbeiten sie an der Schaffung von Fluchtursachen durch Kriege, dann beteiligen sie sich am Einfangen und Abschieben von Geflüchteten an den Grenzen und schließlich betreiben sie die Unterkünfte für Geflüchtete – in jedem Schritt im staatlichen Auftrag“, so Oğuz.

Zuletzt wurde im November der in einem Serco-betriebenen Lager in Kusel bei Kaiserslautern untergebrachte 25-jährige kurdischen Geflüchtete Hogir A. aus der Türkei tot aufgefunden. Medienberichte werfen den Lagermitarbeiter*innen massive Versäumnisse vor. Der Tod von Hogir A. brachte laut SFR zahlreiche Misshandlungen von Asylbewerber*innen ins Licht der Öffentlichkeit.

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Es gibt 10 Kommentare

Auch die Erkenntnis, das man nicht auf einen Nenner kommt, kann Ergebnis eines sachlichen Austauschs sein. Glücklicherweise haben wir keine AfD-Gedankenpolizei.

Ich bin immer noch getriggert von dem Wort Lager, da habe ich halt ein bestimmtes Bild vor Augen. Ich werde mich aber mal informieren, was und wie die neuen Betreiber von Serco so im Ausland die Dinge umsetzen und die Entwicklung vor Ort aufmerksam verfolgen.

Guten Morgen,

und in der Tat, das sollte nicht geschehen. Doch ein Glück, das ist hier auch nicht geschehen, da der Begriff hier explizit im Kontext der Berichte zu bereits bestehenden Selco-Lagern reproduziert wurde seitens des Autors, von Lagern in Deutschland war insofern nicht die Rede. Einzig bedenklich, auch da schlägt meine Mustererkennung an, die Verknüpfung des indirekten Zitats mit der Beschreibung, wie die Stadt Leipzig darauf reagieren würde. Doch dieser Teil ist für mich eindeutig als Meinungsbeitrag zu erkennen, der Begriff bleibt im Kontext legitim.
Doch scheint es, daß wir da auf keinen Nenner kommen, tut mir leid.
Witzigerweise ging es mir in den letzten Tagen auch ähnlich mit Diskussionen, in der der/die Gesprächspartner/in versucht hat, unbewußt oder vorsätzlich, und für mich “aus der Kalten”, die allgemeingültige Definition von “Faschismus” mit den fünf zu erfüllenden Kriterien, für seine/ihre Zwecke umzudeuten, um mir den unsäglichen Paraterminus “Linksfaschismus” schmackhaft zu machen. Auf meine Ablehnung hin soll ich dann “raus” gewesen sein.
Nein, ich heiße nicht Tilo, und nein, ich werde bestimmt nicht den Boden der Wissenschaftlichkeit verlassen, auch wenn ich meine Kritik gerne einmal drastischer und deutlicher formuliere.
Auch ich habe hier schon einige Male über die Stränge geschlagen, die “Betroffenen” wissen wovon ich schreibe, von deren Reaktion im Verhältnis dazu einmal abgesehen, doch es gibt Grenzen, wenn zum Beispiel Fakten mit unwissenschaftlichen Anekdoten und offensichtlichen Ideologiemärchen zerredet werden sollen.
Und nun gibt es erst einmal einen bohnigen Wachmacher, bevor die Schicht anfängt. ^^

Dennoch halte ich es für falsch, den Begriff Lager für die Einrichtungen in Deutschland zu verwenden.
Es wertet meines Erachtens nach die wirklichen Lager in Griechenland und Co auf, wenn der gleiche Begriff für beide Dinge verwendet wird. Ich halte es für eine Art von sprachlicher Verharmlosung.
Lagerähnlich würde ich gelten lassen, aber es muss in meinen Augen eine sprachliche Unterscheidung geben.

P.P.S.: Korrektur, es ist die vorgestrige Ausgabe. Mein Vater erhält sie als Plusabonnent quasi frisch aus der digitalen Druckerpresse.

P.S.: Und vielen Dank für den Zusatz.
Ich finde zudem, daß zusätzlich das “Recht auf Arbeit” gelten sollte, um grenzwertigem populistischen Aktionismus (exemplarisch Saale-Orla-Kreis, CDU, Hr. Herrgott) gezielt vorzubeugen. Mir war zwar bereits bewußt, daß die CDU im politischen Spektrum rechts eingeordnet wird, doch dies hat mir noch einmal vor Augen geführt, wohin die CDU, speziell in Ostdeutschland, seit einiger Zeit zu steuern droht. Bedenkt man die “Tradition” der Ost-CDU, so frage ich mich schon ab und zu, wieviel Einfluß die verbliebenen “Blockflöten” noch ausüben, so oft wie zu lesen und zu hören ist, daß einmal mehr Zwang, Exklusion ausgeübt werden soll oder Übergriffe in “alternative” Lebensentwürfe gefordert wird, so daß es inwzischen teilweise so wirkt, als ob die faschistische AfD rechts überholt werden soll.
Pardon, daß ich noch einmal etwas weiter ausgeholt habe, doch das mußte ich nach der Lektüre der vorvorgestrigen OTZ loswerden.

Es ging im dritten Absatz dieses Beitrags explizit um die Zustände, laut den indirekt zitierten Berichten, in den bereits vom Serco-Konzern vermutlich nach paramilitärischen Mustern betriebenen Lagern. Aus dieser Stelle ist der Begriff “Lager” im Kontext der Berichte an dieser Stelle meiner Meinung nach legitim.
Eine Nazikeule sollte jedoch nicht geschwungen werden, pardon. Ich bitte um Verzeihung.
Die Wertung des Begriffs “Lager” auf diese drastische Weise in Ihrem vorigen Beitrag hat leider meine Mustererkennung “anschlagen” lassen. Daher danke für die Richtigstellung und Einordnung. 🙂
Dem Rest Ihres letzten Beitrags kann ich nur beipflichten, bis auf den Teil mit den juristischen Bestrebungen. Diese gibt es durchaus, und mutmaßliche Verfassungswidrigkeiten sind nicht immer erst ab Urteil “real”, auch wenn es schweigend ge- und erduldet wird, von Beteiligten/der Bevölkerung und den Asylsuchenden.
Ich hoffe, Sie können mir mein Fehlverhalten nachsehen.
Schönen Abend.

Wogegen ich absolut bin, sind Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen.
Die Kinder gehören vom ersten Tag an eingeschult.

Mangels Angeboten (sofern nicht ehrenamtlich was auf die Beine gestellt wurde) langweilen die sich dort zu Tode. Und das ist doch gerade für Kinder völlig verkehrt.
Auch die mangelnde Privatsphäre gegenüber den Eltern oder andere Jugendlichen ist inakzeptabel.

@SebastianT: Statt ihren Standpunkt einfach darzustellen und zu begründen, gleich die Nazikeule rausholen. Ich verbitte mir solche unterschwelligen Unterstellungen, die mich mit der rechten Ecke in Verbindung bringen sollen.

Ich bin gern zu einem sachlichen Austausch der Argumente bereit.

Für mich stellt sich ein Lager so dar, dass es die Betroffenen nicht verlassen können. Das mag in Griechenland, Italien, Ungarn und anderen Ländern so sein, aber in Deutschland dürfen die Geflüchteten selbst die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen. Und es gibt Sozialarbeiter.

Ich habe schon oft genug Menschen aus solchen Einrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften bei Behördengängen und ähnlichem unterstützt. Ich habe auch schon Sportangebote in Einrichtungen durchgeführt.

Klar, es gibt Zäune und Wachen, in unserem Land habe ich aber eher das Gefühl, die sollen die Geflüchteten vor den Menschen draußen vor der Tür beschützen. Was da an Hass unterwegs ist, von Leuten die wahrscheinlich noch nie ein Wort mit jemanden außerhalb ihrer Blase gesprochen haben..

Was ich kritisieren würde:
– baulicher Zustand von vielen Einrichtungen. Alles abgenutzt, dreckig, veraltete technische Standards.
– keinem Deutschen würde sowas als Unterkunft angeboten werde dürfen, was die Geflüchteten akzeptieren müssen
– externer Besuch ist teilweise nicht möglich oder wird von den Wachen und/oder der Ausweisabgabepflicht abgeschreckt

Sicher nicht schön, aber meilenweit entfernt von den Lagern in genannten Ländern.
Von daher widerstrebt mir die Verwendung dieses Begriffes, weil ich halt deutliche Unterschiede sehe.
Wenn es grundgesetzwidrig ist, wieso wurde es dann bisher nicht vom Bundesverfassungsgericht untersagt? Ein klagender Verband oder Vereinigung liese sich doch bestimmt finden, oder?

Ich verstehe auch, dass man zu einer anderen Einschätzung kommen kann, ist sicher auch eine Frage der Perspektive.

Ich kann meinem Vorredner nicht beipflichten. Aus folgendem Grunde:
– Menschen werden, meiner Meinung nach widerrechtlich und grundrechtsverletzend, interniert, in einer Struktur, die eindeutig einem Lager entspricht. Das Kind kann also ganz sachlich und nüchtern so beim Namen genannt werden.
Der Rest der Ausführungen meines Vorredners könnte bezüglich Habitus und Formulierung als “Spiegelung” und “Projektion” zu werten sein, denn von “Konzentrationslagern” hat hier bis dato niemand geredet bzw. geschrieben. Die Muster kommen mir anhand meiner Erfahrungswerte sehr bekannt vor, denn sie sind in der rechten und regressiven Ecke gebräuchlich. In der “logical fallacy”-Mustererkennung auch bekannt als “appeal to extremes”. 😉

Man sollte als journalistischer Autor seine Wortwahl überdenken.
Das Wort Lager hier anzubringen ist in meinen Augen ein unzulässiger Versuch, die Geflüchtetenunterkünfte mit den Konzentrationslagern im 3. Reich in Verbindung zu bringen.
Sicher gibt es bei den aktuellen Unterkünften viele berechtigte Kritikpunkte, aber von Konzentrationslagern sind die Dinger trotzdem noch weit entfernt.

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