Was das Leipziger Finanzdezernat am Montag, dem 15. September, als Meldung zu einem „Investitionsmoratorium zur Stabilisierung der Finanzsituation“ herausgegeben hat, war nicht nur in dieser Art einmalig in der Stadtpolitik der letzten Jahre. Es war genauso kryptisch. Und hat postwendend den Ärger der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat auf sich gezogen.

Denn bis jetzt gibt es noch immer keine offizielle Bestätigung zur Genehmigung des Leipziger Haushalts. Und damit auch keine Information zu den Auflagen, die die Landesdirektion Sachsen möglicherweise wieder verhängt hat. Ob ein Stopp von noch nicht begonnenen Investitionen dazu gehört, weiß man also nicht.

Finanzbürgermeister Torsten Bonew verwies in der Meldung seines Dezernats auf die „ungewissen Förderkulissen“, obwohl Leipzigs aus dem Lot geratener Haushalt damit überhaupt nichts zu tun hat.

Was Bonew in der Stadtratssitzung im August selbst bestätigte. Es sind vor allem zugewiesene Pflichtaufgaben des Bundes, die die Finanzen aus dem Ruder laufen lassen, während die Investitionen der Stadt schon in den letzten beiden Jahren vor allem über Kredite – also Schulden – finanziert werden mussten. Selbst die Rekordsteuereinnahmen der Stadt sind von den Pflichtaufgaben aufgefressen worden.

Wenn Bonew von einer finanziellen Stabilität spricht, die durch das Investitionsmoratorium gewonnen werden soll, dann ist das eher Augenwischerei. Denn es löst gerade das zugrunde liegende Problem nicht, das die Stadt mit dem nächsten Doppelhaushalt 2027/2028 noch mit viel größerer Wucht einholen wird.

Finanzielle Zukunft mit Fragezeichen

„Im Moment gibt es viele Unwägbarkeiten und wenig Klarheit bezüglich der Förderkulisse sowie der Verteilung der Gelder von Bund und Land“, ließ sich Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew am Montag zitieren.

„Aus diesem Grund haben wir uns in der Verwaltungsspitze nach intensiven und konstruktiven Diskussionen für ein Investitionsmoratorium entschieden. Das bedeutet, bis zum 30. Juni 2026 werden keine neuen investiven Maßnahmen und Projekte begonnen. Wir mussten diese schwierige Entscheidung treffen, auch wenn sie schmerzlich ist. Doch sie ist notwendig, um die finanzielle Zukunft unserer Stadt weiter sicherzustellen.“

Dabei wissen zumindest all jene, die sich mit dem längst schon riesigen Investitionsstau der Stadt beschäftigen, dass diese „Verschiebung“ in Wirklichkeit nur weiteren Stau und noch höhere Investitionskosten für die verschobenen Investitionen bedeutet. Gespart wird dabei nichts.

In der Linksfraktion, wo man sich längst intensiv mit den Gründen beschäftigt, warum Leipzigs Haushalt auf einmal derart aus dem Ruder läuft, ist man sogar regelrecht sauer auf den Alleingang der Verwaltungsspitze. Denn hier wird direkt in ein Hoheitsrecht des Stadtrates eingegriffen.

Nicht mal die Fraktionen sind informiert

„Wir haben heute einen Antrag in das Stadtratsverfahren gebracht, mit dem das Investitionsmoratorium aufgehoben und in die Entscheidungshoheit des Stadtrates gebracht werden soll“, kündigt deshalb Franziska Riekewald, Fraktionsvorsitzende von Die Linke im Stadtrat, an.

„So schwierig die Haushaltslage heute und in naher Zukunft auch sein mag, es bleibt dabei, dass der Stadtrat als Hauptorgan der Stadt für Entscheidungen von so grundsätzlicher Bedeutung zuständig ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt dem Stadtrat als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger weder der Genehmigungsbescheid der Landesdirektion zum Haushaltsplan für 2025/2026 vor, noch sind wir als Fraktionen über die etwaig beabsichtigte Liste der unter das Moratorium fallenden Investitionsmaßnahmen informiert.“

Wie willkürlich die von Bonew vorgelegte Liste der Maßnahmen, die nicht gestrichen werden sollen, ist, zeigt der Punkt: „Vorbereitung Olympiabewerbung.“ Kann sich Leipzig einen Olympiatraum in solchen Zeiten überhaupt noch leisten? Und was wird da eigentlich verschoben und gestrichen?

Die Meldung des Finanzdezernats gab dazu keine Auskunft, listete nur auf, wo man nicht streichen wolle – bei der Wärmewende, der Verkehrssicherung von Ingenieurbauwerken, bei Schulen oder bei Projekten, bei denen 75 Prozent Förderung gesichert seien zum Beispiel. Verständlich, dass man in der Linksfraktion die konkrete Benennung von Vorhaben vermisste. Denn das könnte durchaus für richtigen Streit sorgen.

„Es ist eine Frage der politischen Kultur, wie Verwaltungsspitze und Stadtrat in diesen schwierigen Zeiten unsere Stadt und alle sie betreffenden Fragen miteinander diskutieren und die erforderlichen Entscheidungen treffen“, betonte Riekewald.

„Hier wünschen wir uns eine bessere Mitnahme des Stadtrates.“

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