Für Panikmache gibt es keinen Grund. Aber die großen Kanalbauwerke im Leipziger Neuseenland zeigen, wie sehr sich Ingenieure überschätzen können, wenn sie auf instabilem Kippengrund glauben, ein Wasserparadies bauen zu können, mit Häfen, Kanälen, Schleusen. Nicht zu vergessen die Autobahn A38, die mitten hindurchführt durch die Wasserlandschaft im Leipziger Süden. Am Mittwoch, dem 26. Februar, informierte die LMBV in Markkleeberg, wie es um den seit 2021 geschlossenen Störmthaler Kanal steht. Denn dort wird wieder gebaut.
„Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen und Veränderungen an den Sicherungsbauwerken werden in den nächsten Wochen Sofortmaßnahmen am Störmthaler Kanal zwischen Markkleeberger und Störmthaler See beginnen“, kündigte Bernd Sablotny, Sprecher der Geschäftsführung der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV), am 26. Februar in Markkleeberg mit. Die LMBV folge damit einer Anordnung des Sächsischen Oberbergamts, die kurzfristig erfolgen werde.
Denn die Untersuchungen des Kippengrundes, die nach der Sperrung aufgrund eines Wasserlecks in der Böschung 2022 begannen, haben gezeigt, dass man die Stabilität des alten Kippengrundes völlig unterschätzt hatte, als man den Störmthaler Kanal mit der Kanuparkschleuse baute, die 2013 in Betrieb ging. Der 2023 vorgelegte Ursachenbericht zeigte vielmehr, dass es eine leichte Lösung für die Böschungsinstabilität am Störmthaler Kanal nicht geben würde.
Problemursachen nicht behoben
„Die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die 2021 ergriffen worden waren, sind nach wie vor wirksam. Auch das Schleusenbauwerk ist lagestabil. Aber die Lebensdauer der Bauteile ist begrenzt, hier schreitet die Korrosion voran“, sagte Bernd Sablotny.
Am Schleusenbauwerk seien die Problemursachen auch mehr als drei Jahre nach der Sperrung nicht behoben und zudem konnte die Gleitsicherheit nicht nachgewiesen werden. Zudem können Schädigungen durch innere Erosion in den Böschungen nicht gemessen werden. Es gäbe keine technischen Möglichkeiten, um in die Böschung „hinein zu schauen“.
Der künstliche Kanal zwischen Störmthaler und Markkleeberger See im Südraum von Leipzig ist aufgrund von Böschungsschäden und Rissbildungen seit März 2021 gesperrt. Zur Gefahrenabwehr wurden zeitnah Querbauwerke ober- und unterhalb des Schleusenbauwerks errichtet.
Im Oktober 2023 wurde in der „Arbeitsgruppe Störmthaler Kanal“ der Bericht zu den „Ursachen der festgestellten Defizite im Bereich des Störmthaler Kanals und des Kompaktbauwerkes zwischen Störmthaler und Markkleeberger See“ vorgestellt.
Seit Ende 2024 sind wieder Baumaßnahmen am Kanal sichtbar. Es wurden nun auch noch Wasserbausteine aufgebracht, um die Böschungen zu stabilisieren. Am oberen Sperrbauwerk und unterhalb der Autobahnbrücke sollen demnächst Stützkörper und Auflastfilter unter anderem mit sogenannten LEGO-Betonsystemsteinen aufgebaut werden.
Auch weitere Dichtwände, sogenannte Bohrpfahlwände, sind geplant. Die Sicherungsmaßnahmen müssen also für eine weiteren Milionenbetrag noch verstärkt werden – auch um die Autobahn, die hier den Störmthaler Kanal überbrückt, zu sichern. Schon die ersten Sicherungsmaßnahmen 2021 kosteten rund 4 Millionen Euro.
Pionierarbeit auf Kippengrund
Nachdem der Ursachenbericht im Oktober 2023 vorgelegen hatte, so die LMBV, habe man mit den Partnern der Arbeitsgruppe „Störmthaler Kanal“ die Aufgabenstellung einer Machbarkeitsstudie erarbeitet und durch die LMBV beauftragt. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sollen im 1. Halbjahr 2026 vorliegen.
Und am Mittwoch wurden auch erstmals Töne laut, die man so deutlich von den Projektierern im Neuseenland nicht gehört hat. Bernd Sablotny wies darauf hin, dass die Sanierungsarbeit der LMBV vielfach Pionierarbeit sei. „Nirgendwo sonst auf der Welt ist eine vom Braunkohlentagebau beanspruchte Landschaft in diesen Dimensionen von Menschenhand umgestaltet und für künftige Generationen nutzbar gemacht worden“, erklärte er. Die Sanierung der Braunkohlereviere im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier sei eines der größten Umweltvorhaben der Bundesrepublik.
Dabei hat die LMBV auch bei dem zweiten Kanalgroßprojekt zwischen Cospudener und Zwenkauer See schon gemerkt, dass die Pläne aus den frühen 2000er Jahren, einfach so einen großen Kanal mit Schiffschleuse auf dem instabilen Schüttgrund der alten Tagebaue zu bauen, nicht funktioniert. Jedenfalls nicht als bezahlbares 10-Millionen-Euro-Projekt. Dort hatte die LBMV schon viele früher die instabilen Bodenverhältnisse zum Thema gemacht und schon 2022 neu berechnet, dass der Harthkanal alle bisherigen Kostenerwartungen sprengen würde.
2023 kündigte der Bergbausanierer dann endgültig an, dass er den Kanal in dieser Form nicht bauen, sondern sich erst einmal nur auf den Bau eines Überlaufbauwerks konzentrieren würde.
Erst mal eine Machbarkeitsstudie
Da glaubten am Markkleeberger See noch viele, dass man nur laut genug fordern müsste, dass die Kanuparkschleuse wieder geöffnet werden sollte, dann würde das auch passieren. Aber die Untersuchungsergebnisse von 2023 zeigen eben auch, dass im Untergrund Wasserverhältnisse herrschen, die einen sicheren Kanalbetrieb derzeit schlichtweg unmöglich machen. Letztlich „schwimmt“ der Schleusentrog ja im Grundwasser.
Aktuell laufe eine „Machbarkeitsstudie zur Sanierung der Gewässerverbindung Störmthaler Kanal mit Kompaktbauwerk zwischen dem Störmthaler See und dem Markkleeberger See“, so die LMBV. Sollte sie zum Ergebnis haben, dass ein Kanal mit Schleusenbauwerk technisch trotzdem machbar ist, dürfte trotzdem eine Zahl im Papier stehen, die ganz ähnlich den jüngeren Kalkulationen für den Harthkanal sämtliche Budgets im Neuseenland sprengen dürfte.
Liegen die aktuellen Sicherungsmaßnahmen laut LMBV irgendwo im Bereich von 10 Millionen Euro, dürften für eine technische Aufrüstung von Schleuse und Kanal hohe zweistellige Millionenbeträge fällig werden.
Alle Maßnahmen in Bezug zum Störmthaler Kanal – so die LMBV – stimmen sie eng mit den regionalen Akteuren ab. In der Arbeitsgruppe Störmthaler Kanal sind Vertreter des Sächsischen Oberbergamtes, der Landesdirektion Sachsen, des Landkreises Leipzig, des Regionalen Planungsverbandes Westsachsen und der Stadt Leipzig sowie die Bürgermeister von Markkleeberg und Großpösna vertreten.
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