Vor ein paar Jahren war die Gartenwelt noch in Ordnung. Auch in den Mini-Büchern aus dem Buchverlag für die Frau. Doch immer öfter nutzen die Autorinnen und Autoren der kleinen Reihe das Format auch dazu, den Leser/-innen hilfreiche Tipps zu geben, wie sie helfen können, der Natur wieder Gutes zu tun. Und ein klein wenig von dem zu reparieren, was andere Leute mit Monokulturen und Pestiziden immerfort zerstören.

Denn wir haben nicht nur eine heftige Klimaerwärmung an der Backe. Das Artensterben geht ebenso unvermindert fort, getrieben von derselben zerstörerischen Denkweise. Auch in Sachsen. Auch rings um Leipzig. Vom Reichtum an Insekten, wie es ihn noch vor wenigen Jahrzehnten gab, ist nicht viel übrig geblieben.

Riesige Agrar- und Chemiekonzerne treiben die Politik vor sich her und sorgen dafür, dass die Bauern kaum aussteigen können aus einem zerstörerischen System. Einem System, das auch unsere natürlichen Lebensgrundlagen ruiniert.

Denn die Insekten, die dabei radikal aus der Landschaft vertrieben werden, spielen ja allesamt eine wichtige Rolle im Kreislauf des Lebens. Bis hin zu ihrer unersetzlichen Aufgabe als Bestäuber.

Städte wie Leipzig gehen nach und nach dazu über, aus tristen Parklandschaften wieder Blüh- und Schmetterlingswiesen zu machen, damit Insekten wenigstens in der Stadt wieder Lebensraum finden.

Aber jeder, der über ein Eckchen Erde verfügt, kann natürlich auch selbst dazu beitragen, Bienen, Schmetterlingen und Käfern wieder einen Raum zum Leben zu verschaffen und eine reiche Auswahl an Blühpflanzen, die ihnen Nahrung geben.

Der unsichtbare Reichtum

Tassilo Wengel hat hier im Grunde eine kleine Anleitung geschrieben, wie man das hinbekommt als Kleingärtner. Wobei er sich im Wesentlichen auf Bienen und Schmetterlinge beschränkt, ihre wichtigsten Vertreter hierzulande beschreibt und so den neugierigen Lesern auch gleich die Wiederentdeckung heimischer Arten ermöglicht, die man nicht wirklich wahrnimmt, wenn man nicht genau darauf achtet.

Denn es gibt ja nicht nur die Honigbienen, sondern viele nach wie vor bei uns heimische wilde Bienenarten, die gar nicht in Staaten leben und dennoch unersetzlich sind im Kreislauf der Natur. Und wenn man ihnen auch noch Platz und Nisthilfen im Garten anlegt, ziehen sie tatsächlich ein und beleben den Garten.

So wie eine Vielzahl von Hummeln, die sich ebenso bei genauem Hinschauen unterscheiden. Und Wengel schildert nicht nur ihr Vorkommen und Aussehen, sondern zählt auch die Pflanzen auf, die sie jeweils bevorzugen. Denn auch Insekten sind Spezialisten, haben ihre besonderen Nischen.

Und das erzählt natürlich wieder von der Komplexität unserer Umwelt, die wir kaum noch wahrnehmen. Wir sehen überformte Landschaften, eine übernutze Erde – was ja bei manchen Leuten die Einstellung mit sich bringt, der Mensch könne sich ganz gut allein ernähren. Er brauche diese ganze Vielfalt da draußen gar nicht.

Ein gefährlicher Trugschluss.

Ein Platz für die heimische Vielfalt

Wer etwas tun will, den Reichtum der lebendigen Welt nach seinen Möglichkeiten zu stärken, der findet in diesem Büchlein ein ganzes Blumenbouquet. Denn wenn man die Bedürfnisse der wichtigsten Bienen-, Hummel- und Schmetterlingsarten kennt, weiß man auch, was man am besten in seinem Garten anpflanzt und ansät, um diesen Tierchen ein reichhaltiges Nahrungsangebot zu verschaffen. Es sind natürlich fast ausschließlich heimische Blühpflanzen.

Das dürfte auch für manchen Gärtner Neuland sein. Aber es lohnt sich, sie wieder kennenzulernen und im heimischen Garten anzusiedeln. Schön sind sie ja außerdem. Tassilo Wengel erklärt, welche Standorte diese Pflanzen bevorzugen, wann man sie pflanzt und welche Bodenbeschaffenheit sie brauchen.

Und natürlich auch, welche Insekten sie anlocken. Der Garten wird ein regelrechtes Bilderbuch der engen Symbiosen heimischer Blumen und heimischer Insekten.

Man lernt den Großen Ehrenpreis kennen, der bei Wildbienen genauso beliebt ist wie bei den Raupen verschiedener Schmetterlinge. Die Fette Henne darf genauso wenig fehlen wie der Huflattich und die Herbstastern.

Klatschmohn, Lungenkraut und Primeln tauchen auf, Spornblume und Storchschnabel. Man trifft die Blattschneiderbiene auf der Studentenblume und die Sandbiene auf dem Vergissmeinnicht.

Und dass das längst noch nicht alle heimischen Blühpflanzen sind, die sich lohnen, im heimischen Garten anzusiedeln, macht Wengel mit einer kleinen Liste weiterer insektenfreundlicher Pflanzen deutlich.

Im Grunde ist sein Büchlein ein kleines Einsteigerbuch für alle, die endlich Abschied nehmen wollen von dem, was Gartenkataloge so gern einen „gepflegten Garten“ nennen – mit exotischen Blumen darin und artenarm gemähtem Rasen.

Lasst es wieder blühen!

Für alle, die es wieder summen hören möchten und flattern sehen, wenn sie ihr kleines grünes Paradies besuchen. So ganz nebenbei lernt man dabei ja eine heimische Pflanzenvielfalt wieder kennen, die so auch in Schulbüchern nicht mehr vorkommt.

Ganz so, als wären aufgeräumte und monotone Landschaften das Normale und nicht die Vielfalt und ein erstaunlich komplexes Leben, in dem unterschiedlichste Tiere und Pflanzen aufeinander angewiesen sind.

Und wir auf sie, auch wenn uns manche Leute einreden wollen, dass Natur bestenfalls noch in kleinen, streng geschützten Reservaten vorkommen dürfe und ansonsten Boden zum Bewirtschaften und Spekulieren da sei. Als hätte die lebendige Vielfalt der Natur keinen Wert, als könnten wir gar überleben, wenn die Frühlinge und Sommer verstummen.

Wer also ein kleines Stück Erde in seiner Obhut hat, kann mit Hilfe dieses Büchleins beginnen, sich ein Stück des wirklichen Reichtums zurückzuholen. Es sind ja nicht nur Blumen, sondern auch größere Gehölze, die den Blütenzauber im Garten verstärken können.

Und manchmal reicht auch die richtige Mischung heimischer Gräser und Blumen, um sich eine Wildblumenwiese zuzulegen, auf der dann uralte Bekannte wie Gänseblümchen, Wiesensalbei, Hornklee, Mädesüß und Schafgarbe wieder auftauchen.

All das, was früher auch an Feldrainen wachsen durfte, bevor die modernen Pflüge auch noch die letzten paar Zentimeter bis zum Straßenrand dem Feld zuschlugen.

Und wer dann auch noch Schmetterlinge besonders mag, dem erzählt Tassilo Wengel auch noch die Lebensgeschichte der Schmetterlinge und welche Futterpflanzen ihre Raupen brauchen, damit die Flatterer sich im Garten wohlfühlen.

Tassilo Wengel Bienen- & Insektenpflanzen Buchverlag für die Frau, Leipzig 2022, 5 Euro.

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