Der Verfassungsschutz listet die Leipziger Burschenschaft Germania als rechtsextremen Verdachtsfall. Außerdem wittert die AfD Dresden nach einer Auftragsstornierung durch eine Druckerei eine Verschwörung, die „Freien Sachsen“ demonstrieren vor einer Dresdner „Klimaschule“ und Drittstaatsangehörigen, die aus der Ukraine geflohen sind, droht die Abschiebung. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 7. September 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Rechtsextremer Verdachtsfall: Verfassungsschutz beobachtet Burschenschaft Germania

Der sächsische Verfassungsschutz hat die Leipziger Burschenschaft Germania als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft. Darüber berichtete heute die taz. Das bedeutet, dass das Landesamt für Verfassungsschutz ausreichend Anhaltspunkte dafür sieht, dass die schlagende Verbindung die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen will.

Die Einstufung bemächtigt den Verfassungsschutz, nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen, um Informationen über die Burschenschaft zu sammeln. Dazu gehört zum Beispiel das Anwerben von sogenannten Vertrauenspersonen („V-Leute“) und die unbemerkte Beobachtung der Burschenschaftler.

Unter den Mitgliedern der Burschenschaft befinden sich mehrere Reservisten der Bundeswehr, für die die Einstufung direkte Konsequenzen hat: Sie werden ab sofort nicht mehr von der Bundeswehr zum Dienst herangezogen, weil diese um ihr Ansehen fürchtet.

Welche Folgen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz für mögliche aktive Soldaten innerhalb der Burschenschaft hätte, ist noch nicht geklärt, da die Verfahren kompliziert seien, schreibt die taz.

Zuletzt sorgte die Germania im Sommer 2020 für Aufsehen, als ebenfalls die taz aufdeckte, dass sich Mitglieder als Reaktion auf die Ankunft von Geflüchteten in Deutschland ab 2015 auf einen „Rassenkrieg“ vorbereitet haben. Dazu führten sie unter anderem teilweise illegale Schießübungen durch. Die Germania Leipzig agiert unter dem Dachverband „Deutsche Burschenschaft“, der politisch sehr weit rechts eingeordnet wird.

Onlinedruckerei lehnt AfD-Auftrag ab: Kreisverband Dresden wittert Verschwörung

Die Würzburger Onlinedruckerei Flyeralarm schöpfte derweil rechtsextremen Verdacht bei einem potenziellen Kunden aus Dresden und lehnte den Auftrag prompt ab. Der Kreisverband der AfD Dresden hatte bei der Firma, die Marketingprodukte wie Flyer, Tassen und Aufsteller vertreibt, anscheinend eine Bestellung aufgegeben.

Flyeralarm stornierte den Auftrag mit der Begründung, dass das Unternehmen für Werte wie Vielfalt und Offenheit stehe. Das geht aus einem Posting der AfD hervor, die den Fall selbst öffentlich machte. „Wir haben uns dazu entschieden, uns von Ihrer Partei zu distanzieren und behalten uns vor, zukünftige Aufträge aus Ihrem Haus abzulehnen“, zitiert die AfD Dresden die Firma.

Nun wittert der AfD-Kreisverband eine Verschwörung. „Wurde die Firma Flyeralarm unter Druck gesetzt oder geschah dies aus Überzeugung?“, fragte der Kreisverband gestern auf seinen Social-Media-Kanälen.

Die Stornierung des Auftrags entwickelt sich derzeit zu einem PR-Coup für das Unternehmen. Unter dem Facebook-Beitrag der AfD etwa finden sich viele Kommentare, die die Entscheidung der Onlinedruckerei unterstützen. „Ehrendruckerei!“, schreibt eine Nutzerin, ein anderer „Flyeralarm, beste Druckerei“.

Verfassungsschutz beobachtet AfD in Bayern

Apropos AfD: Nach den Landesverbänden von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg (Thüringen gilt als gesichert rechtsextrem) wird nun auch die komplette AfD Bayern vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall gelistet. Zuvor hatte das bayrische Landesamt für Verfassungsschutz nur Einzelpersonen, die AfD-Jugendorganisationen Junge Alternative und Mitglieder des sogenannten „Flügels“ beobachtet.

Ab sofort darf der Verfassungsschutz Bayern Mitglieder der bayrischen AfD folglich mit nachrichtendienstlichen Mitteln observieren.

Vandalismus in Connewitz: Teilauto veröffentlicht Offenen Brief

Der Leipziger Carsharing-Anbieter Teilauto hat einen Offenen Brief geschrieben, der gestern auf seiner Website veröffentlicht wurde. Darin fragen die Geschäftsführer nach dem Grund für den laut Unternehmen zunehmenden Vandalismus, besonders im Stadtteil Connewitz.

„Leider ist es so, dass die zerstörerische Gewalt gegen unsere Autos und Stationen enorm zugenommen hat“, schreibt Teilauto. Die Carsharing-Station Pfeffinger Straße in Connewitz sei dabei in besonderer Weise betroffen, „fast schon im Wochentakt werden Reifen zerschlitzt, Spiegel abgetreten oder die Ladesäule beschädigt“.

Mit ihrem Offenen Brief wollen die Teilauto-Chefs die Motivation hinter dem Vandalismus verstehen und offenbar in einen Dialog mit den mutwilligen Zerstörer/-innen treten. Dabei gehen sie auf ihre Unternehmensgeschichte ein, betonen, dass Teilauto eine „gemeinwohlorientierte Unternehmung“ sei, die sich „nicht verbiegen lassen“ habe.

Das aktuelle Ziel der Firma sei es, eine Genossenschaft zu werden. „Deshalb haben wir immer gedacht, wir passen eigentlich ganz gut zu Connewitz.“

Weiterhin geht Teilauto in dem Brief darauf ein, dass Menschen, Vereine und Spätis aus dem Kiez die Teilautos regelmäßig nutzen, die Firma der Kultur im Viertel also diene. „Wir fragen uns, wollt ihr lieber, dass wir als lokale Carsharing-Organisation abziehen und die Fläche frei machen für das nächste durchgestylte Micro-Appartment-Haus? Können wir uns kaum vorstellen.“

Angehängt an den Brief sind Bilder von einer beschädigten Ladesäule in Connewitz. „Es ist ein Versuch und wir haben keine Ahnung, was dabei rauskommen wird“, schließen die Teilauto-Chefs ihren Brief ab. „Aber wir probieren das jetzt.“ Eine öffentliche Debatte hat der Brief auf jeden Fall schon bewirkt: Der Beitrag auf der Website des Unternehmens hat bisher 40 Kommentare.

Geflüchteten „Drittstaatler/-innen“ aus der Ukraine droht Abschiebung

Bereits Ende August machte die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) auf die Problematik aufmerksam, heute veröffentlichte der Sächsische Flüchtlingsrat nun ein Statement einer Betroffenen. Personen aus Drittstaaten, die vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind, haben seit dem 1. September keine Aufenthaltserlaubnis mehr – befinden sich also illegal im Land.

Betroffen sind vor allem internationale Studierende, die an ukrainischen Universitäten eingeschrieben sind. Doch auch Arbeiter/-innen aus Drittstaaten flohen vor dem Krieg und müssen nun eine Abschiebung in ihr Herkunftsland befürchten.

Die KSS gibt dem sächsischen Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow und dem Innenminister Armin Schuster (beide CDU) die Schuld für prekäre Situation der Geflüchteten. Trotz mehrfacher Bitten seitens der KSS, zuerst in einem Schreiben an Gemkow und später in einem Offenen Brief an Schuster, habe die Landesregierung die Frist verstreichen lassen, ohne eine Übergangslösung einzurichten.

Andere Bundesländer wie Hamburg, Bremen und Berlin haben mit sogenannten Fiktionsbescheinigungen den Aufenthalt der Geflüchteten auch nach dem 31. August gesichert. Donia Bouchta, eine betroffene Studentin, die aus der Ukraine floh und mittlerweile in Leipzig lebt, beschreibt in ihrem heute veröffentlichten Statement den psychischen Druck und die Angst, die mit der plötzlichen Illegalität einhergehen. Weiterhin beklagt sie rassistische Diskriminierung, sowohl auf der Flucht als auch durch die Behörden in Deutschland.

Bouchta fordert im Namen aller rund 29.000 geflüchteten Drittstaatler/-innen die Bundesregierung auf, eine Lösung zu finden. „Wir sind vor demselben Krieg geflohen wie die ukrainischen Bürger/-innen. Jeder Unterschied, der zwischen ihnen und uns gemacht wird, kann nur als rassistisch bezeichnet werden.“

Bewerbung steht: Leipzig und Plauen wollen gemeinsam das „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ werden

In Dresden hat Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) an der Seite von Plauens Oberbürgermeister Steffen Zenner (CDU) die Bewerbung der beiden Städte als Standorte für das sogenannte „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ vorgestellt. Plauen und Leipzig reichen als Ausgangsorte der Friedlichen Revolution 1989 als Partner eine Tandem-Bewerbung ein.

Bis Ende 2022 entscheidet die Bundesregierung über den Standort. Bis 2028 soll der entsprechende Bau errichtet werden. Der Bund nimmt dafür einen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand, zusätzlich wird das Zukunftszentrum pro Jahr mit etwa 40 Millionen Euro finanziert.

Unter anderem wollen Leipzig und Plauen bei einer Zusage des Bundes einen „Zukunftszug“ einführen, der Leipzig und Plauen mit Orten in ganz Deutschland, Mittel- und Osteuropa verbinden soll.

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer war bei der heutigen Pressekonferenz zugegen, wo er Sachsen „als Land der Friedlichen Revolution und als Brücke zu unseren Partnern in Mittel- und Osteuropa“ bezeichnete. Deshalb sei der Freistaat in besonderer Weise für den Standort des Zukunftszentrums geeignet. Das Land Sachsen unterstützt Plauen und Leipzig jeweils mit 50.000 Euro bei der Bewerbung.

Freie Sachsen demonstrieren vor „Klimaschule“

Eine Dresdner Privatschule ist Ziel des Aktionismus der rechtsextremen Freien Sachsen geworden. Nachdem rechte Aktivist/-innen vor einigen Tagen die Türen der Schule symbolisch zuklebten und Zettel mit der Aufschrift „Heuchler“ am Schuleingang anbrachten, hat die Kleinstpartei „Freie Sachsen“ für heute eine Versammlung auf dem Schulvorplatz angemeldet.

Hintergrund ist offenbar das Engagement der Christlichen Schule beziehungsweise einzelner Schüler/-innen für Klimaschutz. Die Schule ist „Klimaschule“ der UNESCO. Im Jahr 2017 rief die Schule beispielsweise das „Klimajahr“ aus und veranstaltete im Rahmen des Projektjahres unter anderem mit dem BUND und der HTW Dresden Müllsammelaktionen, Baumpflanzungen und Workshops zu regionalen Apfelsorten und Hydrokultur.

Bei der Stickeraktion vor einigen Tagen brachten die rechten Aktivist/-innen außerdem ein Schreiben an der Tür der Schule an, in dem sie die Schule als „kriminellen Verein“ und „Brutstätte für Klima-Extremismus“ bezeichneten.

Heute Abend wollen nun die Freien Sachsen vor der Schule demonstrieren. Ihr angekündigter „Bürgerprotest“ sollte erst auf dem Schulvorplatz stattfinden, doch die Schulleitung wehrte sich dagegen und schirmte ihr Gelände mit Absperrband und Schildern ab. Die Freien Sachsen wollen nun auf der gegenüberliegenden Straßenseite demonstrieren.

RB Leipzig entlässt Trainer Tedesco

Worüber die LZ heute berichtet hat: über den Leerstand in bundeseigenen Wohnungen in Leipzig, über den neuen Sachsen-Monitor, der ein tiefsitzendes Gefühl von Ungerechtigkeit bei den Menschen in Sachsen dokumentiert, und über den Zustand der Leipziger Radwege

Was sonst noch wichtig war: RB Leipzigs bisheriger Trainer Domenico Tedesco ist mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. „Über eine Nachfolgeregelung wird RB Leipzig zeitnah informieren“, schrieb der Verein heute auf Twitter. Die Erste Mannschaft des Leipziger Profifußballteams unterlag im Champions-League-Spiel gegen Donezk aus der Ukraine gestern mit 1:4.

Die Stadt Leipzig warnt vor Blaualgen im Auensee. Derzeit vermehren sich die Bakterien im See sehr stark und stellen eine Gesundheitsgefahr für Menschen und einige Tiere dar. Der Kontakt mit dem Wasser solle möglichst vermieden werden, warnte das Amt für Stadtgrün und Gewässer. Dies gelte auch für Hunde und andere warmblütige Tiere.

Blaualgen (Cyanobakterien) können Giftstoffe bilden, die starke Nebenwirkungen wie etwa Erbrechen, Durchfall oder Atemnot zur Folge haben können. Oft vermehren sich Blaualgen stark in stehenden Gewässern, die sehr nährstoffhaltig und vergleichsweise warm sind. Bereits vergangenen Sommer war der Auensee verstärkt von Blaualgen betroffen.

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