Während in London Charles III. zum König gekrönt wurde, nahmen in Leipzig und Halle tausende Menschen an der Museumsnacht oder schlenderten übers Georg-Schwarz-Straßenfest. Und am Sonntag demonstrierten „Querdenker*innen“ in Leipzig und Klimaaktivist*innen in der Lausitz. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, 6./7. Mai 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Tausende Gäste bei mittelalterlichem Theater in London

Wer sich am Wochenende mit der Nachrichtenwelt befasst hat, kam an einem Thema nicht vorbei: die Krönung von King Charles III. am Samstag in der Londoner Westminster Abbey. Mit 74 Jahren wurde der Sohn der 2022 verstorbenen Queen Elizabeth II. vom Erzbischof von Canterbury zum König gekrönt, seiner Ehefrau Camilla wurde während der rund zweistündigen Krönungszeremonie ebenfalls eine Krone aufgesetzt.

In Anbetracht der protzigen Zeremonie könnte man fast vergessen, dass es sich bei der Krönung nur um eine symbolische Formalität handelt – Charles wurde mit dem Tod seiner Mutter am 8. September das Staatsoberhaupt Großbritanniens und der Commonwealth-Realms-Länder, außerdem Oberhaupt des Commonwealth-Bundes und Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte.

Nach der Krönung in der Westminster Abbey ließ King Charles sich mit seinen engsten Familienmitgliedern auf dem Balkon des Buckingham Palace von der Öffentlichkeit bejubeln. Doch nicht alle Menschen in Großbritannien feiern die Königsfamilie: Seit Jahren sinkt laut Umfragen die Zustimmung zur Monarchie.

Vor Ort in London protestierten am Samstag hunderte Menschen mit dem eindeutigen Slogan „Not my King“. Sie fordern die Abschaffung der Monarchie und somit die Möglichkeit für die Bürger*innen, das Staatsoberhaupt auf demokratischem Wege zu bestimmen. Einer der Hauptkritikpunkte der „Not my King“-Bewegung sind die hohen Staatskosten, die für die Königsfamilie ausgegeben werden, und angesichts von Armut und Inflation in ihren Augen untragbar sind.

Neues Polizeigesetz erstmals großflächig angewandt

Ein weiterer Kritikpunkt der Monarchie-Gegner*innen: die fehlende Aufarbeitung der Verbrechen Großbritanniens in der Kolonialzeit und die Zusammenhänge zwischen dem damaligen Imperium und der Ungerechtigkeit in den (ehemaligen) Gebieten des Britischen Königreiches heute. Bisher hat sich kein britisches Staatsoberhaupt für die Kolonialverbrechen entschuldigt, einige Beobachter*innen fordern zumindest diesen Schritt vom neuen Monarchen.

Der führende Kopf der „Not my King“-Proteste, Graham Smith, wurde am Samstag mit rund 50 weiteren Demonstrierenden von der Polizei in London festgenommen. Kurz vor der Krönung hatte die britische Regierung als Reaktion auf Klimaproteste die Befugnisse der Polizei bei Demonstrationen und öffentlichen Großveranstaltungen ausgeweitet. Die Vereinten Nationen und Amnesty International fordern eine Rücknahme des „zutiefst besorgniserregenden“ Gesetzes.

„Im Vereinigten Königreich gibt es kein Recht auf friedlichen Protest mehr“, schrieb der prominente Monarchie-Gegner Smith nach seiner Freilassung heute auf Twitter.

Wer die Absurdität der Krönungsfeierlichkeiten und die Ungerechtigkeiten der Welt am Wochenende nicht aushalten konnte, der oder die konnte das global diskutierte Großevent mit Humor verarbeiten. Denn die erste Krönung des britischen Staatsoberhauptes im Zeitalter des Internets ging einher mit dem ersten Meme-Fest anlässlich solch einer Krönung. Das Bild von Charles kurz nach seiner Krönung mit den zwei Zeptern in den Händen inspirierte besonders viele kreative Köpfe.

Besucher*innenrekord bei der Museumsnacht Halle/Leipzig

So wie in London konnten in Leipzig (und Halle) am Wochenende ebenfalls viele Relikte der Vergangenheit bestaunt werden, und zwar im Rahmen der Museumsnacht. Unter dem Motto „Einmal um die Welt“ öffneten am Samstagabend bis in die Nacht hinein 85 Museen mit Sonderausstellungen, Führungen, Konzerten und Mitmachangeboten ihre Türen.

Nach Angaben der städtischen Veranstalter nahmen dabei so viele Menschen wie nie zuvor an der Museumsnacht teil. Über 20.000 Besucher*innen kamen laut den Veranstaltern am Samstag in die teilnehmenden Museen.

Unter dem Motto „Vielfalt erleben“ hatten im vergangenen Jahr rund 16.000 Menschen an der Museumsnacht teilgenommen.

Georg-Schwarz-StraĂźenfest im Leipziger Westen

Und im Leipziger Westen zog ein anderes Event am Samstag viele Besucher*innen an: Das Straßenfest auf der Georg-Schwarz-Straße in Lindenau war ein beliebtes Ausflugsziel. Entlang der Georg-Schwarz-Straße präsentierten sich am Samstag zahlreiche Vereine, Geschäfte und Projekte. Laut Programm konnten Besucher*innen beispielsweise zu Techno-Klängen Drinks genießen, einem Seniorenkabarett lauschen und Karaoke singen.

Kidical Mass fĂĽr mehr Sicherheit auf den StraĂźen

Rund 1000 Teilnehmer fuhren ab 15 Uhr durch Leipzig, die Hälfte davon Kinder. Mit lautem Geklingel forderten sie auf der ca. 5 Kilometer langen Route bis zum Clara-Zetkin-Park eine sichere Radwegeinfrastruktur und mehr Tempo 30 Zonen.

„Querdenker*innen“ demonstrieren im Leipziger Friedenspark

Am Sonntag versammelten sich im Leipziger Friedenspark rund 100 Personen aus dem „Querdenken“-Umfeld zu einem „Fest der Redekultur und Demokratie“. Die Veranstaltung war angemeldet, wie eine Polizeisprecherin auf LZ-Anfrage mitteilte. Vor Ort war unter anderem Bernd R., der bereits mehrere „Montagsdemonstrationen“ und Kundgebungen gegen die Geflüchtetenunterkunft in Stötteritz organisiert hat.

Pfarrer Christoph Wonneberger hielt eine Rede, die wie ein Mock-Gedicht auf das sogenannte „Fest der Redekultur“ wirkte. Dabei schlug er den großen historischen Bogen zu den Anfängen der Aufklärung und zitierte Immanuel Kant, nur um am Ende ein Verschwörungsnarrativ nach dem anderen zu bedienen.

„Die DDR ist inzwischen untergegangen“, stellte Wonneberger fest. Und fügte hinzu: „Aber die Propaganda überschwemmt uns weiter.“ Er forderte die Anwesenden auf, „gegen den Strom zu schwimmen“, denn nur so komme man „an die Quelle der Propaganda, mit der die Politik und die öffentlichen Medien versuchen, das ganze Volk für dumm zu verkaufen“.

Was konkret er mit der Propaganda meinte, erläuterte Wonneberger nicht näher. Am Ende ehrte er einen Demonstranten namens Werner für seinen Einsatz mit einer „Friedenskerze“.

Kurz nach Beginn formierte sich vor Ort spontaner Gegenprotest, der mit rund 20 Teilnehmer*innen allerdings deutlich in der Unterzahl war. Aufgerufen hatten unter anderem die „Omas gegen Rechts“ und der „Antifa-Chor Leipzig“. Sie verteilten vor Ort Flyer, die davor warnten, dass beim „Fest der Redekultur“ Falschinformationen und Verschwörungsideologien verbreitet würden.

Anti-Kohle-Demo am Tagebau Nochten in der Lausitz

Auch in der Lausitz wurde am Sonntag demonstriert, und zwar für einen schnelleren Ausstieg aus der Braunkohle. Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis aus Klimaschutzgruppen, unter anderem „Fridays For Future“. Aus ganz Deutschland waren Menschen zum Protestieren angereist. Nach Angaben der Veranstalter nahmen 1.000 Menschen am Demonstrationszug teil.

In der Nähe des Tagebaus Nochten, wo seit den 70er Jahren Braunkohle für das Kraftwerk in Boxberg abgebaut wird, forderten die Demonstrierenden einen „1,5°C-kompatiblen Kohleausstieg“. Die sächsische Regierung erlaubt den Betrieb der hiesigen Kraftwerke bis zum Jahr 2038.

Die prominenteste Person auf dem Podium vor Ort war die Aktivistin Luisa Neubauer. Sie bezeichnete die Klimapolitik des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) als „respektlos gegenüber der jungen Generation“. Sie nehme den jungen Menschen „jegliche Perspektive“. Auf der Bühne trug außerdem die sorbische Pädagogin und Politikerin Edith Penk ein Gedicht vor. Sie engagiert sich seit Jahren für einen frühzeitigen Kohleausstieg.

WorĂĽber die LZ am Wochenende berichtet hat: ĂĽber eine Demonstration zu Wasser auf dem Markkleeberger See

ob Leipzig Modellkommune für ein Cannabis-Projekt werden könnte

über die Erlöser-Kirche in Thonberg

über ein Buch, das Deutschlands fatalem Weg in die wirtschaftliche Abhängigkeit von Putin-Russland nachspürt

den Bau von Sozialwohnungen in Leipzig

eine anstehende Kundgebung am Hauptbahnhof 

und ĂĽber das Reizthema gendergerechte Sprache im Rahmen mehrerer Kommentare von Jonas Venediger, Andrea Behrens und unseres Kollegen Ralf Julke.

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