Ingrid hat einen Mann, ein Haus und ein eigenes Auto. Ingrid geht es gut. Es geht ihr nicht gut, wenn sie Nachrichten im Fernsehen sieht: den Frauen im Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien geht es nicht so gut wie ihr. Sie dürfen nichts. Nicht Autofahren, nicht lernen, nicht allein ausgehen. Nicht denken. Sie denken trotzdem. Ingrid denkt, dass sie alles darf.

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Mit rund 700 Einsendungen hat der bundesweite Schreibwettbewerb „Die Freiheit, die ich meine – Meinungsfreiheit“ eine überwältigende Resonanz erfahren. Vor wenigen Tagen hat die siebenköpfige Jury die Shortlists in den verschiedenen Kategorien auf der Website des Wettbewerbs veröffentlicht.

Insgesamt haben es 43 Werke verschiedenster literarischer Gattungen in die Vorauswahl geschafft. Die LEIPZIGER ZEITUNG veröffentlicht einige davon nach eigener Auswahl. Die Sieger*innen werden am 28. April online veröffentlicht.

Bis zum 27. April haben nun Leser*innen die Möglichkeit, aus den Shortlist-Beiträgen ihren Publikumsliebling zu wählen. Für das Voting haben die Veranstalter auf der Website unter https://3oktober.org/schreibwettbewerb/shortlist-2023/ ein entsprechendes Abstimmungs-Formular eingerichtet.

Die feierliche Preisverleihung findet im festlichen Rahmen am 28. April, 11 Uhr, auf der Leipziger Buchmesse im Forum Sachbuch (Halle 4) statt. Dafür konnten die Veranstalter prominente Partner gewinnen. So stiftet die Kampagne des Freistaats Sachsen „So geht sächsisch.“ die Preise für die Sieger in den drei Kategorien in Höhe von insgesamt 3.000 Euro.

Mehr Informationen finden sich unter www.3oktober.org/schreibwettbewerb

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Ingrid hat einen Mann, ein Haus und ein eigenes Auto. Sie hat Abitur.

Der Mann (Robert) hat Ingrid einen blöden Kosenamen gegeben: Mäusi. Ingrid hat dem Mann (Robert) den gleichen blöden Kosenamen gegeben: Mäusi.

Ingrid fühlt sich gleichberechtigt. Ingrid hat ein eigenes Auto. Das ist klein und praktisch. Mehr braucht Ingrid nicht. Sagt Robert. Robert hat ein großes, komfortables Auto. Das braucht Robert. Sagt Robert.

In den Urlaub fahren Ingrid und Robert im großen komfortablen Auto. Robert fährt. Ingrid fährt nicht. Sie sitzt daneben. Sie ist froh, dass Robert fährt. Sie würde ohne Robert nicht in den Urlaub fahren.

Ingrid hat ein Haus. Robert hat dasselbe Haus. Ingrid kocht, putzt, wäscht im Haus. Täglich. Robert plant den Umbau und stellt die Mülltonnen raus. Einmal in der Woche.

Ingrid sieht gern politische Talkshows. Robert hasst politische Talkshows. Robert sieht gern Actionfilme. Ingrid hasst Actionfilme. Ingrid schaut mit Robert Actionfilme, auch wenn er dabei einschläft. Ingrid schaut politische Talkshows immer erst dann, wenn Robert zum Schlafen ins Bett gegangen ist.

Robert ist dick und macht eine Diät. Ingrid war noch nie dick und macht eine Diät. Ohne Ingrid würde Robert die Diät nicht machen, sagt Ingrid.

Wenn Ingrid sich unterhält, kommt Robert dazu und unterhält sich noch mehr. Ingrid lacht am lautesten, wenn Robert zum hundertsten Mal den gleichen blöden Witz erzählt. Sie hasst den Witz.

Wenn Ingrid über Politik spricht, sagt sie manchmal: „Das muss ich doch noch sagen dürfen …“ Und Robert sagt: „Nein.

Ingrid ist froh, dass sie nicht in Afghanistan, Iran oder Saudi-Arabien lebt. Ingrid findet, es ist ein großes Glück, in einem freien Land zu sein.

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