Das Landgericht hat den früheren JN-Aktivisten Alexander S. (26) wegen des Neonazi-Überfalls auf den Leipziger Stadtteil Connewitz am 11. Januar 2016 zu einer Geldauflage verurteilt. Ebenfalls verurteilt wurde ein 25-jähriger aus der Fanszene des 1. FC Lokomotive. Beide Männer waren an dem Abend Teil der bis zu 250 Personen starken Gruppierung, die am ersten Jahrestag der Legida-Bewegung in der Wolfgang-Heinze-Straße schwere Sachschäden anrichtete. Außerdem wurden mehrere Personen leicht verletzt.

Die Angreifer hatten sich konspirativ zu der Tat verabredet. Der Eilenburger Alexander S. war damals Mitglied der Jungen Nationalisten. Nach eigenem Bekunden hat er die NPD-Nachwuchsorganisation Ende 2018 verlassen. Maximilian E. engagierte sich seinerzeit in der Fanszene des 1. FC Lokomotive Leipzig. Einzelnen Gruppierungen dort sind seit jeher eng mit dem rechten Milieu verbunden. Das Amtsgericht Eilenburg hatte die beiden Männer jeweils nach Jugendstrafrecht zu Geldzahlungen an den Opferfonds der Amadeu-Antonio-Stiftung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte Berufung eingelegt. „Wir wollen eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht erreichen“, sagte Staatsanwalt Andreas Ricken.

Vor dem Landgericht wurde deswegen um juristische Feinheiten gestritten. „Das Urteil ist nach Auffassung der Kammer außergewöhnlich ausführlich begründet worden“, merkte der Vorsitzende Richter Bernd Gicklhorn an. „Deshalb gibt es keinen Grund, etwas daran zu ändern.“

Das Amtsgericht hatte die Tat als jugendtypisch eingestuft und damit den Weg für die Anwendung des milden Jugendstrafrechts geebnet. In der Begründung ist von gruppendynamischen Abläufen und falsch verstandener Solidarität der Angeklagten die Rede. Beide hatten außerdem angegeben, Angst vor Übergriffen durch Angehörige der linken Szene gehabt zu haben.

Konkrete Gewalthandlungen konnte die Staatsanwaltschaft dem Duo nicht nachweisen. „Wir haben hier eine Tat, bei der sich 250 Personen vorher auf einem Parkplatz getroffen haben und nach Connewitz gefahren sind, um einen Stadtteil in Schutt und Asche zu legen“, plädierte Staatsanwalt Andreas Ricken. Sich von Gruppendynamiken mitziehen zu lassen, sei nicht allein jugendtypisch.

„Alle Erwachsenen in dem Verfahren erzählen auch, sie seien mitgezogen worden“, berichtete Ricken. Das Landgericht wies die Berufung trotzdem als unbegründet zurück. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Die juristische Aufarbeitung des Neonazi-Angriffs dauert weiter an. Allein am Leipziger Amtsgericht sind bis Juni 2021 vier weitere Prozesse terminiert.

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