Noch liegt zwar keinen Baubeschluss für die unbebauten Areale östlich des Wilhelm-Leuschner-Platzes vor. Aber schon im Vorfeld werden jetzt dort Bäume gefällt und die Restbestandteile der einstigen Markthalle abgetragen. Das teilt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau mit. Insbesondere muss eine hier verlegte Fernwärmetrasse einen völlig neuen Verlauf bekommen, damit gebaut werden kann.

Die Abbrucharbeiten am Standort der ehemaligen Markthalle beginnen jetzt, teilt das Dezernat mit. Die dort bestehende Fernwärmetrasse soll Mitte des Jahres in die Grünewaldstraße umverlegt werden. Zunächst sollen aber Teile des Kellers der früheren Markthalle abgebrochen werden. Im Zuge des baugenehmigungsfreien Rückbaus des Kellergeschosses sowie der damit in Zusammenhang stehenden Verlegung der Fernwärmeleitung sei freilich auch die Fällung von 28 Bäumen und 23 Meter Heckenstrukturen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz notwendig. 

Und wieder hat die Stadt diese Entscheidung auf den letztmöglichen Drücker gefällt. Denn dies ist nur bis Ende Februar durch die Vorhabenträger noch möglich. Für die Fällung eines ebenfalls betroffenen Höhlenbaums werde eine Befreiung gem. § 67 BNatSchG durch die untere Naturschutzbehörde erteilt, so die Verwaltung.

Ein neues Stadtquartier

„Der Wilhelm-Leuschner-Platz soll künftig ein multifunktionaler Stadtplatz mit hohem Grünanteil werden“, fasst das Baudezernat die Sicht der Verwaltung auf das hier geplante neue Quartier zusammen.

„Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, Wohnungen, Büros, Gastronomie, Einzelhandel, Freiflächen und das Naturkundemuseum – die vorgesehene Nutzungsmischung ist breit; die ersten sichtbaren Baumaßnahmen am Platz werden in diesem Jahr das Institut für Länderkunde an der Windmühlenstraße und das sogenannte ‚Global Hub‘ an der Grünewaldstraße sein. Der Grundsatzbeschluss zur Bebauung der Ostseite des Wilhelm-Leuschner-Platzes sowie zur Offenhaltung und Begrünung der Westseite wurde vom Leipziger Stadtrat im Jahr 2017 gefällt. Über den Bebauungsplan Nr. 392 ‚Wilhelm-Leuschner-Platz‘ stimmt der Stadtrat voraussichtlich im April ab.“

Aber schon die vorgezogenen Baumfällungen für das Areal zwischen Brüderstraße und Windmühlenstraße, wo das neue Institut für Länderkunde entstehen soll, haben für heftigen Protest gesorgt, auch weil die Baumfällungen naturschutzrechtlich fragwürdig waren.

„Verschiedene Maßnahmen sollen helfen, bereits während der mehrjährigen Bauphase des Quartiers einen Grünanteil auf dem Platz zu gewährleisten und somit die Artenvielfalt zu schützen“, verspricht das Dezernat Stadtentwicklung und Bau und will mit dem Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport eng zusammenarbeiten. „So werden bestehende Bäume und Sträucher so lange erhalten, wie es der Bauablauf zulässt. Zudem ist ein sogenanntes Zwischengrün auf den Flächen nördlich des Citytunnel-Aufgangs vorgesehen.“

Das ist die Fläche neben dem Ausgang der S-Bahn-Station, die sich in den letzten Jahren zu einem beliebten illegalen Parkplatz entwickelt hat.

Blick auf die vorgesehene Fläche für das Zwischengrün. Karte: Stadt Leipzig
Die vorgesehene Fläche für das Zwischengrün. Karte: Stadt Leipzig

Voraussichtlich ab Oktober – so kündigt das Baudezernat an – sollen dort auf rund 2.000 Quadratmetern temporär Bäume und Sträucher angepflanzt werden. Dafür sollen vor Ort Baustahlmatten mit Erde aufgeschüttet und die Wurzelballen der Pflanzen so präpariert werden, dass die Bäume später auf ihre dann finalen Standorte innerhalb des Wilhelm-Leuschner-Platzes umgesetzt werden können. Angepflanzt werden rund 40 Bäume und ergänzende Sträucher, die auch entsprechende Nahrungsgrundlagen für die heimischen Vogelarten bieten sollen. Als Vorbild des Projekts dient das Klimawäldchen in Heilbronn.

Umsetzung Freiflächenwettbewerb dauert noch

Das Hauptproblem war aber bis jetzt, dass in den vergangenen sieben Jahrzehnten ein artenreiches Biotop auf dem brach liegenden Gelände entstanden ist. Das kann man nicht einfach an irgendeinen anderen Standort im Stadtgebiet verpflanzen.

Aber zumindest denkt das Baudezernat darüber nach, wie wenigstens einiges davon vielleicht am Platz erhalten werden könnte: „Die bestehenden ökologischen Strukturen werden im Artenschutzkonzept des Bebauungsplanes berücksichtigt und auf dem Platz neu angelegt. Gerade abgeschlossen ist das entsprechende Beteiligungsverfahren zu dieser neuen Platzgestaltung. Gefragt waren Ideen und Anregungen für Nutzungen, den Charakter und die Gestaltung des öffentlichen Raums. Dabei überwiegen nach erster Sichtung der Rückmeldungen die Wünsche nach einem sehr grün gestalteten Platz.“

Bis der Freiflächenwettbewerb realisiert und die neu begrünte Platzfläche hergestellt ist, dauert es jedoch noch etwa fünf Jahre. Damit werden dauerhafte Grünstrukturen erst Ende dieses Jahrzehnts sichtbar – weshalb die Zwischenbegrünung nun zügig realisiert wird, betont die Verwaltung.

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