Ob das am Ende tatsächlich ein lebendiges Quartier wird, ist völlig offen. Seit Donnerstag, dem 1. Februar, steht fest, welche Struktur der künftige Matthäikirchhof bekommen soll. Obwohl einige der Etappen schon in der frühen moderierten Bürgerbeteiligung darauf hindeuteten, dass das schon viel früher feststand. Schon im sogenannten Matthäikirchhof-Code wurde festgeschrieben, dass Teile der alten Stasi-Bauten unbedingt erhalten werden sollen.

Und so kommt es auch im Siegerentwurf des Stuttgarter Büros Riehle Koeth GmbH & Co. KG sowie Levin Monsigny Landschaftsarchitekten aus Berlin.

Sie haben den städtebaulichen Wettbewerb zur Entwicklung des Matthäikirchhofs für sich entschieden. Baubürgermeister Thomas Dienberg hat den Sieger am 1. Februar nach einer rund zehnstündigen Sitzung des Preisgerichts bekannt gegeben. Die Entscheidung sei mit großer Mehrheit für den Entwurf aus Stuttgart gefallen.

Dem Preisgericht unter Vorsitz von Professor Markus Neppl, Architekt und Stadtplaner aus Köln, gehörten neben Fach- und Sachpreisrichtern auch Vertreterinnen des Stadtrates und der Verwaltung, unter anderem Oberbürgermeister Burkhard Jung und Baubürgermeister Thomas Dienberg, an. Von ursprünglich 66 eingereichten Arbeiten waren nach einer ersten Preisgerichtssitzung im August 2023 zuletzt noch neun Arbeiten in der engeren Auswahl.

Sichtbare Vergangenheit

Im Matthäikirchhof-Code hieß es gleich unter Punkt 1 „Aktive Geschichtsvermittlung“: „Um die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sichtbar und erlebbar zu machen, sollen auf dem Matthäikirchhof Räume für Anlässe geschaffen werden, die Menschen zusammenbringen und Austausch ermöglichen – in bestehenden und neuen Gebäuden, auf Plätzen und attraktiven Wegeverbindungen oder über digitale Angebote.“

Was einerseits eben bedeutete, dass Teile des alten Stasi-Komplexes erhalten werden sollten. Andererseits schloss es von vornherein einen Rückgriff auf die städtebauliche Situation vor den Zerstörungen des Matthäikirchhofs und der Matthäikirche im 2. Weltkrieg aus.

Und so stellt dann die Stadt – irgendwie überrascht, dass es so kam – fest: „Die Arbeit sieht vor, einen Teil des ehemaligen Stasi-Gebäudes zu erhalten.“

Da betrifft just den nördlichen Riegel, der baulich noch im besten Zustand ist, während der einst von der Volkspolizei genutzte östliche Riegel schon seit längerem stärkere bauliche Schäden aufweist. Nur ist da Problem am Stasi-Riegel nun einmal, dass es die historische Platzsituation völlig versperrt und in allen vorgelegte Entwürfen dafür sorgt, dass die städtebaulichen Lösungen eher schematisch und blockartig wurden.

Siegerentwurf für den Matthäikirchhof von Riehle Koeth GmbH & Co. KG und Levin Monsigny Landschaftsarchitekten. Visualisierung: Riehle Koeth GmbH & Co. KG
Der Siegerentwurf für den Matthäikirchhof von Riehle Koeth GmbH & Co. KG und Levin Monsigny Landschaftsarchitekten. Visualisierung: Riehle Koeth GmbH & Co. KG

Für die beteiligten Architekturbüros war also an eine wirklich lebendige Lösung gar nicht zu denken. Es sei denn, sie hätten den sperrigen Matthäikirchhof-Code einfach ignoriert. Ob das von den beteiligten 66 Büros einige gemacht haben, weiß niemand. Die meisten Wettbewerbsentwürfe wurden bis jetzt nicht publik. Nur die für die Endrunde ausgewählten erblickten das Licht der Öffentlichkeit.

Zu Siegerentwurf schreibt die Stadt: „Das künftige ‚Forum für Freiheit und Bürgerrechte/Demokratiecampus‘ (Arbeitstitel), das auch einen Teil des Stasiunterlagen-Archivs beinhalten soll, wird hier in den Mittelpunkt gerückt. Vom Wagner-Denkmal am Ring kommend, wird über einen grünen Quartiersplatz ein offener und einladender Zugang geschaffen.“

In einer Ausstellung ab 29. Februar sollen dann alle Arbeiten öffentlich zu sehen sein, kündigt die Stadt an.

Architekturwettbewerb für Forum soll 2024 ausgelobt werden

Da sowohl das Gelände als auch die Immobilien weitgehend der Stadt gehören, will die Verwaltung nach und nach die Konzepte zur weiteren Umsetzung erarbeiten. In einem nächsten Schritt müssen auf Grundlage des Siegerentwurfs Gutachten aufgesetzt werden, unter anderem zu Umweltbelangen sowie der verkehrlichen Erschließung des Areals. Auch mögliche Zwischennutzungen werden diskutiert. D

as Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ fördert das Vorhaben und den Beteiligungsprozess. Der Architekturwettbewerb für das künftige Forum soll möglichst noch in diesem Jahr ausgelobt werden.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schön einladend, bitte wer soll denn da langlaufen? Macht Wege-technisch absolut keinen Sinn, davor ist eine 6 spurige Strasse ohne Querungsmöglichkeit und am anderen Ende die grosse Fleischergasse.

Das Ding wurde vor 40 Jahren erst gebaut. Wird wohl passend zum Rest der Stadt gestaltet, man schaue sich nur in der Innenstadt um. Historische Gebäude umgewandelt in leere Hüllen mit grossen Fenstern, während man woanders aus Denkmalschutzgründen keine Bäume pflanzen darf.

Naja, reissen wir einfach den Teil der Stasi und Volkspolizei ab, und lassen uns von nem westdeutschen Architekturbüro was neues hinzimmern, weil ja keine Ahnung eigentlich.

Schreiben Sie einen Kommentar