Im Grunde wird in Leipzig seit dem Dürrejahr 2018 über das Thema Schwammstadt diskutiert. Teilweise musste es erst noch nachträglich in Bebauungspläne hineingebracht werden. Immer wieder merkte auch die Verwaltung, dass das Thema in ihren Planungen stiefmütterlich behandelt wird. Deshalb wurde in diesem Herbst endlich ein Lenkungsnetzwerk Wassersensible Stadtentwicklung gegründet. Am 14. Dezember gab es dazu die Informationsvorlage im Stadtrat – mit einem nicht unwichtigen Änderungsantrag der Grünen-Fraktion.

Denn blumige Worte, was alles passieren müsste, hat Leipzigs Verwaltung jede Menge zur Verfügung. Auch in dieser Vorlage: „Die Tätigkeiten des Lenkungsnetzwerks Wassersensible Stadtentwicklung tragen maßgeblich zur Konkretisierung der im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) Leipzig 2030 gesetzten Ziele und deren Umsetzung bei.

Durch den Einsatz naturbasierter Lösungen und multifunktionaler grün-blauer-Infrastruktur, einer gezielten Steuerung von Ver- und Entsiegelungsprozessen sowie einer intelligenten Verknüpfung zentraler und dezentraler Ansätze des Regenwassermanagements wird eine resiliente Wasserver- und -entsorgungsstruktur und die Verbesserung der Umwelt- und Lebensqualität gefördert.“

Das klingt alles schön. Aber wie soll das eigentlich konsequent zur Grundlage in allen Planungen werden?

Dass schon mal die richtigen Ämter und Behörden mit am Tisch sitzen, erzählt die Vorlage: „Zu diesem Zweck wurde gemeinsam durch die Stadt Leipzig (Stadtplanungsamt, Verkehrs- und Tiefbauamt, Amt für Bauordnung und Denkmalpflege, Amt für Gebäudemanagement, Amt für Geoinformation und Bodenordnung, Amt für Umweltschutz, Referat für Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz, Amt für Stadtgrün und Gewässer), die Leipziger Wasserwerke (LWW) und den Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Leipzig-Land (ZV WALL) beschlossen, das Lenkungsnetzwerk Wassersensible Stadtentwicklung zu gründen.“

Ziele für eine wassersensible Stadt

Aber dann wird es schon wieder sehr schematisch: „Damit verbunden werden gemeinsame Ziele festgelegt und Indikatoren für die Zielerreichung und das Monitoring erarbeitet und formuliert. Gemeinsame Daten- und Informationsplattformen werden genutzt, um komplexe Planungen akteursübergreifend zu vereinfachen und sicherzustellen.

Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation sollen zur Sensibilisierung der Bevölkerung für eine wassersensible Stadtentwicklung führen. Die Zusammenarbeit des Lenkungsnetzwerks soll im 4. Quartal 2023 durch eine gemeinsame Kooperationsvereinbarung formalisiert werden.“

Dass es dabei um die wichtigsten Bereiche geht, die Stadt Leipzig für künftige Wetterextreme resilienter zu machen, zeigt dann die Aufzählung der einzelnen Ziele:

1. Klimaresilienz
Wir erhöhen die Resilienz der Stadt Leipzig und der Region, um die Auswirkungen des Klimawandels (Starkregen, Hitze- und Dürreperioden) abzumildern und sichern dadurch die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger. Um dies zu erreichen, wird Wassersensibilität in allen städtebaulichen und sonstigen Planungen und Entwicklungsvorhaben sichergestellt.

Die Förderung der Klimaresilienz dient dem strategischen Ziel (INSEK) „Erhalt und Verbesserung der Umweltqualität“.

2. Gewässer und Grundwasser
Wir stellen mindestens die Annäherung an den lokalen naturnahen Wasserhaushalt wieder her, um einen guten ökologischen und chemischen Zustand der Oberflächengewässer sowie einen guten chemischen und mengenmäßigen Zustand des Grundwasserkörpers zu sichern. Dadurch werden die strategischen Ziele (INSEK) „Erhalt und Verbesserung der Umweltqualität“ und „Vorsorgende Klima- und Energiestrategie“ unterstützt.

3. Nachhaltige Wasserbewirtschaftung
Wir bewirtschaften Niederschlagswasser durch Verdunstung, Versickerung, Rückhaltung, Nutzung und Direktabfluss. Damit nähern wir den lokalen Wasserhaushalt möglichst einem naturnahen Zustand an. Für Nutzung und Rückhaltung werden Retentionsflächen und Rückhaltekapazitäten geschaffen. Die Nachhaltige Wasserwirtschaft dient den Zielen (INSEK) „Balance zwischen Verdichtung und Freiraum“ und „Vorsorgende Klima- und Energiestrategie“.

4. Blau-Grüne Infrastruktur
Wir sichern und gestalten die Blau-Grüne Infrastruktur und nutzen diese multifunktional, um die Belange der Lebens- und Aufenthaltsqualität, des Klimaschutzes sowie der Wassersensibilität und der Biodiversität miteinander zu verbinden. Dadurch wird das strategische Ziel (INSEK) „Balance zwischen Verdichtung und Freiraum“ unterstützt.

5. Geringe Versiegelung
Wir reduzieren den Versiegelungsgrad von Flächen kontinuierlich, halten die Versiegelungsquote bei Neubauvorhaben gering und reduzieren so kontinuierlich die Ableitung von Niederschlagswasser in die Kanalisation. Durch die Reduzierung des Versiegelungsgrades wird das strategische Ziel „Balance zwischen Verdichtung und Freiraum“ unterstützt.

Das gehört in jede Planung

Aber ein Schritt fehlte noch, wie der Antrag der Grünen-Fraktion deutlich machte, den am 14. Dezember der Fraktionsvorsitzende Dr. Tobias Peter einbrachte: „Die der Arbeit des Lenkungsnetzwerks zugrundeliegenden Zielsetzungen gelten als Planungsgrundsatz der Stadtentwicklung.“

Was eben auch heißt: Die Ziele dürfen nicht nur Inhalt für schöne Broschüren sein, sondern sind konsequent in der Stadtplanung anzuwenden. Ausreden gibt es keine mehr. Die letzten fünf Jahre haben gezeigt, was monatelange Dürreperioden bedeuten. Und der Dezemberregen hat offenbart, was ein Tiefdruckgebiet über Deutschland bedeuten kann, das tagelang immer neue Regenmassen über der Landschaft abschüttet.

Alle Städte in Deutschland müssen sich auf diese künftig häufiger auftretenden Wetterextreme vorbereiten – und bei jeder einzelnen Planung den Umgang mit Wasser mitdenken, damit möglichst große Teile der Stadt im Lauf der Zeit „wassersensibel“ werden.

„Die Herausforderungen einer wassersensiblen Stadtentwicklung im Sinne des Schwammstadtprinzips können nur übergreifend und integriert gemeistert werden, wenn die der Arbeit des Lenkungsnetzwerks zugrundeliegenden Zielsetzungen auch im Verwaltungshandeln geteilt werden. Eine Beschlussfassung als Planungsgrundsatz kann eine entsprechende Verbindlichkeit herstellen“, stellte der Grünen-Antrag fest.

Dem der Stadtrat dann mit 21:13 Stimmen bei acht Enthaltungen zustimmte. Ein sehr gemischtes Ergebnis, das einmal mehr zeigt, dass das Wasserproblem noch nicht wirklich bei allen in seiner Brisanz verstanden wurde. Aber das hat sich ja nach den Weihnachtsregenfällen vielleicht geändert.

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Damit hätte die Stadtverwaltung einen verbindlichen Auftrag für die zukünftige wassersensible Stadtplanung. Das passt gut zusammen –
1) Von den Leipziger Wasserwerken (LWW), dem Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Leipzig-Land (ZV-WALL) und der Stadt Leipzig (vta) liegt seit 12/2022 eine Broschüre zur Bewirtschaftung von Niederschlagswasser vor,
2) mit dem Stadtratsbeschluss vom 14.12.2023 wurde ein “Lenkungsnetzwerk Wassersensible Stadtentwicklung” eingerichtet und
3) mit dem Artikel in der LZ vom 30.12.2023 “Was bedeutet das Schwammstadt Konzept für Leipzig?” liegen nun schon einige Vorstellungen zur möglichen Umsetzung für eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung in der Stadt vor.
Nun lassen wir uns als Bürger dieser Stadt mal davon überraschen, in welchem Ressort dieses “Lenkungsnetzwerk” angesiedelt wird, bei der Stadtplanung, beim Klima-Schutz Referat, im Dezernat Umwelt, Klima Ordnung und Sport, beim vta oder beim OBM? Wäre doch eine Quizfrage für 2024 – In welchem Amt würde das Lenkungsnetzwerk Wassersensible Stadtentwicklung bei der Stadtverwaltung Leipzig die umfassendste Wirkung erzielen?
Ich bin da noch nicht recht schlüssig.

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