Leipzig träumt von blühenden Wiesen. Schon seit geraumer Zeit. Und das Amt für Stadtgrün und Gewässer bemüht sich auch, immer neue Flächen für Blühwiesen auszumachen. Doch dem sind Grenzen gesetzt. Schon weil die Wiesen in Leipziger Parks eigentlich dafür gedacht sind, dass Menschen dort ihre Freizeit verbringen. Aber wäre es denn nicht denkbar, in allen Parks und Grünanlagen 10 bis 60 Prozent der Wiesenflächen in Blühwiesen zu verwandeln? So wünschte es sich Jürgen Breschke in einer zweiten Petition, die am 15. Januar in der Ratsversammlung behandelt wurde.
Auch die verzierte er mit hübschen Blümchen. Anregung war ihm die Meldung über zwei neue Blühwiesen in Lindenau und Engelsdorf.
Die Blühwiesen-Petition von Jürgen Breschke.
Aber das Amt für Stadtgrün und Gewässer machte ihm keine Hoffnung, dass das so einfach möglich wäre. Und der Petitionsausschuss folgte dem auch: „Mit Ratsbeschluss VII-A-04435 Blühwiesen statt Steppenlandschaften vom 19.01.2022 wurde die Erhöhung des Anteils von Wiesenflächen und damit die Reduzierung von Rasenflächen in den Leipziger Grün- und Parkanlagen beschlossen.
Zur Förderung der biologischen Vielfalt wurden bereits 2019 Blühstreifen an verschiedenen Standorten angelegt. Seit 2021 wurden artenreiche Blühwiesen im Johannapark auf der Grundlage des Entwicklungskonzeptes Clara-Zetkin-Park und Johannapark und der darauf aufbauenden Erarbeitung des Pflegekonzeptes Johannapark entwickelt.
Für die Umsetzung des Ratsbeschlusses hat das Amt für Stadtgrün und Gewässer Potenzialflächen identifiziert, auf denen die floristische Artenvielfalt mittels angepasster Mahdhäufigkeiten und -methoden in Verbindung mit gezielten Einsaaten von gebietsheimischen Wildpflanzen verbessert werden kann. Bei der Identifizierung der Potenzialflächen mussten unter anderem Belange der Erholungsnutzung, der Gartendenkmalpflege und des Naturschutzes berücksichtigt. Eine pauschale Herangehensweise über eine prozentuale Festlegung von Flächen ist nicht praktikabel.
In der Petition werden einige Grün- und Parkanlagen aufgezählt, in denen eine Umwandlung gewünscht wird. Tatsächlich wurden in diesen Anlagen keine Potenzialflächen identifiziert und daher auch keine Blühwiesen angelegt. Bei den benannten Anlagen handelt es sich um sehr stark genutzte und frequentierte Grünanlagen im Leipziger Osten, z. B. den Lene-Voigt-Park und das Rabet.“
Leipzigs fette Erde
Das Amt ist also schon dabei, immer neue Flächen für Blühwiesen zu identifizieren. Aber dass die Dimension von 10 bis 60 Prozent viel zu hoch gegriffen war, machte dann Ralf Pannowitsch aus der BSW-Fraktion am Rednerpult deutlich. Er ist nicht nur Übersetzer, er arbeitet auch als Gärtner im Botanischen Garten der Universität Leipzig.
Und dort testet man, so erzählte er, seit fünf Jahren Samenmischungen für Blühwiesen. Mit frustrierendem Erfolg, den nach zwei bis drei Jahren verschwindet die ausgesäte Blütenvielfalt und es setzt sich wieder simpler Rasen durch. „Die zweitbeste Mischung war die Leipziger Mischung von Reinhard Krehl“, erzählte Pannowitsch.
Reinhard Krehl – das ist der Bursche, der auch Gedichte zu all dem schreibt, was da (noch) wächst und blüht.
Aber der Leipziger Boden setzt dem Traum von blühenden Wiesen Grenzen. Denn blühende Wiesen brauchen in der Regel karge Böden. Auf den fetten Böden in der Leipziger Region setzt sich das Gras immer wieder durch. Und dazu kommt die starke Nutzung der Leipziger Parks gerade in der warmen Jahreszeit. Weshalb sich gerade in stark frequentierten Parkanlagen wie dem Clara-Zetkin-Park kaum genügend Fläche findet, um auch nur 10 Prozent Blühwiese anzulegen, so Pannowitsch.
Die BSW-Fraktion sei trotzdem für Blühwiesen, bekannte Pannowitsch. Aber einfach mit prozentualen Flächenvergrößerungen zu arbeiten, sei in diesem Fall nicht zielführend.
Es gibt also Gründe genug, darüber nachzudenken, wie man mit Leipziger Wiesenflächen umgehen kann, um sie naturnäher und insektenfreundlicher zu gestalten. Im Botanischen Garten wird weiter experimentiert. Und die Ratsversammlung folgte am 15. Januar dem Vorschlag des Petitionsausschusses einstimmig, das Leipziger Blühwiesen-Programm so fortzuführen, wie 2022 beschlossen.
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Es gibt 4 Kommentare
Ein Beispiel für eine attraktive Blühwiese in Leipzigs Parks ist der westliche Teil der Küchenholzwiese. Dort (wie auch auf Teilen der Großen Wiese) wird zweimal im Jahr gemäht und das Mahdgut entfernt. Das Resultat konnte sich insbesondere im letzten Sommer wirklich sehen lassen: Wiesenflockenblumen, Großer Wiesenknopf und Hornklee in beachtlicher Anzahl, dazu Tagfalter wie Hauhechelbläuling, Großes Ochenauge und Wiesenvögelchen. Im Grunde nichts wirklich Spektakuläres, aber dennoch fast schon ein Ausflugstipp!
Die Lage trägt sicher ihren Teil dazu bei: Der nächste Stellplatz für Autos ist mindestens 500m entfernt. Die östliche Fläche (Hain der Jahresbäume) wird häufiger gemäht und lädt dazu ein, sich dort niederzulassen für Dinge, die der Großstädter in Parks gern so tut.
Ob eine Ansaat zu diesem Blütenreichtum beigetragen hat, weiß ich nicht, es könnte aber durchaus sein. Wichtig ist aber vor allem das Mahdregime und der geringere Nutzungsdruck im Vergleich zu zentraler gelegenen Flächen. Aber auch die würde ich nicht vor der Zeit abschreiben: wir Städter sind entwöhnt, was heimische Wildstauden angeht, das braucht einfach seine Zeit. Irgendwann blüht es dann auch im Clara-Zetkin-Park.
Bis dahin erfreue man sich gern an der wunderbaren Küchenholzwiese!
Irgendwo muss ja das Regenwasser versickern.
Rieger und Hoffmann sind dafür bekannt, dass sie passgenauen Blühsamen liefern. Selbstverständlich wandelt sich eine Blühwiese im Laufe der Jahre. Es gibt auch blühende Pflanzen, die sich auf schweren und nährstoffreichen Böden gut behaupten (bspw. Beinwell). Das wichtigste für Wiesen ist das Mahtregime. 2x jährlich und den Grünschnitt entfernen. Letzteres bekommt das ASG nicht hin. Überall bleibt der Grünschnitt liegen und entsprechend setzen sich dann auch die Gräser durch.
Wenn man in Parks nichts hinbekommt, so wäre es auch schon ein Anfang wenigstens dort heimische Pflanzen zu setzen, wo die Bebauung einen Bodentausch erforderlich macht. An diesen Orten werden in Leipzig aber gern nutzlose Gräser wie Pampasgras gesetzt, der Rest geschottert. Neben dem faden Aussehen ist das allerdings auch noch biologisch tot. Die Stadt Leipzig zeigt, das sie selbst diesbezüglich nicht anders agiert als der private Investor. Am Runki-Bad sind die Gräser vor ein paar Tagen gepflanzt worden, der Rest geschottert.
In der Tat ist es sehr schwierig, aus einem artenarmen, intensiv genutzten Rasen eine blütenreiche Wiese zu machen. Positivbeispiele findet man in Leipzig eher nicht. Allerdings würde man zumindest schon etwas gewinnen, wenn nicht immer sämtliche Säume abrasiert würden, was man aber fast überall und immer beobachtet.
Aber Halt: Es entstehen ja sehr viele neue blütenreiche Wiesen, auf dem Papier… Auf dem Papier der Grünordnungspläne und Umweltberichte, die die Stadtverwaltung bei Neubauvorhaben stets präsentieren. Wobei sie daran sicherlich selbst nicht glauben. Aber das bringt viele Punkte für die Eingriffs-Ausgleichsbilanzierungen und reduziert den Ausgleichsbedarf. In einfachen Worten Greenwashing.
Und in realo gibt es auch durchaus blütenreiche Flächen in Leipzig, nämlich Brachen, die aber nach und nach alle überbaut werden… Schlechte Zeiten für Leipzigs Biodiversität.