Nach sechs Jahren Amtszeit ist Thomas Löwe als Präsident des 1. FC Lokomotive Leipzig zurückgetreten. Ein familiärer Schicksalsschlag beendete eine turbulente und facettenreiche Präsidentschaft. Der 1. FC Lok hat sich unter Thomas Löwe weiter konsolidiert und sein Image verbessert.

So einen Mann wie Thomas Löwe hätte auch dem dahinsiechenden VfB Leipzig nach dem 2. Liga-Abstieg 1998 gutgetan. Ein Mann, der nicht nur erzählt, sondern auch dort ist, wo die Arbeit anfällt, der arbeitet und nicht nur anderen Anweisungen gibt, der mit dem Verein verbunden ist und einen bodenständigen Beruf gelernt hat. Das Motto des 1. FC Lok ist derzeit „Fußball pur.“ Thomas Löwe war der passende Mann für diese Kampagne.

Schon vor zehn Jahren hatte Löwes „Laufbahn“ als Ehrenamtlicher begonnen. Im vereinsinternen Baubeirat war er schnell ein wichtiger Bestandteil, träumte von der Stadionsanierung, Investitionen in die Infrastruktur. Als damaliger Baubeirats-Vorsitzender wurde er 2015 ins Vereinspräsidium kooptiert und 2017 – nach dem Rücktritt von Jens Kesseler – zum fünften Vereinspräsidenten seit der Neugründung. Auf Kubald folgte Notzon, auf Notzon Spauke, auf Spauke Kesseler und auf Kesseler folgte Löwe.

Ein Blick zurück zeigt, wie turbulent die sechs Jahre unter Löwe verlaufen sind. Schon in seinen Anfangsmonaten musste der damals gerade 50-Jährige öffentlich erklären, warum denn Nachwuchsspieler des 1. FC Lok nun zu Borussia Mönchengladbach fahren und nicht in Leipzig ein Bundesliga-Spiel besuchen, obwohl das doch ihr Preis für den Stadtpokal-Sieg war. Ein erstes mediales Donnergrollen, was sich ein Jahr später weiter steigerte, als eine Nachwuchsmannschaft für unliebsame Schlagzeilen sorgte.

Im Jahr 2018 konnte bei Lok Leipzig erstmals unter Profibedingungen gearbeitet werden, der erste Kunstrasen auf dem Gelände konnte eingeweiht werden und Löwe scheute sich nicht, Heiko Scholz von seinen Aufgaben als Cheftrainer zu entbinden.

Es sollte seine einzige Trainer-Entlassung als Präsident sein. Wenig später behauptete der ehemalige Fernseh-Verkäufer und Dynamo-Präsident Wolf-Rüdiger Ziegenbalg, der Verein würde kurz vor der Insolvenz stehen.

Der Mitteldeutsche Rundfunk schenkte dem Glauben, Löwe musste mit seinen Präsidiumsmitgliedern rudern, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass dies der Unwahrheit entspricht. Löwe sprach später von seinem „größten Fehler“, dass er Ziegenbalg in eine Berater-Funktion beim Verein geholt hatte.

Erst mit der Gala anlässlich 125 Jahre Probstheidaer Fußball, in der Kongresshalle, kehrte erstmals so etwas wie Ruhe ein. Björn Joppe sicherte den Klassenerhalt des Teams, was eigentlich um die Spitzenplätze mitspielen sollte, und startete solide in die Saison 2019/2020, an deren Ende idealerweise der Aufstieg in die 3. Liga stehen sollte.

Joppe wurde im Oktober 2019 zurückgetreten und sein Nachfolger Wolfgang Wolf schaffte die Regionalliga-Meisterschaft mit dem Team. Doch die ausbrechende Pandemie unterbrach den Spielbetrieb. Lok stand wie viele andere Vereine in Deutschland vor einem großen Fragezeichen und der Herausforderung, dass mit ETL auch der Sponsor, der das Profitum ermöglichte, über die Saison hinaus nicht weitermachen würde. Da war gerade die, wie man heute weiß, Hälfte der Amtszeit vorbei.

Egal ob in Probstheida – wie nach dem Landespokalsieg 2021 – die Sonne schien oder es wie aus Kübel regnete: Thomas Löwe stellte sich in jedes Wetter und moderierte die Probleme und Freuden angemessen emotional. Löwe war kein Präsident, der öffentlich von überzogenen sportlichen Erwartungen sprach oder die eigene Mannschaft an den Pranger stellte.

Im Hintergrund hatte er, wie es intern heißt, mit seinen Präsidiumskollegen ein enges, aber bei Bedarf kontroverses Arbeitsverhältnis, was über die zahlreichen Probleme hinwegtrug. Löwe zeigte sich transparent gegenüber vielen, hatte ein offenes Ohr an der Masse und war für alle, die seine Nummer hatten, jederzeit greifbar. Die Infrastruktur war dem langjährigen Baubeiratsmitglied ein großes Anliegen.

Lok verliert einen wesentlichen Bestandteil des Aufschwungs der letzten Jahre, mit einem glänzenden Netzwerk bis in die sächsische Spitzenpolitik. Doch weil während Löwes Präsidentschaft der Verein auch strukturell einen Schritt nach vorn gemacht hat, bleibt er auch ohne ihn handlungsfähig. Wer neuer Präsident wird, das will man in Probstheida nun in Ruhe ausloten. Eine ordentliche Mitgliederversammlung wird und muss es noch im Frühjahr geben.

Aber am Ende ist die Präsidentschaft auch bloß ein Amt – und im Leben gibt es Wichtigeres. Wer weiß das besser als Thomas Löwe selbst.

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