Seit dem 3. Februar ist ein Teil der Shakespearestraße gesperrt und bauen dort die Stadtwerke emsig. Dasselbe sorgt seit März für eine Sperrung eines Teils der südlichen Kurt-Eisner-Straße. In beiden Fällen geht es um den Bau von Fernwärmeleitungen. Und um die Vorbereitung jenes Pilotprojekts, das die Stadt schon im Januar ankündigte. Nämlich die Auflage eines Pilotprojekts für ein komplettes Stadtquartier, das jetzt ans Fernwärmenetz der Stadtwerke Leipzig angeschlossen werden soll.

Dafür hat die Verwaltung eine Extravorlage für das Frühjahr angekündigt. Aber die liegt noch nicht vor. Auch wenn die Stadtwerke bauen müssen. Denn der geplante Anschluss von bis zu sechs weiteren Stadtquartieren ans Leipziger Fernwärmenetz ist ein ganz zentraler Baustein der Wärmewende. Und viele Hauseigentümer warten nur darauf, dass auch in ihrer Straße endlich Fernwärme anliegt. Dabei wollen die Stadtwerke das Fernwärmeleitungsnetz von 500 auf 800 Kilometer auszubauen.

Neben der westlichen Südvorstadt, die jetzt im Pilotprojekt als erste ans Netz kommen soll, gibt es entsprechende Pläne für Neulindenau, das Waldstraßenviertel, Gohlis-Süd, das Klinikum St. Georg und Reudnitz. „Die Reihenfolge nach dem Pilotquartier Südvorstadt-West steht noch nicht fest und kann sich im Abgleich mit anderen Baustellen ändern“, kann man auf der Homepage der Leipziger Gruppe nachlesen.

Stadt hilft mit Anschubfinanzierung

Behandelt wurde das Thema in der Ratsversammlung am 12. Februar. Da ging es um die gesamte Wärmeplanung, mit der Leipzig mittelfristig wegwill von der fossilen Wärmeversorgung. Aber das kostet Geld, weshalb im Doppelhaushalt 2025/2026 auch schon 100 Millionen Euro Kapitaleinlage für die Stadtwerke vorgesehen waren, um das Riesenprojekt überhaupt finanzieren zu können. Gleich zwei Fraktionen – CDU und BSW – versuchten, diese Finanzhilfe zu blockieren, scheiterten damit aber in den Haushaltsverhandlungen.

Sodass die Stadtwerke jetzt auch das Pilotprojekt westliche Südvorstadt etwas unaufgeregter angehen können. „Wir reden hier von 600 Gebäuden, also über viele tausend Haushalte“, kommentiert Olga Naumov, Projektleiterin der Stadtwerke für die Südvorstadt, das Projekt auf der Homepage der Leipziger Gruppe. Sie sitzt auch für die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, weiß also auch als Politikerin, worüber sie spricht „Wir öffnen jede Straße. Dabei verlegen wir stets zwei Leitungen – eine für den Zufluss des warmen Heizwassers und eine für den kühleren Rückfluss.“

Wann die Häuser in der westlichen Südvorstadt an die Fernwärmeversorgung angeschlossen werden, steht auch schon fest. Zum Zeitplan berichtet die Homepage der Leipziger Gruppe: „Im Frühjahr 2026 sollen die ersten Häuser rings um die Fichtestraße am Netz sein. 2029 soll der zweite Bereich fertig sein, das komplette Fernwärme-Pilotprojekt dann – wenn die Bauarbeiten optimal verlaufen – ab 2029.“

Ein Projekt bis weit in die 2030er Jahre

Man merkt schon bei den Jahreszahlen, dass selbst so ein Quartiersanschluss Jahre dauert und sich selbst die weiteren geplanten Quartierserschließungen bis weit in die 2030er Jahre erstrecken werden.

Es ist auch ein Wettlauf gegen die Zeit, denn dass sich die Kosten für Erdgas und Heizöl schon allein aufgrund der höheren CO₂-Bepreisung in den nächsten Jahren drastisch erhöhen werden, lässt viele Hausbesitzer nach Alternativen suchen, die umweltfreundlicher und langfristig preisstabiler sind. Und das ist gerade für die inneren Stadtbezirke vor allem die Fernwärme.

Hartwig Kalhöfer, zweiter Projektleiter für die westliche Südvorstadt: „Wir haben bereits stadtweit rund 6.000 Anfragen von Hauseigentümern, die einen Anschluss wollen.“

Die Anfragen aber kommen nicht alle nur aus der Südvorstadt, sondern aus dem ganzen Stadtgebiet und vor allem aus jenen Ortsteilen, in denen ein Anschluss ans Fernwärmenetz sinnvoll ist.

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Es gibt 3 Kommentare

Es geht nicht um Überdimensionierung.
Es geht um eine normalen passgerechten FW-Anschluss.
Und da bewegen sich die SWL im oberen Drittel mit den Preisen.
[https://www.vea.de/newsroom/pressemitteilungen/pressemitteilung/fernwaermepreisvergleich-2025]
SWL fast doppelt so teuer wie der günstigste.
Außerdem: der Wohnungsmarkt sorgt dafür, dass die Wohnungen belegt werden, da ahnt noch keiner, was da an warmen Kosten zusätzlich zu den kalten Kosten zukommt.
Mal davon abgesehen, dass Mieter keinen Einblick in die Dimensionierung und den techn. Betrieb der Zentralheizung haben.

Meine Straße wurde letztes Jahr erschlossen. Bei ca. 2 Mehrfamilienhäusern wurde ein Anschluss gelegt.
Unser MFH hatte auch ein Angebot vorliegen – doppelt so teuer wie der jetzige Gasanschluss.
Also gab es keinen Anschluss. Zum Glück.
Wenn der Preis halbwegs gleich gewesen wäre, hätte ich darum gekämpft.

Man darf das Ganze auch rational sehen.
Ziehen Mieterinnen und Mieter in eine Wohnung mit offensichtlich zu hohen Nebenkosten? Klar ist es möglich, dass ein Vermieter bei Neuanschluss einen überdimensionieren Übergabepunkt bucht. Dann ist es die Aufgabe der MieterInnen, das zu kontrollieren und auf Korrektur zu drängen. Wenn es dafür eine gesetzliche Regelung braucht, dann bitte.
Auf der anderen Seite: Mit dem Ausbau werden sich immer mehr vom Gasnetz verabschieden. Immer weniger Abnehmer müssen sich dann die Instandhaltungs- und Beschaffungskosten dafür teilen. (Wie viele haben sich eigentlich im vergangenen Jahr in deiner Straße im FW-Verdichtungsgebiet anschließen lassen?) Wie lange ist dann Fernwärme noch “teurer”? Vergleichsprotale im Internet helfen den Leipziger Fernwärmepreis einzuordnen.

Man darf das Ganze auch skeptisch sehen.

Viele Hauseigentümer haben dann die Möglichkeit, sich von den eigenen Unterhaltskosten der Heizung zu befreien, und durch die Leasing- / Mietlösung einer Fernwärmestation die vollen Kosten auf die Mieter umzulegen.
Zusätzlich zu den unverschämt teuren FW-Preisen in Leipzig.

Das wird eine wunderbare Erhöhung der warmen Miete.
Und natürlich – qua Gesetz – grün!

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