Der Oberbürgermeister spricht von Terrorismus: Unbekannte haben die Hochwasserschutzanlage in Grimma am Wochenende schwer beschädigt. Aktuell kann ein Fluttor nicht mehr geschlossen werden – angesichts der unbeständigen Wetterlage des Sommers 2021 womöglich fatal. Aufgrund steigender COVID-19-Fallzahlen in Deutschland wird heftig über Privilegien für komplett Geimpfte diskutiert – und auch die sächsische Abschiebepolitik steht mal wieder im kritischen Fokus. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 26. Juli 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

„Das ist kein Vandalismus mehr“

Grimma, seit über zehn Jahren flächenmäßig viertgrößte Stadt Sachsens, liegt im Muldental – und ist damit besonders durch Hochwasser gefährdet. Spätestens durch die jüngste Flutkatastrophe in Teilen Westdeutschlands mit zahlreichen Todesopfern wurde das Risiko wieder schmerzlich bewusst.

Seit heute tagt, nebenbei gesagt, der UN-Weltklimarat, der an einem neuen Bericht zur Erderwärmung arbeitet. Vermutlich wird der wieder einmal betonen, dass Überschwemmungen durch den menschengemachten Klimawandel wahrscheinlicher und damit häufiger werden.

Umso verständlicher die Wut auf den oder die unbekannten Täter, die mutmaßlich in der Nacht zum Sonntag Teile der Schutzanlage zerstört haben. Wie die Stadt am Montag berichtete, sei besonders ein Fluttor durch verbogene Eisen-Bauteile betroffen und lässt sich derzeit nicht mehr verschließen. Im Ernstfall hätten die Wassermassen dann leichtes Spiel – nur Sandsäcke und eine gehörige Portion Glück könnten dann noch helfen.

Oberbürgermeister Matthias Berger (53, parteilos) reagierte mit Entsetzen auf die Beschädigung. Das sei „kein Vandalismus mehr, sondern Terrorismus“, lässt sich Berger im MDR zitieren. 3.300 Menschenleben und 800 Gebäude stünden im Fall einer Flut auf dem Spiel. Der Politiker appellierte an die Ermittlungsbehörden, möglichst schnell Ergebnisse zu liefern. Hinter der Tat sollen Feiernde von Auswärts vermutet werden – doch sicheres weiß man nicht. Noch nicht.

Mehr Freiheit für Geimpfte? Kritiker monieren „Impfpflicht durch die Hintertür“

Immerhin: Fast die Hälfte der Menschen in Deutschland (49,4 %) hat bereits die zweite Impfung gegen COVID-19 hinter sich – und damit nach allem, was die Wissenschaft bisher weiß, einen robusten Schutz gegen eine Infektion, auch mit der grassierenden Delta-Variante. In Sachsen sind es 45,6 %, die zwei Spritzen bekommen haben.

Doch nach Wochen der Entspannung steigen die Inzidenzen in Deutschland wieder an, wenn auch noch auf moderatem Niveau. Doch eine neue Ansteckungswelle im Herbst gilt leider nach derzeitiger Prognose als wahrscheinlich, denn die Impfkampagne stockt seit geraumer Zeit. Herdenimmunität in den nächsten Wochen? Sehr unwahrscheinlich.

Kanzleramtschef Helge Braun (48, CDU), ursprünglich selbst Mediziner, hatte bereits am Wochenende angeregt, den Druck auf Impfmuffel zu erhöhen. „Das kann auch bedeuten, dass gewisse Angebote wie Restaurant-, Kino- und Stadionbesuche selbst für getestete Ungeimpfte nicht mehr möglich wären, weil das Restrisiko zu hoch ist“, sagte Braun. Er halte dies auch für rechtlich sauber.

Widerspruch kommt unter anderem von liberaler Seite: Marco Buschmann (43), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, plädierte für Anreize zur Erhöhung der Impfquote, kritisierte jedoch, Getestete, Geimpfte und Genesene dürften im Sinne des Schutzes von Grundrechten nicht unterschiedlich behandelt werden – sofern feststeht, dass von allen in gleicher Weise keine Gefahr ausgeht.

Das sieht Frank Ulrich Montgomery (69), Radiologe und Chef des Weltärztebundes, komplett anders. Der FDP warf er einen „primitiven Populismus“ und ein falsches Verständnis von Freiheit vor.

Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (58) und Grünen-Vorsitzender Robert Habeck (51) hatten sich hinter Brauns Vorstoß gestellt. Der CDU-Chef, NRW-Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet (60) äußerte sich dagegen zurückhaltend.

Zoff um Abschiebepolitik in Sachsen: SPD stellt Forderungen auf

Abschiebungen sind politisch und gesellschaftlich heftig umstritten. Regelmäßig sorgt es für Unmut und teils heftige Proteste, wenn Menschen gegen ihren Willen ihr Umfeld verlassen müssen und mit Zwang in ein für sie oft schon fremdes Land zurückgebracht werden.

Im Juli 2019 endete es gar in Krawallen, als eine Menschenmenge in der Leipziger Hildegardstraße vergebens die Abschiebung eines jungen Kurden zu verhindern suchte.

Auch in der sächsischen Dreier-Koalition aus CDU, SPD und Grünen krachte es zuletzt mal wieder, zumindest im übertragenen Sinne.

Anlass war die Abschiebung einer Familie mit Kindern, die im Juni aus Pirna bei Dresden nach Georgien ausgeflogen wurde. Fakt ist: Mehrere Asylanträge waren zuvor abgelehnt worden, auch nach rechtlicher Prüfung. Doch die Umstände, wie die Polizei Eltern und Kinder nachts aus ihrem Schlaf riss, lösten Entsetzen aus.

Die in Sachsen mitregierende SPD legte nun einen konkreten Forderungskatalog vor, der vor allem auf eine stärkere Beachtung des Kindeswohls abzielt. Demnach müssen nächtliche Abschiebungen bei Familien mit minderjährigen Kindern verboten werden, auch soll es eine stärkere Beobachtung geben – und mehr Spielraum für ein Bleiberecht gut integrierter Menschen, etwa durch ein Recht, die Härtefallkommission einzuschalten.

Bei der georgischen Familie kam dieser Schritt im Juni zu spät, als sie bereits im Flugzeug saß. Auch sie soll nach dem Willen der SPD eine Erlaubnis zur Rückkehr in die Bundesrepublik erhalten.

Doch wird das CDU-geführte Innenministerium einlenken? Schwer vorstellbar, denn dessen Chef Roland Wöller (51) ist als Hardliner bekannt – und soll sich intern bemüht haben, Zweifel an der Integration der abgeschobenen Familie zu säen.

AfD-Sommertheater, Verwaltungsmentalität und worauf es im Leben ankommt

Worüber die LZ heute berichtet hat: Engstirniges Verwaltungsdenken und Naturschutz – geht das überhaupt? Die Frage mag sich mancher nach dem Lesen des Artikels zu Baumscheiben stellen. Die AfD lieferte im Leipziger Stadtrat mal wieder ihr jährliches Sommertheater mit dem Thema Umweltzone, zugleich billigte das Kommunalparlament ein Paket für den Schulneubau und leitete einen Brückenbau in die Wege.

Auch untersucht Kollege Ralf Julke die in Buchform gegossenen Kurven und Widersprüche einer Biografie in der DDR und nach der „Wende“ – und wirft so nebenbei die Frage auf, was  im Leben eines Menschen wirklich zählt. Viel Zeit für Nachdenken, Melancholie und Tiefgang …

Nachruf auf Publikums-Liebling, Flutkatastrophe, Krisen in Tunesien und Afghanistan

Was heute sonst noch wichtig war: Rege Erinnerungen und Nachrufe finden sich auf den beliebten Schauspieler Herbert Köfer, der am Samstag mit 100 Jahren verstorben war und bis ins hohe Alter auf der Bühne stand.

In den von der jüngsten Hochwasser-Katastrophe betroffenen Gebieten gestaltet sich die Identifizierung der Todesopfer schwierig.

Ist dies ein Staatsstreich? In Tunesien, das als einziger Staat der Region nach dem „Arabischen Frühling“ von 2011 den Übergang zu einer parlamentarischen Demokratie bewältigte, eskalieren die Proteste völlig. Ministerpräsident Hichem Mechichi wurde durch Staatschef Kais Saied abgesetzt und das Parlament faktisch kaltgestellt. Das Land leidet schon länger unter Korruption, wirtschaftlicher Not und hoher Arbeitslosigkeit gerade unter jungen Menschen. COVID-19 hat die Probleme noch verschärft.

Und auch die Situation Afghanistans macht wenig Hoffnung. Das Vorrücken der islamisch-fundamentalistischen Taliban könnte für einen neuen Anstieg der Zahl Geflüchteter bis nach Europa sorgen. Inzwischen ist auch die Hauptstadt Kabul akut bedroht.

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