Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsident/-innen können sich bei ihrer heutigen Konferenz nicht auf Inzidenzwerte einigen, der Verfassungsschutz stuft die AfD bundesweit als Verdachtsfall ein und die Grenzkontrollen zu Tschechien und Tirol werden vorerst bis 17. März verlängert. Außerdem fand heute in Leipzig eine Kundgebung anlässlich einer erneuten Sammelabschiebung nach Tunesien vom Flughafen Leipzig/Halle statt. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 3. März 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Bund-Länder-Treffen: Lockdown wird bis 28. März verlängert

Seit dem frühen Nachmittag verhandeln Bund und Länder per Videoschalte mal wieder über die Zukunft der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Gestern war bereits ein Entwurf Merkels bekanntgeworden, der einen „Vierklang aus Impfen, Testen, Kontaktnachvollziehung und Öffnungen“ als Strategie vorschlägt, weiterhin mit Inzidenzwerten als Basis für Maßnahmen.Stand heute 20 Uhr sind folgende Ergebnisse bekannt: Zusätzlich zu Impfzentren und mobilen Impfteams sollen ab April Hausarztpraxen gegen Covid-19 impfen dürfen. Für April rechnet das Bundesgesundheitsministerium damit, dass deutlich mehr Impfdosen zur Verfügung stehen werden.

Derzeit sind in Sachsen bereits etwa 40 Praxen an einem Pilotprojekt beteiligt, bei dem die Logistik rund um die Corona-Impfung getestet werden soll. Unklar ist bisher noch, welche(r) Impfstoff(e) in den Praxen zum Einsatz kommen und ob Bund oder Länder die Kosten dafür übernehmen.

Weiterhin gilt bereits als sicher, dass der aktuelle Lockdown generell bis 28. März verlängert werden soll. Welche Inzidenzwerte als Grenzen für welche Lockerungen gelten werden, ist derzeit noch offen. Die Verhandlungen könnten sich erfahrungsgemäß bis in die späten Abendstunden ziehen.

Gegen 21:20 Uhr meldete das ZDF, dass die Beratung vorerst unterbrochen wurde. Grund sei eine festgefahrene Diskussion über die für weitere Lockerungen zugrunde gelegte Inzidenzzahl. Die LZ wird über die Beschlüsse berichten, sobald es Klarheit gibt.

AfD bundesweit als Verdachtsfall eingestuft

Es ist neben den Verhandlungsergebnissen des Bund-Länder-Treffens wohl die wichtigste Nachricht des Tages auf bundesweiter Ebene: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die gesamte AfD als Verdachtsfall für rechtsextreme Bestrebungen eingestuft. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Eine öffentliche Bestätigung seitens des Nachrichtendienstes oder des Bundesinnenministeriums steht noch aus. Der Verfassungsschutz möchte sich mit Blick auf die anhängige Klage der AfD und aus Respekt vor dem Gericht in dem Fall nicht öffentlich äußern.

Die Einstufung als Verdachtsfall bedeutet, dass die Behörde die Partei anhand nachrichtendienstlicher Mittel beobachten kann, beispielsweise durch den Einsatz von sogenannten V-Personen oder durch geheime Bild- und Tonaufnahmen.

Laut Spiegel Online fand die Einstufung zum Verdachtsfall am vergangenen Donnerstag statt, heute gelangte die Nachricht dann an die Öffentlichkeit. Vorerst soll allerdings auf eine Überwachung von Abgeordneten und Kandidat/-innen für anstehende Wahlen verzichtet werden.

Überraschend kommt die Erklärung zum Verdachtsfall nicht. Seit über zwei Jahren – im Januar 2019 erklärte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD zum Prüffall – sammeln Jurist/-innen und Politolog/-innen Informationen aus offen zugänglichen Quellen. Entstanden ist daraus ein umfassendes Gutachten, dass die Grundlage für die Einstufung zum Verdachtsfall bildet.

Demonstration anlässlich Sammelabschiebung nach Tunesien

In Leipzig versammelten sich heute vor dem Hauptbahnhof etwa 100 Menschen, um gegen die deutsche Abschiebungspolitik zu demonstrieren. Anlass war eine Sammelabschiebung nach Tunesien vom Flughafen Leipzig/Halle, die heute stattfand. Aufgerufen zur Kundgebung unter dem Motto „Solidarität statt Abschiebung!“ hatten die Initiativen San Visa und Afrique-Europe-Interact.

Ein Redner sprach sich während der Kundgebung für uneingeschränkte Reisefreiheit in Europa aus. Abgeschottete EU-Außengrenzen würden die Menschen dazu zwingen, dauerhaft beispielsweise in Deutschland zu bleiben.

Ohne diese Abschottung, so der Redner, würden junge Menschen eine Weile reisen und dann in ihre Herkunftsländer zurückgehen. „Tunesien bekommt das mit der Demokratie nicht hin, wenn die jungen Menschen nicht die Möglichkeit bekommen zu reisen und so von anderen Ländern zu lernen.“

Die deutsche Asylpolitik sorge dafür, dass sie hierbleiben und sich nicht frei bewegen dürfen. Stattdessen werde ihnen ein Aufenthaltsort zugewiesen, nicht wenige landen so in der Illegalität.

„Wir sind davon überzeugt, dass Abschiebungen keine Lösung darstellen“, schrieb San Visa zuvor im Aufruf zur Kundgebung. Tunesien habe die letzten Jahre sehr schwierige Zeiten durchlebt. Das Land stecke in einer tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise. Dafür verantwortlich macht die Initiative unter anderem die Abschottungspolitik der EU.

„Bis in die 90er Jahre konnten die Tunesier/-innen frei nach Europa reisen. Damals reisten viele Menschen ständig zwischen Nordafrika und Europa unter anderem zum Arbeiten und Perspektiven suchen, eine zirkuläre Migration.“ Heute dagegen sorge die EU-Außenpolitik dafür, dass weniger Austausch zwischen Gesellschaften stattfinde und sich in Tunesien Perspektivlosigkeit breitmache.

Grenzkontrollen zu Tschechien und Tirol werden verlängert

Die Grenzkontrollen zu den von der Bundesregierung als Mutationsgebiete eingestuften Gebiete Tschechien und Tirol sollen bis mindestens 17. März verlängert werden. Das berichten mehrere Medien mit Berufung auf Aussagen des parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer (CSU) heute im Innenausschuss des Bundestages.

Seit dem 14. Februar ist die deutsch-tschechische Grenze faktisch geschlossen: Nur medizinisches Personal, LKW, deutsche Staatsangehörige und nicht-deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis hierzulande dürfen die Grenze von Tschechien nach Deutschland überqueren.

LKA startet nach Demo und Ausschreitungen in Connewitz Zeugenaufruf

Nachdem sich am Dienstagabend etwa 80 Menschen zu einer unangemeldeten Demonstration unter dem Motto „Solidarität mit Dimitris Koufontias“ in Connewitz versammelt hatten, kam es zu Ausschreitungen. Laut Landeskriminalamt (LKA) Sachsen wurden dabei der Polizeistandort in der Wiedebach-Passage sowie weitere Objekte mit Steinen beworfen.

Auf Twitter wurde im Zusammenhang mit der Spontanversammlung von Pyrotechnik-Einsatz und zerbrochenen Scheiben berichtet. Laut LKA wurde eine Person „festgestellt“, die eine Flasche gegen einen Polizeiwagen geworfen haben soll. Sie habe sich den polizeilichen Maßnahmen widersetzt.

Heute Nachmittag veröffentlichte das LKA einen Zeugenaufruf im Zusammenhang mit den Ausschreitungen. „Da eine politische Motivation nicht ausgeschlossen werden kann, hat die Soko LinX des Landeskriminalamtes Sachsen die weitere Bearbeitung übernommen“, heißt es darin. Ermittelt wird wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs, der Sachbeschädigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Worüber die LZ heute berichtet hat: Im Prozess gegen den mutmaßlichen Auwald-Mörder hat heute ein Bekannter des Täters ausgesagt. Außerdem bekommt Leipzig ein Zentrum für Nachhaltigkeitsbildung und im Interview mit Mitwirkenden der Poliklinik Leipzig-Schönefeld wurde erörtert, wie politisch Soziale Arbeit sein darf.

Was heute außerdem wichtig war: Der Sächsische Landtag hielt heute eine Schweigeminute für die Todesopfer der Corona-Pandemie ab. Außerdem lehnte das Parlament einen Antrag der AfD ab, der beinhaltete, dass sich Sachsen auf Bundesebene dafür einsetzen solle, dass die Corona-Maßnahmen größtenteils aufgehoben werden.

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