Das Bundesverfassungsgericht erklärte heute, dass das Klimaschutzgesetz teils nicht mit den Grundrechten vereinbar ist und der Gesetzgeber im Interesse nachkommender Generationen deshalb nachbessern muss. In Leipzig wird außerdem vor einem falschen Arzt gewarnt und es werden Zeug/-innen im Fall eines versuchten Mordes gesucht. Außerdem: AfD wirbt um Querdenker/-innen und es soll ein Impfzertifikat für EU-Reisen kommen. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 29. April 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Erfolgreiche Klimaklage

Das 2019 verabschiedete deutsche Klimaschutzgesetz ist in Teilen nicht mit den Grundrechten vereinbar, entschied heute das Bundesverfassungsgericht. Es fehlten ausreichende Vorgaben für die Minderung der Emissionen ab dem Jahr 2031, heißt es aus Karlsruhe. Verfassungsbeschwerden mehrerer Klimaschützer/-innen, unter anderem der Fridays For Future-Bewegungen, waren damit teils erfolgreich. Bei der Entscheidung bezieht sich das Gericht auf Artikel 20a des Grundgesetzes. Darin heißt es: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

In dem Gesetz seien nämlich lediglich bis zum Jahr 2030 Maßnahmen für eine Emissionsverringerung vorgesehen. Damit würden die Gefahren des Klimawandels auf Zeiträume danach und damit zulasten der jüngeren Generationen verschoben, so die Richter/-innen. Einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur wie geplant auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei dann nur mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen machbar.

Deshalb verpflichteten die Richter/-innen nun den Gesetzgeber, bis Ende 2022 die Minderungsziele der Treibhausgasemissionen ab 2031 besser zu regeln. Die bis 2030 festgelegten Klimaschutzziele seien dagegen nicht zu beanstanden.

In Leipzig fanden sich daraufhin Aktivist/-innen von Fridays, Parents und Scientists for Future vom Klimabündnis Leipzig auf dem Marktplatz zusammen, um das Urteil zu feiern.

Angriff auf das „Haus des Jugendrechtes“ im Leipziger Osten

In der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag griffen Unbekannte das „Haus des Jugendrechtes“ im Leipziger Osten an – mit Steinen und Farbe. Das Gebäude in der Witzgallstraße 22 vereint seit Februar 2015 die Jugendgerichtshilfe der Stadt Leipzig, die Leipziger Staatsanwaltschaft und das zuständige Kommissariat der Leipziger Polizei.

Hierbei wird mit jungen Intensivtäter/-innen gearbeitet, um mit schnellem und gezieltem Handeln einer „verfestigten kriminellen Langzeitkarriere“ entgegenzuwirken.

Die Täter/-innen erläuterten den Angriff auf dem linken Online-Portal indymedia: „Nach den Hausdurchsuchungen im Stadtteil Connewitz am Mittwoch haben wir unserer Wut noch etwas Ausdruck verliehen (…). Uns ist bewusst, dass es nicht im Verhältnis zu dem steht, was an dem Tag passiert ist. Dennoch war es uns wichtig, auch nach misslungener Sponti, wenigstens noch eine kleine Antwort in Form von Farbe und Steinen zu liefern.“

Man wolle damit solidarische Kritik äußern. Ständig würde in den Stadtteil mobilisiert werden, oft könnten spontane Demonstrationen nicht stattfinden – „ein gefundenes Fressen für den Überwachungsstaat, welcher seelenruhig durch den Park schlendern und Gesichter aufnehmen kann.“

AfD wirbt „Querdenken“-Szene als Wähler/-innen an

Gemeinsame Spiegel- und ZDF-Recherchen haben ergeben, dass die AfD in Telegramgruppen die dort sehr aktive „Querdenken“-Szene als Wähler/-innen mobilisieren will. Dafür wurden Tausende Chatgruppen von radikalen Rechten, Corona-Leugner/-innen und AfD-Funktionär/-innen ausgewertet.

Die AfD wolle das „große Wachstumspotenzial und die Öffentlichkeit nutzen sowie versuchen, neue Wähler im esoterischen Milieu zu erschließen“, sagt Josef Holnburger, Geschäftsführer der Denkfabrik Cemas, der die Datenanalyse begleitet hat. Peter Boehringer betreibt beispielsweise den größten Telegram-Kanal unter allen AfD-Bundestagsabgeordneten.

Seine Verschwörungserzählungen zur Corona-Pandemie werden der Untersuchung zufolge tausendfach geteilt, nicht zuletzt vom extrem rechten Verschwörungsideologen Oliver Janich.

Zulassungshürden für kleine Parteien gesenkt

Wegen der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie will die Große Koalition die Zulassungshürden zur anstehenden Bundestagswahl für kleine Parteien absenken. Demnach solle die Zahl der für Kreiswahlvorschläge und Landeslisten nach dem Bundeswahlgesetz erforderlichen Unterstützerunterschriften auf ein Viertel abgesenkt werden, heißt es in einem schriftlichen Vorschlag von Union und SPD, der dem Spiegel vorliegt.

Die Grünen verlangten in einem eigenen Gesetzentwurf eine Absenkung der Unterstützerunterschriften auf 30 Prozent des derzeit geltendes Wertes. Die Bayernpartei und die MLPD hingegen wollten bereits am Dienstag, 27. April, einen Schritt weitergehen und hatten beim Bundesverfassungsgericht gegen die Pflicht zur Einreichung von Unterstützungsunterschriften geklagt.

Die beiden Parteien argumentierten, dass die Unterschriftensammlungen unter den derzeitigen Bedingungen deutlich schwieriger seien und dadurch ihre Chancengleichheit verletzt werde. Die Klage wurde jedoch abgelehnt.

Baumärkte müssen komplett schließen

Baumärkte in Sachsen müssen bei einer 100er-Inzidenz komplett und unverzüglich schließen. Dies gelte auch für die Gartenabteilungen der Baumärkte, so das Sächsische Sozialministerium. Derzeit sieht man in vielen Unternehmen im Freistaat Abgrenzungen, um die Gartencenter von den Bauabteilungen zu trennen und somit weiterhin Shopping  zu ermöglichen. Das ist laut Ministerium aber rechtswidrig.

Mit Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes gelten diese Regelungen seit Samstag, 24. April. Bis zu einer Wocheninzidenz von 150 (bisher noch in den Städten Dresden und Leipzig) dürfe man aber weiterhin „Click & Meet“ anbieten, inzidenzunabhängig „Click & Collect“.

Stand: 29. April 2021, Quelle: Robert-Koch-Institut. Screenshot: LZ
Stand: 29. April 2021, Quelle: Robert-Koch-Institut. Screenshot: LZ

Impfzertifikat für EU-Reisen ab Juni

Am gestrigen Mittwochabend hat sich das Europaparlament für die Einführung eines EU-weiten Impfzertifikats ausgesprochen. Geimpfte, Genesene und negativ Getestete sollen damit von Reisemaßnahmen innerhalb der EU teilweise befreit werden. Die Einführung soll im Juni beginnen und für alle EU-Ländern gelten. Mit der Bescheinigung sollen Impfungen gegen das Coronavirus, aktuelle negative Testergebnisse und überstandene COVID-19-Erkrankungen nachgewiesen werden können, digital und in Papierform.

Doch es könnte auch zu Schwierigkeiten in den nun anstehenden Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten kommen. Denn das EU-Parlament fordert beispielsweise, dass für nachweislich Geimpfte oder negativ Getestete bei Grenzübertritten innerhalb der EU keine Quarantäne- oder Testpflichten mehr gelten dürfen. Die Staaten wollen sich hingegen nicht zu solchen Regeln verpflichten lassen.

Für Deutschland kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) derweil eine Gesetzesänderung an, die die Nutzung eines digitalen Corona-Impfpasses noch in diesem Quartal möglich machen soll. Neben Arztpraxen und Impfzentren sollen auch Apotheken das digitale Dokument ausstellen können.

Falscher Arzt und versuchter Mord in Leipzig

Sascha Robert gibt sich in seiner eigenen Praxis als auch im Internet als Arzt aus und behandelt mutmaßlich auch Patient/-innen. Die Sächsische Landesärztekammer sprach nun eine Warnung vor dem mutmaßlich falschen Arzt aus. Dieser besitzt nach derzeitigen Erkenntnissen keine Approbation als Arzt und ist kein Mitglied der Sächsischen Landesärztekammer. Seine „Privatpraxis für Allgemeinmedizin Dr. med. Sascha Robert. Notdienstpraxis“ in der Dieskaustraße 210, 04249 Leipzig, ist auch im Internet zu finden.

Die Sächsische Landesärztekammer empfiehlt Patient/-innen nachdrücklich, stattgehabte Behandlungen der Polizei mitzuteilen.

Derweil sucht die Kriminalpolizei nach Zeug/-innen im Fall eines versuchten Mordes am Bayerischen Bahnhof/Leipzig. Dem Tatverdächtigen (19) liegt zur Last, einen 17-jährigen Geschädigten am 13. April 2021 gegen 22:15 Uhr zunächst mit einem spitzen Gegenstand schwer verletzt und nachfolgend von diesem Bargeld gefordert zu haben. Der 17-Jährige kam der Aufforderung nach.

Zunächst soll die Auseinandersetzung im Bereich des Bayerischen Bahnhofs stattgefunden haben und verlagerte sich nach zunächst erfolgter Flucht des 17-Jährigen bis in den Bereich der Straße des 18. Oktober, Hausnummer 2. Zeug/-innen werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei, Dimitroffstraße 1 in 04107 Leipzig, Tel. (0341) 966 4 6666 zu melden.

Worüber die LZ heute berichtet hat: 26 Millionen Euro werden in die Modernisierung des Bahnhofs Borna investiert, die am 3. Mai beginnt.

Das ewig währende Hin und Her um den Bau des Sportmuseums in Leipzig.

Was heute außerdem wichtig war: Die Pandemie-Lage in Indien wird immer dramatischer. Allein in den vergangenen 24 Stunden registrierte das indische Gesundheitsministerium 379.000 Neuinfektionen und 3.645 Verstorbene. Damit liegt die Gesamtzahl der Toten in dem Land bei knapp 205.000 – Expert/-innen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

Ein erstes Flugzeug mit Hilfsgütern aus den USA landete im Laufe des Tages. Die deutsche Bundeswehr bringt ab Samstag, 1. Mai, Soldat/-innen und Geräte nach Indien.

Ein 55-Jähriger, der an der Dresdner „Querdenken“-Demonstration am 13. März 2021 beteiligt war, wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Dresden wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt.

Auf der eigentlich untersagten Veranstaltung drohte der Verurteilte an, mit einer Waffe zurückzukommen und um sich zu schießen.

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