Nach dem Verbot einer spontan angemeldeten Versammlung am 3. Juni hat „Fridays for Future“ Klage gegen die Stadt Leipzig eingereicht. Außerdem hat die „Letzte Generation“ heute ein Uni-Gebäude in Halle besprüht, nachdem am Montag bereits die Uni Leipzig Ziel einer ähnlichen Aktion geworden war. Und: Die Leipziger Theatergruppe, die seit dem Wochenende in Israel festsaß, konnte inzwischen großteilig ausreisen. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 10. Oktober 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Nach Sprüh-Aktion in Leipzig: „Letzte Generation“ färbt auch Uni Halle orange ein

Nachdem die Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“ am Montag die Fassade der Universität Leipzig mit oranger Farbe besprüht hatten, fand heute eine ähnliche Aktion an der Universität Halle/Saale statt. Am Dienstagmorgen, dem 10. Oktober 2023, besprühten zwei Personen die Glasfassade des Auditorium maximum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU).

Die „Letzte Generation“ will nach eigenen Angaben zum Semesterstart mit den Sprüh-Aktionen sowohl die Universitäten zum Handeln gegen die Klimakrise auffordern als auch Studierende für Klimaaktivismus mobilisieren.

„Die Klimakipppunkte kippen jetzt – nicht, wenn das Studium vorbei ist“, erklärte eine an der Aktion beteiligte Aktivistin vor dem Gebäude am Universitätsplatz. „Es bringt uns nichts, ein fertiges Studium zu haben und einen tollen Job ausüben zu wollen, wenn wir Nahrungsmittelknappheit und Trinkmittelknappheit in Deutschland haben.“ Deshalb müsse man jetzt handeln und „Widerstand leisten“, anstatt in den Vorlesungen sitzen zu bleiben, als würde das Leben einfach weitergehen, betonte die Aktivistin.

MLU-Rektorin Claudia Becker kritisierte die Aktion – wie auch zuvor die Leipziger Universitätsleitung bezüglich des gestrigen Vorfalls in Leipzig. „Bei allem Verständnis für das Anliegen, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen: Wir heißen diese Aktion nicht gut“, ließ Rektorin Becker heute in einer Mitteilung verlauten. Diese Art des Protestes sei kein legitimes Mittel.

Die MLU hat angekündigt, Strafanzeige gegen die Aktivist*innen zu erstatten. Das hatte unter anderem der Fraktionschef der FDP im Landtag Sachsen-Anhalts, Andreas Silbersack, heute gefordert. „Die Aktionen zeugen von der blinden Ignoranz dieser sogenannten Klimaaktivisten“, so die Meinung des Politikers. „Anders als die Aktionen der Letzten Generation forschen unsere Unis an neuen Technologien für eine klimaverträgliche Gesellschaft. Farbe an Gebäude zu sprühen, trägt genau gar nichts dazu bei.“

In Leipzig ermittelt die Polizei inzwischen wegen Sachbeschädigung. Kurz nach dem Besprühen des Neuen Augusteum hatte eine Reinigungsfirma im Auftrag der Universität die Farbe auf den ersten Blick komplett abwaschen können.

Auch die Konferenz Sächsischer Studierender (KSS), die sich als Vertretung aller Studierender in Sachsen versteht, hat sich mittlerweile in die Debatte eingeschaltet. Die Sorgen der „Letzten Generation“ müssten ernst genommen werden, erklärte die KSS heute. Die Sprüh-Aktionen seien im „fehlenden Agieren in Sachen Nachhaltigkeit an sächsischen Hochschulen“ begründet.

„Die Debatte um Klimagerechtigkeit darf sich nicht dauerhaft auf die Protestform beschränken“, forderte KSS-Referent Roman Behrends. „Wir müssen endlich über die Dringlichkeit von Klimaschutz und über erforderliche Maßnahmen reden. Die Farbe der Letzten Generation war schon am Montagabend nicht mehr sichtbar, aber von ernsthaftem Klimaschutz an den sächsischen Hochschulen ist bisher nichts zu erkennen!“

Nach Versammlungsverbot an „Tag X“: „Fridays for Future“ verklagt Stadt Leipzig

Eine andere klimaaktivistische Gruppe hat heute mit rechtlichen Schritten gegen die Stadt Leipzig für Schlagzeilen gesorgt. „Fridays for Future“ (FFF) verklagt die Stadt wegen des Verbots ihrer Versammlung am sogenannten „Tag X“. Am 3. Juni – an diesem Tag kesselte die Polizei über 1.000 Demonstrierende, darunter Kinder und Jugendliche, in Leipzig stundenlang ein – hatte FFF eine spontane Solidaritätskundgebung für die Betroffenen des Kessels angemeldet.

Die Stadt Leipzig untersagte die FFF-Versammlung mit Verweis auf eine wenige Tage zuvor erlassene Allgemeinverfügung, die Demonstrationen im Zusammenhang mit dem sogenannten Antifa-Ost-Verfahren verbot. Über die Recht- und Verhältnismäßigkeit dieser Allgemeinverfügung wurde im Nachgang von „Tag X“ viel gestritten.

FFF vertritt nun die Ansicht, dass das städtische Verbot ihrer Versammlung rechtswidrig war und hat Klage am Leipziger Verwaltungsgericht erhoben.

Pauli Albrecht hat die Klage im Namen der Klimagruppe eingereicht. „Wir mussten sehen, dass die Stadt Leipzig unsere Versammlungsfreiheit de facto ausgesetzt hat“, so Albrecht. „Insbesondere in Zeiten von zunehmendem Rechtsruck sollte es uns alle beunruhigen, dass die Polizei gerade Antifaschist*innen in diesem Ausmaß kriminalisiert und unterdrückt, während die Versammlungsbehörde immer wieder linke Versammlungen verbietet und unter Pauschalverdacht stellt.“

Leipziger Theatergruppe konnte aus Israel ausreisen

Nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel und der Ausrufung des Kriegszustands in dem Nahost-Land konnte die dort festsitzende Leipziger Theatergruppe heute ihren Heimweg antreten. Die Gruppe, bestehend aus 15 Jugendlichen und ihren Betreuer*innen, hatte seit Samstag in der Leipziger Partnerstadt Herzliya nördlich von Tel Aviv festgesessen. Mit Unterstützung der Stadt und des Städtepartnerschaftsvereins Leipzig-Herzliya konnten zwei Flüge von Israel nach Zypern für die Gruppe organisiert werden. Nur eine Person soll noch in Israel verblieben sein, sie soll am Mittwoch dann ausreisen.

Am Mittwoch sollen die Mitglieder der „Theatergruppe K“ dann weiterreisen, auf welchem Weg, ist derzeit noch unklar.

Nach Angaben der Stadt haben sich weitere Bürger*innen mit Bitte um Hilfe bei der Ausreise aus Israel an die Stadt gewandt. Die Stadtverwaltung steht nach eigener Aussage in engem Austausch mit dem Auswärtigen Amt in Berlin, erkundigt sich nach Ausreise- und Flugmöglichkeiten und bittet dort um Unterstützung.

Wie mehrere Medien am Dienstag berichteten, soll es im Gegensatz zu den Aktionen anderer EU-Staaten vorerst keine von der Bundesregierung zentral organisierte Rückholaktion deutscher Staatsbürger*innen aus Israel geben. Kritik an dieser Entscheidung übten heute unter anderem CDU und CSU. Die Regierungen von Rumänien und Bulgarien haben bereits Staatsbürger*innen mit gecharterten Maschinen aus Israel heimbringen lassen. Polen, Österreich und die Schweiz planen ähnliche Aktionen.

Vor der Sächsischen Staatskanzlei ist am Dienstag indes die Flagge Israels gehisst worden. Der Freistaat will damit ein Zeichen der Solidarität mit Israel setzen. „Die Menschen im Freistaat sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien“, hieß es am Dienstag vonseiten der Sächsischen Staatskanzlei.

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Fünf Festnahmen bei Razzia im Reichsbürger*innen-Milieu

Was heute noch wichtig war: In sechs Bundesländern hat der Staatsschutz am Dienstag die Wohnungen mutmaßlicher Reichsbürger*innen durchsucht und dabei fünf Verdächtige festgenommen. Der Spiegel hat heute eine entsprechende Recherche veröffentlicht. Einer der Festgenommenen wird verdächtigt, sich an einer geplanten Geiselnahme des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) beteiligen zu wollen. Einem anderen wird vorgeworfen, Waffen für die geplante Entführung beschaffen zu wollen. Ein weiterer Mann steht unter Verdacht, sich an Angriffen auf das deutsche Energieversorgungsnetzwerk beteiligen zu wollen.

Fliegerbombe in Cottbus entschärft

Im brandenburgischen Cottbus konnte heute eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg erfolgreich entschärft werden. Etwa 1.500 Menschen mussten vor der Entschärfung vorsichtshalber ihre Wohnungen verlassen. Die 70 Kilogramm schwere Bombe war am Freitag bei Bauarbeiten in der Spremberger Vorstadt gefunden worden.

„Wackelturm“ Leipzig wird am Mittwoch gesperrt

Was morgen wichtig wird: Der sogenannte Leipziger Wackelturm wird am Mittwoch, dem 11. Oktober 2023, wegen einer Sicherheitskontrolle gesperrt. Das hat das städtische Amt für Stadtgrün und Gewässer heute bekannt gegeben. Das Stahlbauwerk im Rosental, das offiziell Rosentalturm heißt, wird einen Tag lang auf Sicherheit geprüft und danach wieder für Besucher*innen freigegeben. Seine umgangssprachliche Bezeichnung hat der Turm aufgrund der Tatsache erhalten, dass er bei Wind in spürbare Schwingungen versetzt wird.

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