Wer die alte Ausstellung im Gohliser Schillerhaus noch sehen möchte, sollte sich sputen. Denn das Stadtgeschichtliche Museum verpasst der Ausstellung demnächst eine Frischekur. Und dafür muss das Schillerhäuschen für mehrere Monate gesperrt werden. Hier wird jetzt wirklich auf- und umgeräumt. Wegen dieser Umbauarbeiten zur Ausstellung ist das Haus und der Garten ab dem 12. September 2022 längere Zeit für den Publikumsverkehr geschlossen.

Die Sommermonate eines Jungdichters

Im heute ältesten Bauernhaus der Stadt, in der Gohliser Menckestraße, hat der junge Friedrich Schiller (1759 – 1805) auf Einladung eines Freundeskreises um den Leipziger Juristen Christian Gottfried Körner einige Wochen des Sommers 1785 in den oberen Räumen verbracht.

In dieser Zeit fand er Freunde, Gleichgesinnte, Anerkennung und dichtete im Hochgefühl des unerwarteten Aufwinds jene Verse, die heute weltweit seine bekanntesten sind – das Lied „An die Freude“. Nehmen die Forscher zumindest an. Vielleicht ist der Text auch erst in Dresden, wo er anschließend ebenso auf Einladung seines Freundes Christian Gottfried Körner weilte, fertig geworden.

Und den „Don Carlos“ darf man nicht vergessen. An dem arbeitete er tatsächlich bei seinem Sommeraufenthalt in Gohlis. Das ist das mit dem schönen Ausruf: „Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!“

Impression der aktuellen Ausstellung im historischen Bauernhaus. Foto: Stadtgeschichtliches Museum, Markus Scholz
Impression der aktuellen Ausstellung im historischen Bauernhaus. Foto: Stadtgeschichtliches Museum, Markus Scholz

Aber wenn es auf dem Schild am Haus so steht, wird er hier wohl auch an der Ode an die Freude gearbeitet haben.
Seit 180 Jahren existiert hier eine Gedenkstätte. Robert Blum war es, der wenige Jahre vor der Deutschen Revolution 1848/49 die Pforte und Gedenktafel einweihte. Seit 1961 ist das Schillerhaus Außenstelle des Stadtgeschichtlichen Museums. Die aktuelle Ausstellung aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erhält nun eine Verjüngungskur, kündigt das Stadtgeschichtliche Museum an.

In der neuen Ausstellung werden Besucherinnen und Besucher dem jungen Schiller als normalem Mitmenschen begegnen und der Weltkarriere seines Liedes folgen, durch Haus und Garten, durch Konzerthallen und Revolutionen bis hin zu den modernen Medien dieser Tage.

Runter vom Sockel: Schiller war eben auch nur Mensch

„Wir beabsichtigen, unsere Gäste nicht mit dem Schöpfergenie der ‚Kraniche des Ibykus‘, sondern einem jungen Mann bekannt zu machen, der den verhassten Job hingeworfen, den geliebten nächsten verloren, der die Behörden auf den Fersen, die Gesundheit angeschlagen und dazu Pech mit den Frauen hatte. Kurzum, im Zentrum wird ein Fünfundzwanzigjähriger stehen, für den seine Welt in einer monströsen Katastrophe unterzugehen drohte“, erklärt Steffen Poser, der die Neukonzeption der Ausstellung museumsseitig intensiv begleitet.

Mit dem Gestalterteam von Zebraluchs und deck61° habe das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig Partnerinnen und Partner gefunden, die diesen Weg mit entsprechender Sensibilität, Spielfreude und Entdeckerlust gemeinsam mit dem Museum gehen, betont dieses in seiner Ankündigung.

Der Besuch der neuen Ausstellung ist ab Samstag, 1. April 2023, wieder möglich. Dann bietet die Ausstellung und der Garten neben dem individuellen Besuch ebenso ein umfangreiches Programm an Konzerten, Theatervorführungen, Lesungen und vieles mehr.

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