„111 Orte in Leipzig, die man gesehen haben muss“ und „111 Orte für Kinder in Leipzig, die man gesehen haben muss“ hießen die bisherigen Stadterkundungsratgeber aus dem Kölner Emons Verlag. Den zweiten hat 2019 Priska Lachmann zusammengetragen, Bloggerin und Autorin aus Leipzig. Und das Buch war für viele Eltern auch im wilden Corona-Jahr 2020 des Öfteren die Rettung, wenn verzweifelt nach einem Ort gesucht wurde, wo man mit den Kindern mal was Neues entdecken konnte. Aber da gibt es ja auch noch andere Ratlose.

Gerade in den warmen Monaten, wenn die Leipziger Innenstadt genauso überlaufen ist wie der Strand Cospuden. Wo trifft man sich mit Freunden? Wo geht man mit Eltern, Lebenspartnern, lieben Gästen hin? Also mit all den Menschen, die Priska Lachmann als Lieblingsmenschen bezeichnet und mit denen man auf keinen Fall in irgendeinem wilden Gedränge, Warteschlangen und überfüllten Restaurants landen möchte?Und eigentlich macht sie es wie bei ihrem Ratgeber „111 Orte für Kinder“: Sie schaut sich um, und das nicht nur in Leipzig. Denn wer sich seine eigene Region nicht erkundet, weiß nichts über sie. Der entdeckt auch nichts und staunt nicht, was es so alles gibt und wie erfinderisch selbst die Leute da draußen sind, gleich hinter der Stadtgrenze.

Egal, ob man zum Markkleeberger See rausfährt, ans Kap Zwenkau, nach Machern oder aufs Rittergut Kössern, wo man tafeln kann wie die Ritter. Ist ja nicht so, dass Leipzig auf dem Mond errichtet wurde. Zahlreiche Menschen haben die letzten Jahre genutzt, die alte, vielfältige Kulturlandschaft wieder mit neuen Ideen zu beleben. Dazu braucht es keine siegestrunkenen Bürgermeister/-innen, die neue Kanäle bauen wollen.

Wer in der Region Leipzig behauptet, sie brauche unbedingt Wassertourismus, der ist entweder blind oder ignorant. Der sieht einfach nicht, wie reich der Tisch der wirklich aufregenden Angebote längst gedeckt ist.

Man muss sich nur aus dem Sessel bequemen und losfahren. Das kann mit einer Mondscheintour auf Leipziger Gewässern beginnen oder mit einer Floßfahrt auf dem Geiseltalsee, mit einer Rikschafahrt oder dem Besuch einer der gastlichen Burgen im Umland – Gnandstein zum Beispiel. Man kann mit der elektrischen Kutsche durch Leipzig fahren oder in der Salzgrotte in der Berliner Straße entspannen. Man kann sich die Füße von Fischen beknabbern lassen oder auch im Iglu übernachten.

Priska Lachmann hat ihre Vorschläge in Kapitel gepackt, die schon mal eine gute Orientierung sind, was die Art des wählbaren Abenteuers angeht. Denn manche lieben es, einfach mal gemeinsam aktiv zu sein. Die können sich durchaus im Kletterpark austoben oder beim Wellensurfen im Kanupark.

Andere sind lieber in aller Ruhe Arm in Arm unterwegs. Die werden wohl eher das Kloster der Wettiner auf dem Petersberg besuchen oder das schöne Schloss Rochlitz.

Und wer sich nach getaner Arbeit lieber zur Entspannung trifft, der ist vielleicht eher für eine japanische Teezeremonie oder ein Einschlafkonzert im Barockschloss Störmthal zu haben. Kreative wird es eher in einen der vielen Kreativkurse verleiten, wo man Pralinen machen lernt oder zeichnen wie die besten Künstler der Welt. Und natürlich fehlen auch nicht die Entdeckungen jener vielfältigen Gastro-Szene, wo man wirklich noch etwas Besonderes an besonderen Orten verspeisen kann – oder es zum Beispiel mit einer Food Tour auf der Eisenbahnstraße kennenlernt.

Zwischen die jeweils mit großen Fotos bebilderten Vorschläge hat Priska Lachmann dann immer noch kleine Listen gepackt, wo man einfach mal lauter kleine Tipps gebündelt findet: Adressen für internationale Küche, zehn vegane Restaurants, Saunaparadiese, gute Inliner-Strecken oder die zwölf außergewöhnlichsten Eiscafés. Man merkt es schon beim Blättern, dass man Leipzig nicht kennt, wenn man sich nicht selbst mal aufgerafft hat und auch mal in die anderen Stadtteile gefahren ist, um auf Entdeckungstour zu gehen.

Manche Ortsteile sind wie Tummelwiesen der aufregenden Idee – und das betrifft schon lange nicht mehr nur die KarLi und auch nicht mehr nur die Karl-Heine-Straße, auch wenn die bunte Gründer-Landschaft in Plagwitz und Schleußig dort ein besonders dichtes Geflecht der pfiffigen Ausflugsziele geschaffen hat. Aber der Leipziger Osten rund um die Eisenbahnstraße ist mittlerweile genauso quirlig.

Und wenn diese ganze Quälerei mit den Corona-Einschränkungen vorbei ist, dann wird auch die vielfältige Kultur wieder locken, wird es die Konzerte in der Kirchenruine Wachau wieder geben, die Seebühne am Biedermeierstrand, die Sommertheater und Freiluft-Kinos, das Varieté und den Poetry-Slam im Neuen Schauspiel.

Natürlich sitzen all unsere Kunst-Macher in den Startlöchern. Und natürlich bekommen wir die Pandemie in den Griff und das alles darf wieder öffnen. Es ist genau das richtige Buch zur richtigen Zeit, mit dem alle so bedröppelt zum Daheimbleiben Verdonnerten schon mal träumen dürfen von der Rückkehr der Normalität, deren Schönheit und Fülle man erst so richtig empfindet, wenn sie einem über Monate verschlossen geblieben ist.

Allein schon das Wissen darum, einfach losgehen zu können und auszuprobieren, ob Priska Lachmann recht hat mit ihren Empfehlungen zu den besten Kaffees der Stadt oder den schönsten Parks in der Region, bereitet Vorfreude: Es wird wiederkommen, da können wir das Sommertheater im Garten des Schillerhäuschens wieder erleben und den Schlosspark in Trebsen, das älteste Schloss Sachsens in Püchau und wohl auch den hässlichsten Ort der ganzen Region, den Stasi-Bunker in Machern, der am schönsten ist, wenn man wieder ans Tageslicht steigt.

Und die meisten der Orte, die Lachmann vorschlägt, lassen sich wirklich gut mit Menschen besuchen, mit denen man wirklich gern ein paar schöne Stunden an besonderen Orten verbringen möchte. Die Frage, was man mit seinen Lieben unternehmen möchte, stellt sich danach nicht mehr. Man muss nur noch ausknobeln, was die Ausflugswilligen am meisten interessiert. Mancher möchte ja auch nur Schlauchboot fahren oder im Maislabyrinth verschwinden oder in aller Ruhe um den Werbeliner See fahren, um ein riesiges Schaufelrad anzustaunen.

Und wer sowieso schon regelmäßig unterwegs ist, weiß, dass auch das nur eine Auswahl ist. Quasi das Türchen in eine Welt, die die Stubenhocker schlichtweg nicht kennen. Eine Einladung, das Altbekannte zu verlassen und viele kleine neue Welten zu entdecken, die da draußen einfach nur drauf warten, dass fröhliche Leute vorbeikommen, neugierig auf was Neues, das man gemeinsam erleben kann.

Priska Lachmann Leipzig. Unterwegs mit deinem Lieblingsmenschen, Emons Verlag, Köln 2021, 16,50 Euro.

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