Am 11. September, dem Tag des offenen Denkmals, öffnete auch das Projekt Gleisdreieck seine Pforten, um interessierte Besucher/-innen „auf den neuesten Stand“ zu bringen und die aktuellen Entwicklungen rund um das geplante Kunst- und Kulturzentrum vorzustellen. Trotz des Nieselregens nutzen viele Leipziger/-innen das Angebot, warfen einen Blick auf das Gelände und die Pläne. Nur die riesigen Hallen blieben zum Betreten vorerst tabu – zu gefährlich, da das Dach einsturzgefährdet ist.

Wiedereröffnung und Umzugsstress

Es war ruhig geworden in den letzten Monaten am Gleisdreieck. Das lag vor allem daran, dass hinter den Kulissen ohne großes Tamtam gearbeitet wurde. Noch immer zwar sind die Gebäude baufällig, müssen weiterhin befreit werden von Schutt und anderen Materialien.

Der Prozess der vergangenen Monate ist dennoch sichtbar. Regelmäßig trafen sich ehrenamtliche Helfer/-innen zu Bausonntagen, um zu entkernen, aufzuräumen und zu werkeln. Ein Großteil der Kräfte floss zumal bisher in die Planung und Konzepterstellung.

Außerdem steckten die drei Begründer des Projekts und der Leipziger Club- und Kulturstiftung, die Distillery, der TV-Club und die Galerie KUB, viel Kraft in ihre eigenen Projekte. „Wir alle mussten uns in letzter Zeit viel um uns selbst kümmern“, erzählt Jan Georgi vom TV-Club, der wie alle anderen Helfer/-innen in neongelber Weste die Fragen der Besucher/-innen beantwortet.

Für den Club bedeutet das die langersehnte Wiedereröffnung im Oktober nach mehr als zwei Jahren Corona-Pause. Noch bis 2026 kann der TV-Club an seinem jetzigen Standort am Eutritzscher Freiladebahnhof bestehen bleiben. Durch die Verzögerungen bei den Bauarbeiten für das neue Stadtviertel, das auf dem Gelände entstehen soll, erhielt der Traditionsclub Aufschub.

Anders sieht es für die Distillery aus: Der Umzug steht kurz bevor. Im Januar ist endgültig Schluss am derzeitigen „Zuhause“ nahe dem Bayerischen Bahnhof. Der Techno-Club wird übergangsweise in die Messehalle 7 ziehen. Tille-Chef Steffen Kache hat das Ende der Ära an der Kurt-Eisner-Straße noch nicht vollständig realisiert. „Im Moment ist das bei mir noch nicht wirklich angekommen, dass es dann vorbei ist.“

Die Interimslösung auf der Alten Messe hat die Stadtverwaltung dem Club angeboten. Erst in diesem Monat wurde der Mietvertrag unterschrieben, jetzt muss alles ganz schnell gehen. Ab November werden die Baumaßnahmen beginnen, ab April möchte die Tille den ersten Bereich öffnen.

Auf insgesamt 4.150 Quadratmetern wird nicht nur der Club seinen neuen Platz finden, sondern auch zahlreiche Bandproberäume und Musikstudios sowie Büroflächen.

Probelauf für Studiokonzept

Zwar muss dafür auch viel saniert und umgebaut werden, der Charme des DDR-Baus aber bleibt erhalten. „In dem Gebäude gibt es bei weitem nicht so viel zu tun wie hier am Gleisdreieck. Außerdem ist es toll, dass die jetzt leerstehende Messehalle und der Platz neu genutzt werden können“, erzählen Olli und Justus von Soc Hop.

Sie und ihr Team kümmern sich um alles, was mit den künftigen Proberäumen und Aufnahmestudios zu tun hat. Geplant sind rund 40 Räume, die größtenteils fest vermietet werden. Einige wenige sollen bereits mit Equipment ausgestattet werden und stunden- oder tageweise zur Verfügung stehen, damit mehr Künstler/-innen davon profitieren können. Das Interim bietet dem Team die Möglichkeit, das Konzept zu testen und weiterzuentwickeln, in Vorbereitung auf den finalen Umzug ans Gleisdreieck.

Der ist bisher für 2030 angesetzt. Bis 2024 soll der Bebauungsplan stehen und abgesegnet sein. Ursprünglich sollte dieses Verfahren bereits in diesem Jahr abgeschlossen sein. Dennoch funktioniere die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung gut, da sind sich alle Anwesenden einig. Man stehe im ständigen Austausch. Die Stadt hat sich außerdem bereit erklärt, ein Mediationsverfahren mit den Anwohner/-innen rund um das 12.000 Quadratmeter große Gelände in die Wege zu leiten.

Nach wie vor sei der Kontakt zu den Nachbarn schwierig. Auf die Ergebnisse eines Gesprächs der im direkten Umfeld Wohnenden mit Leipzigs Baubürgermeister Thomas Dienberg warten die Mitglieder der Leipziger Club- und Kulturstiftung noch.

Zukunftsmusik

Apropos warten: In gut einem Monat, am 11. Oktober, wird überdies die Auswertung des Beteiligungsverfahrens rund um das Projekt vorgestellt. Im selben Monat beginnt obendrein eine Crowdfunding-Aktion, in der unter anderem Geld für eine Lüftungsanlage für die Messehalle 7 gesammelt werden soll.

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