Vergangene Woche hatte das Leipziger Amtsgericht fünf Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ freigesprochen, sie waren wegen Nötigung im Rahmen einer Straßenblockade im Juni 2022 angeklagt. Es war der erste Prozess dieser Art in Leipzig. Inzwischen ist klar, dass die Staatsanwaltschaft die Entscheidung nicht hinnehmen wird.

Die Blockade-Aktion im Juni 2022 auf dem Leipziger Cityring unweit vom Opernhaus wird ein Fall für das Landgericht: Die Staatsanwaltschaft hat gegen die Freisprüche von fünf Aktivistinnen und Aktivisten aus der vergangenen Woche Berufung eingelegt. Dies berichtete bereits letzten Freitag unter anderem die „Sächsische Zeitung.“

Geständnisse und Verweis auf Klimakrise

Angeklagt waren mit Maike G. (22), Elena T. (24), Leon M. (26), Pia O. (27) und Kevin H. (31) fünf Angehörige der Klimaschutz-Gruppierung „Letzte Generation“, die im Juni vergangenen Jahres den morgendlichen Berufsverkehr auf dem Innenstadtring nahe der Oper kurzzeitig zum Stoppen gebracht hatte. Wegen des raschen Einschreitens der Polizei konnten sich nur zwei von ihnen mit der Hand auf der Fahrbahn festkleben. Zum Prozess vor dem Amtsgericht war es gekommen, weil die Angeklagten gegen ihre Strafbefehle zu je 50 Tagessätzen Geldstrafe wegen Nötigung Widerspruch eingelegt hatten.

In der zweitägigen Verhandlung hatten sich alle fünf Aktivistinnen und Aktivisten geäußert und ihr Handeln im Wesentlichen eingeräumt. Als Motivation gaben sie übereinstimmend Angst vor der Klimakatastrophe an und erhoben schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung, die ihrer Pflicht zum Schutz des Lebens und der Lebensgrundlagen nicht nachkäme. Die Blockade im Juni 2022 hatte unter dem Motto „Stoppt den fossilen Wahnsinn“ gestanden.

Versammlungsfreiheit und entlastende Faktoren führten zum Freispruch

Das Gericht sprach die Angeklagten vergangenen Dienstag für viele überraschend frei: Auch wenn der Verdacht einer Nötigung gegeben sei, müssten Versammlungsfreiheit der Klimaschützer und Fortbewegungsfreiheit der Autofahrer gegeneinander abgewogen werden. Verschiedene Faktoren wie unter anderem eine grobe Vorab-Ankündigung der Blockade-Aktion, ihr Sachbezug, ihre geringen Auswirkungen und die kurze Dauer sprächen dagegen, dass die Angeklagten verwerflich gehandelt hätten, sagte Amtsrichterin Laura Jankowski in ihrer Urteilsbegründung.

Zugleich betonte sie, das Ziel des Klimaschutzes habe für den Freispruch keine Rolle gespielt: Eine Wertung, welches politische Anliegen richtig und schützenswert sei, stehe dem Gericht nicht zu.

Die Entscheidung hatte dem Antrag der Verteidigung entsprochen. Demgegenüber hatte Staatsanwältin Sabine Winkler Geldstrafen zu je 30 Tagessätzen für die Angeklagten gefordert. „Dass sie für eine gute Sache kämpfen, das sehe ich auch. Es ist wichtig, für dieses Ziel zu kämpfen. Aber der Zweck heiligt nun einmal nicht die Mittel“, so die Anklägerin in ihrem Plädoyer. „Auch Aktivisten sind an Recht und Gesetz gebunden.“ Ein „Nötigungserfolg“ sei in jedem Fall eingetreten und der Straftatbestand erfüllt.

Neue Blockade nach der Verhandlung

Bereits kurz nach den Freisprüchen hatten elf Mitglieder der „Letzten Generation“, darunter auch mehrere der eben noch im Gerichtssaal Angeklagten, erneut eine Fahrbahn blockiert, diesmal die Kurt-Eisner-Straße/Ecke Karl-Liebknecht-Straße Richtung West und Ost. Bis zur kompletten Freigabe des Fahrstreifens dauerte es diesmal über zwei Stunden. Es wurden neue Ermittlungen eingeleitet.

Mit der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt es zwangsläufig zu einem neuen Prozess am Landgericht, der nächsthöheren Instanz, wo der Sachverhalt ein weiteres Mal verhandelt werden wird. Bis es soweit ist, dürfte allerdings noch viel Zeit vergehen, zumal die Gerichte ausgelastet sind und Verfahren mit Verdächtigen in Untersuchungshaft priorisiert bearbeitet werden müssen.

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