Vor vier Wochen, das war vor der Bundestagswahl, mit der Aufmerksamkeitsspanne von TikTok und Instagram-Videos war das in einer längst vergangenen Zeit, hatte die CDU noch Antworten auf die wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht. Nachzulesen ist das, unter anderem, in „Eine Regierungsbilanz von Rot-Grün“ vom 11. Februar 2025.
Die wirtschaftliche Lage wollte man mit Steuerpolitik, Bürokratieabbau, Kürzungen beim Bürgergeld und Verschärfung der Regeln bei der Migration sofort nach der Wahl verbessern. Die „Ampel“, zu diesem Zeitpunkt allerdings nur noch „Rot-Grün“, hätte das alles verbockt.
Was ist davon geblieben?
Bei den Koalitionsverhandlungen wurde diskutiert, ob die Schuldenbremse reformiert wird (das hatten CDU/CSU bisher abgelehnt), oder ob das Sondervermögen für die Bundeswehr aufgestockt und ein neues für Infrastruktur aufgelegt werden soll.
Am 4. März einigten sich CDU/CSU und SPD darauf, dass die Schuldenbremse angepasst wird. Die Verteidigungsausgaben sollen, wenn sie über 1 % des BIP liegen, von dieser ausgenommen sein. Das bedeutet im Klartext, dass kein weiteres Sondervermögen für die Bundeswehr erforderlich sein wird. Ein Freifahrtschein also.
Für die Infrastruktur soll es ein kreditfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro geben, welches grundgesetzlich verankert wird. Vorbei der Traum von der einfachen Finanzierung.
Bleibt die Schuldenbremse weiterhin?
Eine Reform der Schuldenbremse, besonders für Verteidigungsausgaben, würde im neuen Bundestag wahrscheinlich (aufgrund der Sperrminorität von Linken und AfD) keine Mehrheit finden. Für eine grundlegende Reform der Schuldenbremse soll es später eine Expertenkommission geben. Um diese dann durchzubekommen, wird man vielleicht den Linken ein „Zuckerl“ hinhalten im Bereich Soziales, oder den Rechten im Bereich Migration, um diese Reform mehrheitsfähig zu machen.
Fakt ist: Die Zeit drängt, denn: Ob nun eine Reform der Schuldenbremse oder ein im Grundgesetz verankertes Sondervermögen bevorzugt wird, es ist immer eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich. So hieß es schon vor kurzem bei tagesschau.de: „CDU-Chef Friedrich Merz brachte nun allerdings eine Sondersitzung des noch amtierenden Bundestages ins Spiel, bei der über ein neues Sondervermögen entschieden werden könnte.“
Liegt das alles an Trump und dem Eklat zur Ukraine?
Argumentiert wird oft: Die Verweigerung weiterer Waffenhilfe der USA für die Ukraine nach dem kürzlichen Eklat, den US-Präsident Donald Trump gegen den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj vom Zaun gebrochen hat, mache eine Erhöhung eigener Verteidigungsausgaben nötig.
Das stimmt nur bedingt, zumindest den Zeitpunkt betreffend. Trump hatte bereits während des Wahlkampfes offen gesagt, dass Europa sich gefälligst selbst um seine Sicherheit kümmern soll. Die öffentliche Auseinandersetzung im Weißen Haus, der vorläufige Stopp der Waffenhilfe und die Zölle auf europäische Waren haben die Entwicklung nur beschleunigt.
Die Lösung ist gefunden
Es wird ein im Grundgesetz verankertes Sondervermögen für die Infrastruktur geben. Die Verteidigungsausgaben werden von der Schuldenbremse ausgenommen, zumindest wenn die künftigen Koalitionäre damit durchkommen.
Warum die Verankerung des Sondervermögens Infrastruktur im Grundgesetz? Ohne diese wäre das Sondervermögen haushaltswirksam, es müsste eine Notlage erklärt und das Geld im Aufnahmejahr ausgegeben werden. Damit das alles so funktioniert, muss das noch der alte Bundestag beschließen. Wie schon angeführt, ist eine Zustimmung durch den neuen fraglich.
Fazit: Friedrich Merz ist auf den alten Bundestag und die alte Bundesregierung angewiesen, wenn er seine Regierungszeit mit finanziellen Mitteln für Verteidigung und Infrastruktur beginnen will. Ohne diese Mittel wird es noch schwieriger, als es ohnehin schon ist.
Wenn es gut funktioniert, unter der finanziell besser ausgestatteten neuen Regierung, wird Merz sich den Lorbeerkranz gern aufsetzen. Wenn es schiefgeht, dann hat die alte Regierung eben zu viele Schulden gemacht. Eigentlich wollte er das doch anders lösen, oder?
Denken wir noch etwas weiter zurück. Im Juni 2024 schrieb der Autor dieses Kommentars, damals im Zusammenhang mit dem „Heizungsgesetz“: „Manchmal stelle ich mir vor, dass im Konrad-Adenauer-Haus und anderswo heute schon Menschen sitzen, die überlegen, wie man im Falle einer gewonnenen Wahl Klimaschutzmaßnahmen – dieselben, gegen die man jetzt kämpft – den Wählerinnen und Wählern vermitteln kann. Das ganz ohne zu sagen: ‚Die Grünen mit Habeck hatten recht!‘“
Sieht man das bisher bekannte Ergebnis der Koalitionsverhandlungen und vergleicht es mit Habecks Kampf um einen Deutschlandfonds, dann ist genau das eingetreten.
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Keine Kommentare bisher
Also wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht sind Koalitionsverhandlungen keine Regierung und in schwarz /rot wird kein gelber Finanzminister enthalten sein. Tatsächlich hatte Habeck schon aufgerüstet (üblicherweise auf Kosten des Sozialkrams / Klimathemen) und die neue Regierung wird dies auch weiter tun. Infrastruktur (für Militarisierung?), hihihi, glaubt auch nur die Klingbeil SPD. Aber ja, die Grünen sind genauso knallrechts wie die Union (SPD usw.). Wofür wirbt der Habeck eigentlich demnächst?