Seine Schatten vorausgeworfen hat das Großbauprojekt Dieskaustraße schon lange. 2023 wird der Komplexumbau der Straße, die Groß- und Kleinzschocher verbindet, konkret. Ab Juli kommenden Jahres soll die streckenweise arg ramponierte Straße zwischen Brücken- und Antonienstraße grundhaft ausgebaut werden. Den entsprechenden Bau- und Finanzierungsbeschluss hat jetzt auf Vorschlag von Baubürgermeister Thomas Dienberg auf den Weg gebracht.

Die Baumaßnahme ist Teil des Rahmenplans zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030, die der Stadtrat 2020 beschlossen hat und die auch die Verwaltung nicht wieder abschaffen möchte, auch wenn die CDU-Fraktion einen solchen Vorstoß initiiert hat.

Natürlich geht es um die Umverteilung von Verkehrsraum. Worum denn sonst? Auch in der Dieskaustraße, die streckenweise nichts anderes ist als eine vierspurige Einfallstraße, auf der motorisierte Verkehrsteilnehmer eben auch oft so fahren. Von Aufenthaltsqualität keine Spur, von Barrierefreiheit erst recht nicht.

Oder mit den Worten der Stadt Leipzig: „Derzeit ist der Zustand der Fahrbahn und der Straßenbahngleise in der Dieskaustraße schlecht, die Gehwege sind nicht einheitlich befestigt, Kreuzungen und Haltestellen nicht barrierefrei, die Straßenbeleuchtung veraltet. Nicht zuletzt führen fehlende Radwege und ungeordnetes Parken immer wieder zu Konflikten und mangelnder Verkehrssicherheit auf dieser Magistrale zwischen Groß- und Kleinzschocher.“

Vorstellung des Projekts Dieskaustraße mit Michael Jana, Thomasd Dienberg und Stefan Röll. Foto: Ralf Julke
Vorstellung des Projekts Dieskaustraße mit Michael Jana, Thomas Dienberg und Stefan Röll. Foto: Ralf Julke

Nur modernisiert man so ein langes Straßenstück nicht einfach so in ein paar Monaten. Das Projekt wird die Bewohner des Leipziger Südwestens vier Jahre lang in Atem halten.

Ab 2023 soll der 2,4 Kilometer lange Abschnitt nun umgebaut werden. Da auch die Gleise komplett erneuert werden, sind die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) genauso mit dabei wie die Wasserwerke, die sämtliche Wasserleitungen erneuern müssen.

Wie die Straße umgebaut werden soll

Die Gehwege werden dabei einheitlich befestigt, die Fahrbahnen grundhaft erneuert. Neben dem Fahrstreifen für Straßenbahn und Autoverkehr werden jeweils beidseitig Radfahrstreifen beziehungsweise Schutzstreifen angeordnet, um hier eine separate Radverkehrsführung zu ermöglichen.

Denn bislang gibt es auf der kompletten Strecke überhaupt noch keine Radverkehrsanlagen, wie Baubürgermeister Thomas Dienberg bei der Projektvorstellung am Montag, 7. November, erklärte.

Geplante Umgestaltung der Kreuzung Dieskaustraße / Arthur-Nagel-Straße / Bismarckstraße. Karte: Stadt Leipzig
Karte: Stadt Leipzig

Künftig wird längs der Fahrbahn geparkt – die baulich in den Straßenraum eingeordneten Parkplätze werden dabei mit einem Sicherheitsstreifen von den Fahrradstreifen getrennt, um sogenannte Dooring-Unfälle zu vermeiden. Dann gibt es 170 ausgewiesene Stellplätze, weniger als die derzeit 235 Stellplätze.

Aber irgendeinen Effekt muss ja die Verbesserung des Straßenbahnangebots in der Straße haben, sagte Stefan Röll, Bereichsleiter Infrastruktur der Leipziger Verkehrsbetriebe, zu diesem Thema. Denn nicht nur werden alle sechs Haltestellen in diesem Straßenabschnitt barrierefrei umgebaut.

Ab 2027 werden auch die neuen, breiteren Straßenbahnen zum Einsatz kommen, die die LVB ab 2024 sukzessive in Dienst nehmen wollen. Das Angebot verbessert sich also deutlich.

Was die LVB bauen

Nach den umfassenden Gleisbauarbeiten der Leipziger Verkehrsbetriebe am Adler schließen sich nun deren Arbeiten auf der Dieskaustraße direkt an: Vom Adler bis zur Huttenstraße werden ab 2024 insgesamt 2.400 Meter neue Gleise verlegt, die Fahrleitungen, der Bahnstrom und die Niederspannung erneuert.

Darüber hinaus entstehen sechs barrierefreie Haltestellen – der stadteinwärtige Haltepunkt Adler/Dieskaustraße, zudem die Schwartzestraße, Kötzschauer Straße, Arthur-Nagel-Straße, Kunzestraße sowie Huttenstraße.

Straßenzustand im nördlichen Teil der Dieskaustraße. Foto: Ralf Julke
Straßenzustand im nördlichen Teil der Dieskaustraße. Foto: Ralf Julke

An der Radrennbahn in der Windorfer Straße wird außerdem ein neues Gleisdreieck gebaut, wo die Straßenbahnen auch im Havariefall wenden können. Perspektivisch soll es hier auch die nötige Anbindung der Radrennbahn geben, falls es dort mal wieder größere Veranstaltungen geben sollte.

2027 wird dann entsprechend die bestehende Gleisschleife Pörstener-/Luckaer-/Kötzschauer Straße zurückgebaut. Was für diesen Straßenzug bedeutet, dass diese Anliegerstraßen ebenfalls neu gestaltet und anliegerfreundlicher ausgebaut werden können.

Radverkehr und viel mehr Bäume

175 Radbügel und 15 Stellflächen für Lastenräder werden im Baubereich eingeordnet, zudem zwei neue Mobilitätsstationen eingerichtet, sodass auch neue Angebote zum Betanken von E-Fahrzeugen entstehen.

Die Straßenbeleuchtung wird komplett ausgetauscht und auf emissionsarme LED-Leuchten umgestellt. Die acht Kreuzungen, die sich im Bauabschnitt befinden, werden teilweise umfassend umgestaltet und barrierefrei, etwa durch Gehwegnasen und Bodenindikatoren.

Eine besonders gründliche Umgestaltung erfährt zum Beispiel die Kreuzung an der Arthur-Nagel-Straße, wo jetzt noch ungebremst in die Bismarckstraße eingebogen werden kann. Das soll sich auch deshalb ändern, weil hier gerade ein neuer großer Schulcampus entsteht.

Die Verkehrsinsel wird aufgelöst und stattdessen eine einzige Zufahrt in die Arthur-Nagel-/Bismarckstraße geschaffen und die komplette Kreuzung mit einer großen Ampelanlage ausgestattet.

Und ähnlich radikal wird die ähnlich unübersichtliche Situation an der Schwartzestraße umgestaltet.

Die Dieskaustraße soll durch den Umbau auch deutlich grüner werden: 183 neue Bäume werden gepflanzt, allein 110 unmittelbar an der Dieskaustraße – darunter Säulentulpen, Hainbuchen, Platanen und Spitzahorn. Gestalterisch aufgewertet werden auch die Platzfläche an der Dieskau-/Arthur-Nagel-Straße sowie der Vorplatz der Radrennbahn. Auch hier ist deutlich mehr Grün vorgesehen, um die Aufenthaltsqualität in der Straße zu verbessern.

Verkehrssituation an der Schwartzestraße. Foto: Ralf Julke
Verkehrssituation an der Schwartzestraße. Foto: Ralf Julke

Und deshalb reichen Teile der Bauarbeiten auch in einige Nebenstraßen hinein: In den anliegenden Teilen der Kötzschauer Straße, Luckaer Straße und Pörstener Straße sind im Zuge der Arbeiten ein grundhafter Ausbau der Verkehrsanlagen vorgesehen.

Kosten und Bauabschnitte

Die Gesamtkosten für Planung und Bau betragen etwa 21,8 Millionen Euro, bei einem städtischen Anteil von knapp 16 Millionen Euro. Die Leipziger Verkehrsbetriebe investieren für ihre Anlagen etwas über 16 Millionen Euro und die Wasserwerke planen mit knapp 9 Millionen Euro.

Und weil man 2,4 Kilometer Straße nicht in einem Rutsch bauen kann, wenn das Leben rechts und links der Straße nicht vollkommen zum Erliegen kommen soll, wird in vier Abschnitten gebaut.

Der erste Abschnitt wird ab Juli 2023 das kurze Stück von der Brückenstraße bis zur Huttenstraße sein. Hier sind die LVB noch nicht betroffen.

2024 wird dann der Abschnitt von der Antonienstraße/Adler bis zur Kulkwitzer Straße gebaut. Ab hier treten dann auch für die LVB erste Umleitungspläne in Kraft, da die Straßenbahn in der Bauzeit ja nicht durch die Dieskaustraße fahren kann. An den Umleitungsplänen, so Michael Jana, Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes der Stadt Leipzig, werde derzeit noch gearbeitet.

Für 2025 und 2026 sind dann die Abschnitte von der Kulkwitzer Straße bis zur Bismarckstraße und von der Bismarckstraße bis zur Huttenstraße geplant. Die Baumannschaften arbeiten sich quasi vom Adler systematisch bis nach Großzschocher vor.

Die einzelnen Straßenabschnitte müssen im Bauzeitraum für den Straßenbahn- und Kfz-Verkehr teilweise voll gesperrt werden. Für die Straßenbahn wird es einen Schienenersatzverkehr geben.

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Es gibt 2 Kommentare

Auf die Umleitungsplanung für den Abschnitt Kulkwitzer Str Bismarckstr. bin ich gespannt, weil das der eigentliche Flaschenhals bei den Bauarbeiten ist.
Zumindest für Radfahrer hätte man aber si noch bis 2025 Teit endlich den asphaltierten Weg durch das Küchenholz wieder in einen tauglichen Zustand zu versetzen. Aber angeblich gibt es da ja kein Asphalt (in der Stadtverwaltung sind offenbar viele Blinde).

Wird ja mal langsam Zeit, bin da manchmal mit dem Rad unterwegs. Jedenfalls wenn ich nicht durchs Küchenholz fahre. Was mich wundert ist folgende Aussage:
“Denn bislang gibt es auf der kompletten Strecke überhaupt noch keine Radverkehrsanlagen, wie Baubürgermeister Thomas Dienberg bei der Projektvorstellung am Montag, 7. November, erklärte.”
Was ist dann das Stück Radweg auf dem Fußweg im Bereich zwischen Hornstraße und Windorfstr.

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