Mit einem Großaufgebot aus 14 Bundesländern ist die Polizei angerückt, um den Klimaprotest im vom Abbaggern bedrohen Dorf Lützerath (NRW) abzuräumen. Ein sehr bunter und großenteils friedlicher Protest. Doch das martialische Vorgehen der Polizei erzeugt – wie zu erwarten – auch Gegenwehr. Und die dominiert seit Sonntag die medialen Schlagzeilen. Doch dafür gibt es jetzt deutliche Gegenrede von den Parents for Future.

Denn die Parents for Future finden es inakzeptabel, wenn Medien wie der „Spiegel“ die Inhalte der Proteste und die tatsächlichen Ereignisse im Protestcamp überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen und dafür die Konflikte bei der Begegnung mit den Polizeikräften zuspitzen und übertreiben. In einer öffentlichen Stellungnahme fordern sie die Medien zu einer objektiven Berichterstattung auf.

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Die Stellungnahme von Parents for Future

Für eine faire Berichterstattung – gegen die Kriminalisierung klimabewegter Menschen

Parents for Future Germany fordert die Medien zu objektiver Berichterstattung auf

„Aktivisten stürmen Gelände und werfen Steine auf Polizei“, so titelt Zeit Online und der Spiegel schreibt: „Aktivisten bewerfen Polizisten und stürmen Veranstaltungsgelände“.

Viele Menschen aus den Ortsgruppen der Parents for Future waren am Sonntag zum Dorfspaziergang nach Lützerath angereist. Einige aus Hamburg mit großer Verspätung, weil sie durch eine dreistündige polizeiliche Maßnahme am Weiterreisen gehindert wurden.

Als Parents for Future ist der gewaltfreie Protest Grundlage unseres Selbstverständnisses. Und so haben wir auch den Sonntag in Lützerath erlebt – friedlich und voller Kreativität, gemeinsam mit Tausenden anderen, die deutlich gemacht haben, dass die Eindämmung der Erderhitzung ein Anliegen aller Bevölkerungsteile ist.

Sowohl in der unangemessenen Durchsuchung und den erkennungsdienstlichen Maßnahmen der Hamburger Parents for Future durch die Polizei, als auch in der Berichterstattung über die Versammlung am Sonntag in Lützerath, sehen wir eine Kriminalisierung der gesamten Klimabewegung. Wir bestreiten nicht, dass es in einem Fall zu Steinwürfen gekommen sein mag, doch die mediale Darstellung, der oftmals die Berichte über vermeintliche Eskalation wichtiger sind als die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Grund des Protestes, leistet einem falschen Bild des Protestes in der Öffentlichkeit Vorschub.

„Natürlich gab es vereinzelte Aktionen wie Steinwürfe oder ein abgetretener Spiegel an einem Polizeiwagen. Es wäre Quatsch, das zu verneinen. Aber! Das zum zentralen Thema der Berichterstattung zu machen, ist schlicht unjournalistisch. Ich war vor Ort und habe an einem friedlichen Protest mit Konzert bis Drachensteigen teilgenommen“, so Katja Diehl, Buchautorin.

Letztlich lenkt die mediale Fokussierung auf wenige, militante Momente in Lützerath von den Rechtsbrüchen der Regierenden ab – sowohl von der wissentlichen und bewusst entschiedenen Nicht-Einhaltung des Pariser Klimaübereinkommens und des deutschen Klimaschutzgesetzes, als auch von der Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Freiheit kommender Generationen. Zudem wird einer gewaltsamen Räumung durch die Polizei damit der Boden bereitet.

Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der auch die Medien ihren Beitrag leisten müssen. Dazu gehört eine Berichterstattung, die es ernst meint mit der Vermittlung von Hintergründen und Fakten und die nicht auf Clickbaiting und Verkaufszahlen schaut. Und die sich auf allen Seiten informiert, z.B. wenn es um Teilnehmer/-innenzahlen von Protestveranstaltungen geht.

Denn wie kann es sein, dass die Veranstalter/-innen von 7.000 und die Polizei von 1.000 bis 1.200 Demonstrierenden berichtet und die Presse sich letztlich auf die Zahlen der Polizei stützt? Fairer Journalismus, eine ausgewogene Berichterstattung und die Vermittlung der Hintergründe der Klimakrise stärken die Demokratie, helfen der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken und schaffen ein konstruktives Verständnis für die Probleme und die Lösungen in Zeiten der Klimakrise. Der Widerstand gegen die Zerstörung Lützeraths und die Verbrennung der Kohle unter dem Dorf ist vielschichtig, in allen Bevölkerungsteilen zu finden und viel bedeutender als ein Steinewerfer am Sonntagabend.

Wir fordern alle Journalist/-innen auf, sich ihrer besonderen Verantwortung bewusst zu sein, die Wichtigkeit einer Information objektiv zu gewichten und ihrer Rolle als „Vierte Macht im Staat“ gerecht zu werden.

Schauen Sie genau hin, wer in Deutschland im Klimaschutz das Recht beugt!

Parents for Future Germany
Markus Burbach

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