Mehr als 12 Millionen Menschen in deutschen Städten sind an ihrem direkten Wohnort extremer Hitzebelastung ausgesetzt – das belegt der zweite bundesweite Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter 190 Städten mit über 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Dabei wurde nicht nur auf die Städte insgesamt geschaut, sondern erstmals mit einem „Hitzebetroffenheitsindex“ erfasst, wie viele Menschen innerhalb der Kommunen in stark belasteten Gebieten leben – also dort, wo hohe Temperaturen, dichte Versiegelung und zu wenig Grün zusammentreffen.

Die Ergebnisse sind alarmierend: 31 Städte erhalten eine Rote Karte, 131 eine Gelbe Karte und 28 eine Grüne Karte. Die Analyse basiert auf umfangreichen Satellitendaten, die in Kooperation mit der Potsdamer Luftbild Umwelt Planung GmbH ausgewertet wurden.

Besonders betroffen sind Städte im Süden Deutschlands: In Mannheim, Ludwigshafen und Worms leiden besonders viele Menschen unter Hitze. Hier leben 88 bis 91 Prozent der Bevölkerung in stark belasteten Gebieten. Städte mit Grüner Karte wie Kiel, Wilhelmshaven oder Flensburg liegen vor allem im Norden. Sie profitieren von vergleichsweise moderaten Sommertemperaturen.

Doch auch dort gibt es Handlungsbedarf: Einige weisen Versiegelungsanteile von über 45 Prozent auf und müssen in den kommenden Jahren dringend in Grünflächen investieren. Denn mit fortschreitender Klimakrise werden auch sie künftig noch stärker von Hitze betroffen sein.

„Unser Hitze-Check ist ein Alarmsignal und sollte ein Weckruf für Kommunal-, Landes- und Bundespolitik sein“, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH. „Er zeigt klar auf, wo der Handlungsbedarf, Grünflächen zu schaffen, am dringlichsten ist. Ab sofort muss die Begrünung von Städten und der Erhalt von Bäumen genauso priorisiert werden wie Wohnungsbau und die jeder anderen Infrastruktur. Von den 34 Millionen Menschen in den untersuchten Städten sind 32 Millionen von mittleren und extremen Hitzebelastungen betroffen.

Rund 3.000 Menschen sterben hierzulande jedes Jahr an den Folgen extremer Hitze. Wir fordern verbindliche Mindestgrünanteile auf jedem Grundstück, Gebäude und im öffentlichen Raum. Bauministerin Hubertz und Umweltminister Schneider sowie alle zuständigen Landesministerinnen und -minister müssen entsprechende Vorgaben etwa in Form eines Grünflächenfaktors im Baugesetzbuch und in allen Landesbauordnungen verankern. Die Kommunen brauchen zudem die notwendige finanzielle Unterstützung, um die Städte zu begrünen für die Gesundheit der Bevölkerung.“

Leipzig schrammt knapp an der Roten Karte vorbei

Leipzig gehört zu den 131 Städten, die eine Gelbe Karte bekommen. Mit einem Hitzebetroffenheitsindex von 16,10 liegt Leipzig freilich – genauso wie Halle und Stuttgart – nur ganz knapp unter dem Level für die Rote Karte. Lediglich 0,83 Prozent der Stadtbevölkerung sind von Hitze praktisch nicht betroffen. 46,70 Prozent leben in Stadtgebieten, in denen eine mittlere Hitzebelastung herrscht. Aber die meisten Leipziger – 52,47 Prozent – sind von Hitze stark betroffen.

Zur Hitzebetroffenheit von Leipzig im DUH-Hitze-Check. Grafik: DUH
Hitzebetroffenheit von Leipzig im DUH-Hitze-Check. Grafik: DUH

Eine wesentliche Rolle dabei spielt die – trotz Auwald – geringe Ausstattung mit kühlendem Grün in vielen Quartieren, kombiniert mit dem hohen Versiegelungsgrad von 44,94 Prozent. Beides sind Faktoren, an denen man durchaus etwas ändern kann. Aber die Streitfälle der jüngsten Vergangenheit zeigen auch, wie sehr es gerade hier zu Konflikten kommt – etwa beim nach wie vor hohen Bedarf an neuem Wohnraum.

Mit einer Oberflächentemperatur von 35,43 °C gehört Leipzig zu den Städten, die sich besonders stark aufheizen.
Ermittelt wurde diese Oberflächentemperatur aus Satellitendaten (Juni–August, 2019–2024), jeweils zwischen 12 und 13 Uhr. Alle wolkenfreien Aufnahmen wurden gemittelt, um wetterbedingte Schwankungen auszugleichen, erläutert die DUH diesen Wert.

Die von der Stadt Leipzig im Jahr 2022 veröffentlichten Karten zur Hitzebelastung zeigen, wie gerade baumlose große Flächen wie die Gleisfelder am Hauptbahnhof oder die riesigen Straßenkreuzungen am Ring zu regelrechten Hitzehotspots werden. Die dicht bebaute und fast komplett versiegelte Innenstadt wird dabei regelrecht zum Brutofen.

Allein diese Karte zeigt, wo die Stadt eigentlich handeln müsste, um gerade die Hitzeschwerpunkte zu entschärfen. Dort, wo Wald und Park ins Stadtgebiet reichen, sind die Temperaturen im Sommer um bis zu 20 Grad niedriger. Was eigentlich genug Faktenbasis bietet, um die Stadt systematisch zu entsiegeln und so weit wie möglich zu begrünen.

Die DUH ruft Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Stadt direkt zu mehr Hitzeschutz aufzufordern. Möglich ist das einfach online unter www.duh.de/hitze-check.

„Geografische Hitzebetroffenheitsindizes wie dieser können zu einer effizienteren, effektiveren und sozial gerechteren Klimaanpassungspolitik beitragen“, erklärt Sascha Gey, Leiter der Bereiche Datenanalytik und Öffentlichkeitsarbeit bei der LUP – Luftbild Umwelt Planung GmbH. „Damit liegt Städten und Kommunen ein konkretes Planungswerkzeug vor, um sich gegen zunehmende Hitzeereignisse zu wappnen – und Maßnahmen dort umzusetzen, wo Bürgerinnen und Bürger sie am dringendsten brauchen.“

Der DUH-Hitzecheck

Der Kern der diesjährigen Weiterentwicklung des Hitzechecks der DUH liegt im Hitzebetroffenheitsindex (HBI). Für dessen Berechnung werden bewohnte Flächen einer Stadt in 100 Quadratmeter große Raster unterteilt und anhand von vier Indikatoren ausgewertet: Neben der Versiegelung und dem Grünflächenvolumen, die die DUH bereits im Hitzecheck 2024 erhoben hat, sind die Oberflächentemperatur und die Bevölkerungsdichte hinzugekommen.

Stark oder schwach betroffene Gebiete werden als solche definiert, wenn der HBI-Wert mehr als eine Standardabweichung höher oder niedriger ist als das deutschlandweite Mittel. So lässt sich neben dem absoluten HBI ebenfalls ermitteln, wie sich die Hitzebetroffenheit der Bevölkerung in einer Stadt verteilt. Eine ausführliche Methodenerklärung finden Sie in den Links.

Beim ersten Hitze-Check hat die DUH die Versiegelung und das Grünflächenvolumen betrachtet und daraus ein Ranking erstellt. Für die Gesamtbewertung wurden die Flächenversiegelung und das Grünvolumen kombiniert betrachtet, wobei die Flächenversiegelung stärker gewichtet wird. Dabei erhielten 24 Städte eine Rote Karte, 82 eine Gelbe Karte und 84 eine Grüne Karte.

Die negativen Spitzenreiter damals waren Ludwigshafen, Heilbronn und Regensburg, weil sie am stärksten versiegelt waren und gleichzeitig zu wenig Grünvolumen geboten haben.

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