In Leipzig waren die sogenannten Schottergärten schon mehrfach Thema im Stadtrat. Und Leipzigs Verwaltung ist sich vollkommen sicher, dass die Leipziger Vorgartensatzung völlig genügt, die nun einmal auch eine gartenähnliche Nutzung der Vorgärten vorschreibt. Dass das oft nicht so ist, läge vor allem an fehlendem Kontrollpersonal. Aber aus Sicht der Linken gehört das Thema auch in die Landesgesetzgebung.

Dazu meldete sich am Dienstag, dem 23. August, Antonia Mertsching, Sprecherin der Linksfraktion für Umweltpolitik, zu Wort.

Der Unsinn der Vorgarten-Versiegelung

Zuvor hatte der Leiter des Umweltamtes Dresden, Wolfgang Socher, einem Schottergärten-Verbot durch die Landeshauptstadt eine Absage erteilt. Die unlängst von der Kenia-Koalition geänderte Bauordnung des Freistaates eröffne diese Möglichkeit nicht, anders als in Bayern, machte er geltend. Und stellte damit die Behauptung in den Raum, Kommunen könnten diese Sache überhaupt nicht regeln.

Obwohl selbst den Eigentümern dieser mit Steinen und Schotter versiegelten Vorgärten in diesem Hitzesommer klar geworden sein dürfte, dass diese trostlose Gestaltung nicht nur jegliches Grün und den Aufenthalt von Insekten unterbindet, sondern auch massiv zur Aufheizung des eigenen Grundstücks beiträgt.

Also brauche es wohl doch eine klare sächsische Regelung, die auch in der Bauordnung vorschreibt, dass Vorgärten wie Gärten angelegt sein müssen, findet Antonia Mertsching. Denn nicht nur Dresdner Amtsleiter haben augenscheinlich Probleme, den Häuslebesitzern in der Stadt den Unsinn dieser Gartenverschotterung klarzumachen.

Ein Schlupfloch in der Bauordnung

„Wir wollten im Frühjahr gesetzlich für Klarheit und Verbindlichkeit sorgen, was Schottergärtenverbote durch die Kommunen angeht (Drucksache 7/5936), um diesen schädlichen Trend zu stoppen“, sagt Mertsching. Und zeigt sich gleichzeitig irritiert: „Insbesondere die Grünen haben uns daraufhin erklärt, das sei nicht nötig, weil die Kommunen solche Verbote erlassen dürften und darüber auch Bescheid wüssten.

Schottergärten stünden im klaren Widerspruch zur Bauordnung, deren diesbezügliche Präzisierung sei deshalb unnötig. Dennoch erreichen uns immer wieder Anfragen und Hilferufe von Kommunen, die mit der Auslegung der Rechtslage überfordert sind und sich unmissverständliche Vorgaben vom Landesgesetzgeber wünschen. Es ist also keineswegs alles gut. Die Staatsregierung muss endlich Klarheit schaffen!“

In Zeiten von Klimaerhitzung und Artensterben sei es dringend nötig, das Land zu begrünen. Aber augenscheinlich interessiert das manche Hausbesitzer nicht die Bohne.

„Wer ein Grundstück besitzt, kann grundsätzlich frei darüber verfügen. Allerdings sind Eingriffe zulässig, wenn sie dem Natur- und Umweltschutz dienen. Es gibt gute Gründe, Schottergärten zu verbieten“, findet Mertsching.

„Anders als Kies- oder Steingärten sind sie biologisch fast tot und entziehen zum Beispiel den Insekten Lebensraum, zum Nachteil aller anderen Spezies. Schottergärten beeinträchtigen die Grundwasserneubildung. Sie sind auch nicht so pflegeleicht, wie viele vermuten mögen: Zwischen den Steinen lagern sich Staub und Pflanzensamen ab, die keimen und nur mit großem Aufwand oder intensivem, regelmäßigem Pestizideinsatz beseitigt werden können. Außerdem bieten Schottergärten gute Voraussetzungen für Algenwachstum, was den Garten schnell ungepflegt aussehen lässt.“

Und dann ist der Sommer 2022 ja noch präsent, der gezeigt hat, wie sehr sich Straßen aufheizen, wenn Grün und Verschattung fehlen.

Schottergärten kühlen nicht

„Die anhaltende Hitze und Trockenheit zeigen, wie wichtig Klimaanpassung auch und vor allem in besiedelten Bereichen ist. Eine große Rolle spielen die Begrünung von Dächern und Fassaden sowie die Bepflanzung von Freiflächen. Sie sorgen für Schatten und mildern die Erhitzung, verbessern die Luftqualität, die Artenvielfalt und den Rückhalt von Regenwasser“, zählt Mertsching die Vorteile eines begrünten Gartens auf.

„Bei Starkregenereignissen entlasten begrünte Freiflächen die Kanalisation und senken damit das Überflutungsrisiko.“

Das Problem, das manche Hausbesitzer aus Schlupfloch nutzen, bezeichnete der Gesetzesantrag der Linken von 2021 so: „§ 8 Absatz 1 Satz 1 der Sächsischen Bauordnung (SächsBO) bestimmt zwar, dass die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen sowie zu begrünen oder zu bepflanzen sind. Dies gilt jedoch nur, soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen.“

Linke: rechtliche Nachbesserung nötig

„Eine solche Formulierung in der Sächsischen Bauordnung ist hinsichtlich der Erfordernisse, die der Natur- und Artenschutz an solche Flächen stellt, nicht präzise genug“, hatte die Linksfraktion ihr Anliegen formuliert.

„Um künftig eine weitere Verbreitung von Schottergärten auf nicht überbauten Grundstücksflächen von bebauten Grundstücken – insbesondere auch im innerstädtischen Raum – im Freistaat Sachsen wirksam verhindern zu können, ist eine rechtliche Klarstellung im Landesnaturschutzrecht erforderlich, wonach Schotterungen zur Gestaltung von privaten Gärten keine andere zulässige Verwendung im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 1 SächsBO darstellen.“

Und der Vorschlag zu § 9 war entsprechend noch deutlicher: „Es ist darauf hinzuwirken, dass Gartenanlagen insektenfreundlich gestaltet werden und Gartenflächen vorwiegend begrünt werden. Schotterungen zur Gestaltung von privaten Gärten sind grundsätzlich keine andere zulässige Verwendung im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 1 der Sächsischen Bauordnung (…). Gartenflächen sollen ferner wasseraufnahmefähig belassen oder hergestellt werden.“

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Es gibt 2 Kommentare

Das beste Beispiel dafür ist der Neubau der Friedrich-Ebert-Straße in Markkleeberg, wo der einzige neue Baum eine Einwohnerspende ist und die angelegten Blumenkästen (fiel mir leider kein besserer Begriff für die Objekte ein) zum größten Teil mit Rindenmulch gefüllt sind. Auch Insektenfreundlich.

Es ist traurig aber wahr: auf kommunaler Ebene sehe ich keinen Willen der Räte sich dafür einzusetzen, dass Gärten als solche anzulegen sind. Hier herrscht vorwiegend die Meinung Privatgrund sei privat. Wenn es zu kommunalen Regelungen kommen sollte, müßte die BAUAUFSICHT des Landkreises (hier der LK Leipzig) kontrollieren und sanktionieren. Dieses Amt funktioniert seit JAhren NICHT – ist total überfordert. Hatte in den letzten 7 Jahren 4 Amtsleiter (warum wohl ? Chef ist der 1. Beigeordnete Gerald Lehne – der das vollste Vetrauen von LR Henry Graichen hat) und funktioniert immer noch nicht. Eine riesen Baustelle zu Lasten von NAtur, Umwelt und Bürgern

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