Die Stadt Leipzig verbietet die für Samstag geplante „Tag X“-Demonstration. Das teilte das Ordnungsamt am Donnerstagabend mit. Die öffentliche Sicherheit sei „unmittelbar gefährdet“, heißt es zur Begründung. Die Polizei dürfte sich trotzdem auf einen Großeinsatz vorbereiten – potenzielle Teilnehmer*innen hatten angekündigt, trotz Verbots auf die Straße gehen zu wollen.

„Grundlage für das Verbot sind die Gefahrenprognosen der Polizeidirektion Leipzig sowie die Lageeinschätzungen des Landesamtes für Verfassungsschutz des Freistaates Sachsen sowie weitere Erkenntnisse der Versammlungsbehörde“, so das Ordnungsamt. Welche genauen Prognosen, Einschätzungen und Erkenntnisse das sind, bleibt zunächst offen.

Weiter heißt es, dass nur ein Versammlungsverbot geeignet sei, um einen „unfriedlichen Versammlungsverlauf“ zu verhindern. „Der Beginn der Demonstration war für 17 Uhr in der Wolfgang-Heinze-Straße angemeldet und sollte im weiteren Verlauf den Promenadenring tangieren, einen Verlauf durch die Stadt Leipzig nehmen und auf der Richard-Wagner-Straße mit einer Abschlusskundgebung enden.“

Es ist somit das zweite Verbot einer großen Antifa-Demo innerhalb von anderthalb Jahren. Bereits im Oktober 2021 hatte die Stadt ein Verbot nahezu identisch begründet. Damals waren die Organisator*innen juristisch gegen das Verbot vorgegangen, scheiterten jedoch vor dem Verwaltungsgericht Leipzig. Ob es auch diesmal juristische Schritte geben wird, ist offen.

Schon seit fast einem Jahr mobilisieren linke Antifaschist*innen für den „Tag X“ am „Samstag nach der Urteilsverkündung“ im sogenannten Antifa-Ost-Verfahren. Das genaue Datum ist seit einigen Wochen bekannt.

Bereits vergangene Woche hatte die Polizei ihren ebenfalls für Samstag geplanten „Tag der offenen Tür“ bei der Bereitschaftspolizei abgesagt. Das Finale im Sachsenpokal zwischen Lok Leipzig und Chemnitz, das auf der Kippe stand, darf hingegen stattfinden. Außerdem finden am Samstag unter anderem das Stadtfest und ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt.

Ab Freitagabend gilt für 48 Stunden ein „Kontrollbereich“ in weiten Teilen Leipzigs. Die Polizei darf hier verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchführen. Zudem regelt eine Allgemeinverfügung der Stadt Leipzig, dass seit heute keine Demonstrationen im Kontext des Antifa-Ost-Verfahrens mehr angemeldet werden dürfen.

Dass sich alle an die Demoverbote halten, ist unwahrscheinlich. In den sozialen Medien kursieren zahlreiche Aufrufe, trotzdem auf die Straße zu gehen. Denkbar sind spontane Demonstrationen, aber auch gezielte Angriffe, beispielsweise auf staatliche Einrichtungen. Für Freitagabend ist zunächst ein „Massencornern“ in Connewitz angekündigt.

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Es gibt 2 Kommentare

Auch als eher liberal-konservativ eingestellter Mensch sehe ich das Verbot kritisch. Es ist nunmal ein Grundrecht, seine Meinung auf die Straße zu tragen. Gewiss, die Route ist durch die anderen Ereignisse ziemlich voll und könnte Probleme bereiten und Anlass für Gewalt sein, aber dann sollte man halt eine Änderung der Route diskutieren statt die Demo zu verbieten. Auch wenn ich die Ansichten der Teilnehmer kaum teile, ihr Versammlungsrecht gehört trotzdem bzw. gerade deswegen verteidigt.

Grundrechte sind grundsätzlich auch Abwehrrechte gegen den Staat. Es ist erschreckend zu sehen, wie sehr doch jener Staat sich dazu in die Lage versetzt sieht, unliebsame Demonstrationen zu untersagen

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