Am 15. Dezember stellte ja der Sächsische Rechnungshof den zweiten Teil seines Jahresberichts für 2021 vor. Mit einer Aussage, die durchaus verblüffen dürfte nach all der Schwarzmalerei um die künftigen Schulden aufgrund der Corona-Pandemie: „Die Haushalte der sächsischen Kommunen blieben im Jahr 2020 trotz der pandemiebedingten Einschnitte insgesamt stabil. Insbesondere die Investitionstätigkeit, aber auch der Schuldenabbau konnten nahezu uneingeschränkt fortgeführt werden.“ Gab es denn nicht auch in Leipzig riesige Diskussionen wegen einer drohenden Verdoppelung des Schuldenbergs?

Die Aussage im Rechnungshofbericht liest sich ja im ersten Moment wie ein Aufatmen. Aber da hat man die Denkweise des Rechnungshofs wohl nicht ganz verstanden, der sich – noch stärker als Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann – als Warnsirene vor jedem leichtfertigen Umgang mit Geld versteht. Leichtfertig im Sinn von: Geld ausgeben.„Nicht nur für die Kommunen war das Jahr 2020 ein Ausnahmejahr, das an die zielgerichtete und erfolgreiche Bewirtschaftung der Haushalte enorme Anforderungen gestellt hat. Diese werden durch Versäumnisse in zurückliegenden Jahren noch verstärkt.

Unter diesen Voraussetzungen wird auch in den kommenden Jahren die Steuerung der kommunalen Haushalte in den Kommunen, denen es an geeigneten Steuerungsinstrumenten fehlt, erschwert sein“, lässt sich Peter Teichmann, Rechnungshofdirektor und Leiter der überörtlichen Kommunalprüfung beim Sächsischen Rechnungshof, zitieren.

Kommunen konnten investieren und Schulden abbauen

Obwohl die Grundaussage im Bericht selbst tendenziell eine andere war, wie auch Franziska Schubert, Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag, feststellte:

„Die gute Nachricht ist: Die kommunalen Haushalte blieben trotz der Corona-Pandemie stabil. Investitionen und Schuldenabbau konnten nahezu uneingeschränkt fortgeführt werden. Dabei sind im bundesweiten Vergleich die finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf die ostdeutschen Kommunen weniger einschneidend gewesen. Gleichzeitig wurde in 2020 auf kommunaler Ebene das höchste Investitionsniveau seit zehn Jahren erreicht. Der Rechnungshof weist aber auch darauf hin, dass ein großer Teil dieser Investitionen über Fördermittel erfolgt und nur durch diese möglich ist. Diese hohe Fördermittelabhängigkeit der sächsischen Kommunen fordert von der Landesebene, die richtigen, zukunftsweisenden Förderschwerpunkte zu setzen. Wir Bündnisgrüne sehen damit den Auftrag verbunden, die Förderpolitik grundlegend anzugehen.“

Denn andererseits übt der Freistaat mit seiner Förderpolitik auch eine sehr rigide Kontrolle über die Geldausgaben der Kommunen aus. Vor einer aus dem Ruder laufenden Neuverschuldung, die der Rechnungshof noch im Juni an die Wand malte, kann in Sachsen keine Rede sein.

Auch wenn die Steuereinnahmen 2020 erst einmal zusammenbrachen.

Aber in der Pressemitteilung des Rechnungshofs heißt es: „Die deutlichen Steuerrückgänge, insbesondere bei der Gewerbesteuer, konnten in Sachsen durch entsprechende Zuweisungen des Bundes und des Landes abgefedert werden. Unter den einwohnerstarken kommunalen Gebietskörperschaften wiesen jedoch der Landkreis Meißen und die Kreisfreie Stadt Leipzig, die im Vorjahr jeweils positive Salden verzeichneten, zum 31. Dezember 2020 ein Defizit aus.“

Keine Neuverschuldung von 700 Millionen Euro

Wobei wir leider nach dem Umbau des Ratsinformationssystems mit den endgültigen Zahlen für 2020 nicht dienen können. Auch ein Jahrbuch mit den Zahlen für 2020 gibt es bislang nicht. Zuletzt stand für 2020 ein Defizit von 84 Millionen Euro im Raum. 2021 aber rechnet Finanzbürgermeister Torsten Bonew sogar mit einem Plus von 4 Millionen Euro.

Das heißt jetzt schon: Was im April im Stadtrat so dramatisch diskutiert wurde, eine womögliche Schuldenexplosion um bis zu 700 Millionen Euro, wird so auf keinen Fall eintreten.

„Die Steuereinbrüche auf kommunaler Ebene waren zu erwarten. Der Sächsische Landtag hat bereits im April 2020 mit dem Nachtragshaushalt die Voraussetzung geschaffen, diese zeitnah auszugleichen“, sagte Schubert. „Der Rechnungshof hat in seinen Prüfungen feststellen können, dass dies bei der Erstattung der Gewerbesteuerausfälle gelungen ist. Und auch bei den Rückzahlungen der Elternbeiträge für Kita- und Hortkinder wurden die Kommunen zeitnah unterstützt.“

Entwicklung der Leipziger Haushaltslage 2021 (Stand September). Grafik: Stadt Leipzig, Finanzbericht
Entwicklung der Leipziger Haushaltslage 2021 (Stand September). Grafik: Stadt Leipzig, Finanzbericht

Auch Leipzigs Steuerausfälle von 110 Millionen Euro konnten weitgehend ausgeglichen werden. Vor allem aufgrund von sinkenden Gewerbe- und Einkommenssteuern waren die Leipziger Steuereinnahmen von 680 auf 570 Millionen Euro abgesackt. 2021 aber scheinen sich die Steuereinnahmen längst wieder auf den Weg Richtung 700 Millionen gemacht zu haben. Bis zum Juni hat die Stadt laut Quartalsbericht schon 370 Millionen Euro eingenommen.

Leipzig baut wieder Schulden ab

Und der Blick auf den Schuldenstand ist erst recht spannend. Denn wenn an den dramatischen Mahnungen vom April irgendetwas gestimmt hätte, müsste die Leipziger Verschuldung inzwischen auf dem Weg Richtung 700 bis 800 Millionen Euro sein.

Aber davon ist weit und breit nichts zu sehen. Eher ist Leipzig längst wieder auf dem stabilen Finanzkurs, auf dem die Stadt bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie war.

Sind die Schulden der Stadt Ende 2020 von 452 Millionen Euro auf 512 Millionen Euro hochgeschnellt, so zeigen die ersten beiden Quartale 2021, dass es keine weitere Schuldenaufnahme gab, im Gegenteil der Schuldenstand sogar wieder gesenkt werden konnte auf 498 Millionen Euro im März und 487 Millionen Euro im Juni.

Also in einer Zeit, in der Landesdirektion, Rechnungshof und Finanzminister weiterhin Warnungen vor neuen Schuldenbergen verkündeten, während Leipzigs Haushalt längst wieder so vor sich hinschnurrte wie vor Corona. Was dann zur Folge hat, dass schon das erste Jahr im Doppelhaushalt 2021/2022 mit einem kleinen Plus endet, obwohl es mit einem Minus von 60,4 Millionen Euro geplant worden war. 2022 war sogar mit einem Minus von 130,4 Millionen Euro geplant worden.

Wie sehr sich die Finanzlage der Stadt Leipzig schon 2021 ins Positive gedreht hat, macht die oben abgebildete Grafik aus dem Finanzbericht des Finanzbürgermeisters aus dem September deutlich. Aus einem noch im März erwarteten Minus von fast 80 Millionen Euro wurde binnen eines halben Jahres ein erwartetes Plus von fast 4 Millionen Euro.

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