In der Leipziger Innenstadt riefen die „Eltern gegen Polizeigewalt“ am Montagabend zu einer Kundgebung in Kritik bezüglich des sogenannten „Leipziger Kessels“ auf. Außerdem: Ab 2024 wird der gesetzliche Mindestlohn um 41 Cent erhöht und nach dem Auftritt der Bundespolizistin Claudia Pechstein auf dem Grundsatzkonvent der CDU am 17. Juni in Berlin wandte sich der Bundespolizeipräsident Dieter Romann in einem Brief an seine Mitarbeiter. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 26. Juni 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Mindestlohn steigt um 41 Cent

Ab dem 1. Januar 2024 soll der gesetzliche Mindestlohn 12,41 Euro betragen. 2025 soll eine weitere Steigerung um 41 Cent erfolgen, so empfiehlt es die Mindestlohnkommission. In dieser sitzen Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und Gewerkschaften sowie der Wissenschaft. „Leider ist diese Entscheidung nicht im Konsens gefallen, sondern mit Mehrheitsentscheidung. Das bedauere ich“, äußerte sich heute Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in einer Pressekonferenz. Die Arbeitnehmervertreter stuften die Erhöhung als zu gering ein und sprachen sich dagegen aus.

Dennoch werde die Bundesregierung den Vorschlag der Mindestlohnkommission per Rechtsverordnung umsetzen. Die Alternative wäre keine Erhöhung des Mindestlohns, was nicht verantwortbar sei, so Heil. „Wir sind damit aber nicht am Ende im Kampf um bessere und gerechte Löhne in Deutschland. […] Es ist an der Zeit, mehr für Tariflöhne zu tun.“

Die Bundesregierung wolle noch in diesem Sommer einen Gesetzesentwurf zur Tarifstärkung vorlegen, der Anreize für mehr Tarifbindung bieten soll. „Unter anderem werden wir öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an die Unternehmen vergeben, die nach Tarif bezahlen. Wir werden gleichzeitig gesetzgeberische Maßnahmen gegen Tarifflucht ergreifen.“

Verhängnisvoller Tweet

Wegen eines Retweets mit Kommentierung wurde am vergangenen Freitag, dem 23. Juni, die Wohnung von Tobias Burdukat, vielen auch bekannt als „Pudding“, von der Polizei durchsucht. Der Sozialarbeiter und Mitbegründer des „Dorf der Jugend“ in Grimma hatte auch einen Tweet verbreitet, der Informationen enthielt über einen Leipziger Staatsanwalt, welcher bei der „TagX“-Demo am 3. Juni in Leipzig vermummt aufgetreten war.

„Tatsächlich hatte ein Bereitschaftsstaatsanwalt nach Beginn der Ausschreitungen an der Koordinierung der notwendigen Ermittlungsmaßnahmen vor Ort mitgewirkt. Zum Schutz vor Angriffen durch gewalttätige Teilnehmer aus der linken Szene hatte er dabei sein Gesicht verhüllt“, hieß es dazu heute von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden. In den sozialen Medien wurde dieses Vorgehen heftig diskutiert und kritisiert sowie ein Bild des betreffenden Anwalts in Umlauf gebracht.

Bei der Durchsuchung in Grimma wurden elektronische Geräte Burdukats einbehalten. „Pudding“ wird vorgeworfen, „durch eine Abfolge von Kurzmitteilungen auf seinem Twitter-Account unterschwellige Andeutungen verbreitet zu haben, die zu einem gewaltsamen Einwirken auf einen Staatsanwalt hinwirken sollten“, so die Staatsanwaltschaft.

Marco Brás dos Santos hat Burdukat kurz nach den Vorfällen getroffen und befragt, hier geht’s zum Interview.

„Kessel“ um die Moritzbastei

Um den „TagX“ ging es auch am heutigen Abend in der Innenstadt: In Reaktion auf die Geschehnisse am Wochenende des 3. und 4. Juni fand heute an der Moritzbastei eine Protestaktion der „Eltern gegen Polizeigewalt“ statt. „Solidarisiert euch mit den von Repressionen Betroffenen und stellt euch Seite an Seite mit den Menschen, die immer wieder auf der Straße zeigen, dass rechte Parteien und alle rechten Strukturen in Leipzig und überall keine Alternative sind“, hieß es im Aufruf zu der Kundgebung, zu der sich etwa 100 Teilnehmende einfanden.

Am Abend diskutierte Leipzigs Polizeipräsident René Demmler in der Moritzbastei mit dem Deutschen Journalistenverband, weshalb die Location als Ort der Versammlung ausgesucht worden war. Die Forderungen der Demonstrierenden: Demmler solle seinen Posten räumen und die Anzeigen gegen die zum Teil minderjährigen Beschuldigten sollten fallengelassen werden. Ebenso wurde eine gute Aufarbeitung der Geschehnisse vom 3. und 4. Juni verlangt.

Die Anmelder*innen kritisieren das Vorgehen der Polizei rund um eine angemeldete Demonstration, die am 3. Juni vom Alexis-Schumann-Platz starten sollte. Im Endergebnis wurden nahezu 1.000 Personen, teils Minderjährige, für bis zu 11 Stunden im Polizeikessel gehalten. Mehrere Personen wurden in Gewahrsam genommen. Auch die Umstände, unter denen die Demo-Teilnehmenden festgehalten wurden, sind im Nachhinein scharf kritisiert worden. So sollen Erziehungsberechtigte nicht zu ihren Kindern vorgelassen worden sein. Auch gab es keine Versorgung oder medizinische Betreuung.

Die Gruppe „Eltern gegen Polizeigewalt“ hatte sich in Reaktion auf die montäglichen Gegenproteste gegründet, die sich den regelmäßigen Kundgebungen und Märschen rechter Gruppierungen sowie Personen aus dem Querdenken-Spektrum entgegenstellten. Immer wieder gerieten im Zuge dessen auch minderjährige Personen in Polizeimaßnahmen, Teilnehmende berichteten von teils rabiatem Vorgehen der Beamten.

Anfang vergangener Woche wurden die letzten Personen aus der JVA entlassen. Gegen sie wird ermittelt wegen des Verdachts auf schweren Landfriedensbruch. In Solidarität fanden vor dem Leipziger Amtsgericht mehrere Kundgebungen statt. Auch hieß es, die Inhaftierten würden nicht ausreichend versorgt.

Warming Stripes, ein billiger Flughafen und ein (fast) vergessener Bruder

Worüber die LZ heute berichtet hat:

Warming Stripes auf der Sachsenbrücke: Die Stadt möchte gern einen anderen Standort

Der Stadtrat tagte: Stadtrat stimmt Zielabweichung zum Energieberg Seehausen zu + Video

Johann Georg IV.: Eine Rehabilitation für den fast vergessenen Bruder Augusts des Starken

Auch mit neuer Entgeltordnung: Leipzig/Halle bleibt für die Konzerne ein Billigflughafen

Ladeinfrastruktur muss wachsen: In Leipzig sind schon 7.500 E-Autos unterwegs

Reaktion auf Pechstein und späte Strafe für Gemkow-Attackierer

Was heute außerdem wichtig war: Nach dem Auftritt der Bundespolizistin Claudia Pechstein auf dem Grundsatzkonvent der CDU am 17. Juni in Berlin hat sich der Bundespolizeipräsident Dieter Romann in einem Mitarbeiterbrief zu dem Vorfall geäußert. Das berichtete der „Spiegel“. „Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen“, so Romann. Pechstein war in ihrer Uniform aufgetreten und war unter anderem mit ihren Äußerungen zur Asylpolitik sowie vermeintlicher Sprachverbote aufgefallen. „Lasst euch nicht anstecken“, mahnt nun Romann.

Zurück nach Leipzig: Mehr als sieben Jahre nach dem Anschlag auf die Wohnung des damaligen sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) verhängte das Landgericht heute eine Geldstrafe gegen einen der drei Tatverdächtigen, die damals vor Gericht standen. Die Behörde hob damit ein Urteil des Amtsgerichts aus dem Jahr 2021 auf, nachdem der Tatverdächtige freigesprochen worden war. Nun muss er eine Strafe von 4.800 Euro zahlen. 2015 war die Wohnung Gemkows zunächst mit Steinen attackiert worden. In ein zerstörtes Fenster wurden anschließend mit Buttersäure gefüllte Weihnachtsbaumkugeln geworfen.

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