In Leipzig protestierten am Samstag etwa 1.000 Menschen gegen eine AfD-Veranstaltung mit deren Co-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla in der Alten Handelsbörse. Auch deutschlandweit waren viele Menschen bei Protesten für Pluralismus und Vielfalt auf den Straßen. Und: Ebenfalls am Samstag stattete Bundeskanzler Scholz Leipzig, der „Wiege der Sozialdemokratie“, einen Wahlkampfbesuch ab. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 8./9. Februar 2025, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Demo gegen AfD-Veranstaltung in Leipzig: Polizei meldet zwei Zwischenfälle
Zahlreiche Menschen, nach Angaben der Polizeidirektion (PD) etwa 1.000 an der Zahl, hatten sich am Samstag zum Protest gegen eine AfD-Wahlkampfveranstaltung rund um die Alte Handelsbörse versammelt. In der Börse selbst hatte sich der in Sachsen gebürtige AfD-Co-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla (49) angekündigt. Dessen Auftritt für die teils rechtsextreme AfD rief viele ihrer Gegner auf den Plan, unter anderem Vertreterinnen der „Omas gegen rechts.“ Auch das Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz“ hatte vorab mobilisiert.
Laut PD verlief der Protest weitgehend friedlich – zu zwei Zwischenfällen kam es aber doch: So gab es etwa 12.10 Uhr Auseinandersetzungen und Rangeleien, als Gegendemonstranten im Salzgäßchen die Zufahrt blockieren wollten, sagte Behördensprecherin Susanne Lübcke. Dies hätten die Einsatzkräfte durch Wegdrängen und Pfefferspray-Einsatz verhindert.
Außerdem wurden bei der Anreise von Teilnehmern der AfD-Veranstaltung auch vereinzelt Farbbeutel geschmissen. Spuren davon waren auch später noch an der Nordfassade der Alten Handelsbörse zu sehen.
Im Zusammenhang mit den Würfen wurde ein Teenager (17) ermittelt, überdies seien vier Strafanzeigen aufgenommen und mehrere Identitäten festgestellt worden, so die Polizeisprecherin.
Bundesweite Demos gegen AfD und für Vielfalt
Auch bundesweit gab es Demonstrationen für Vielfalt und Toleranz. Das berichtet die Tagesschau. So fand auf der Theresienwiese in München eine Großkundgebung unter dem Motto „Demokratie braucht dich“ mit laut Polizei etwa 250.000 Menschen statt. Die Veranstalter sprachen von 320.000, die zwei Wochen vor der Bundestagswahl ein deutliches Signal gegen Hetze und Rechtsextremismus ausstrahlen wollten.
Auf dem Opernplatz in Hannover sprach Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (64, SPD), warnte mit Anspielung auf das Verhalten der CDU vor einer Gefahr für die Demokratie: „Die Tür nach rechts außen muss geschlossen bleiben.“ Die Union im Bundestag hatte vergangene Woche erstmals Stimmen der AfD für einen nicht-bindenden Antrag in Kauf genommen, der so eine Mehrheit bekam.
Anders ein Gesetzentwurf zu Verschärfungen in der Zuwanderungspolitik, der am 31. Januar nach äußerst hitziger Debatte und wechselseitiger Schuldzuweisung scheiterte. Auch aus weiteren Städten wurden Demos gegen Rechtsextremismus gemeldet, etwa Bremen, Rostock, Gießen, Darmstadt, Wuppertal und Aachen.
Hiebe auf Merz, Bekenntnisse und Zwischenrufer: Scholz in Leipzig
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist seit Dezember 2021 deutscher Regierungschef und stellt sich für eine weitere Amtszeit zur Wahl. Am Samstag legte der 66-Jährige auf seiner Wahlkampftour, umgeben von sozialdemokratischer Prominenz, einen Stopp im Leipziger Westbad ein.
Wie die SPD-Zeitung „Vorwärts“ berichtet, positionierte sich Scholz bei seinem Auftritt außenpolitisch klar zugunsten der Ukraine: Das Land, das sich seit fast drei Jahren gegen einen großflächigen Angriff durch Russland wehrt, müsse weiterhin unterstützt werden, ohne dass der grausame Krieg zum Flächenbrand wird.
In der Wirtschaftspolitik bekannte sich Scholz zum „Deutschlandfonds“ und einer reformierten Schuldenbremse: All dies sichere Investitionen, Wachstum und Zukunft, ohne dies gegen höhere Ausgaben etwa in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik auszuspielen. Während der Veranstaltung führten Security-Kräfte zwei Besucher ab, die Scholz’ Rede durch Zwischenrufe störten.
Der Kanzler ließ sich nicht beirren – und sparte auch nicht mit Hieben auf seinen Herausforderer Friedrich Merz (69): Der CDU-Chef habe mit seiner Mehrheitsbeschaffung mithilfe der in Teilen rechtsextremen AfD Wortbruch begangen und jedes Vertrauen verspielt. Ob Scholz diesen Vorwurf nochmal wiederholen wird, lässt sich übrigens Sonntagabend beobachten: Um 20:15 Uhr treffen die Kontrahenten im TV-Duell bei ARD und ZDF aufeinander.
Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat:
Lichtershow statt wildes Geballer: Grüne fordern Böllerverbot für die Innenstadt
DIW-Stellungnahme zur Migrationsdebatte: Deutschland braucht eine moderne Integrationspolitik
BUND-Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl: Das sagen die Parteien zu wirklich wichtigen Themen
Tina – Prima – Klima – Lima: Wo bleibt der Klimawahlkampf? Ein Kommentar
Blumen für Rosa Luxemburg: Lauter kleine Prosatexte über das Verstörende in der Gegenwart
Ausgehobener Drogen- und Waffenbunker im Leipziger Osten: Jetzt sprach das Landgericht seine Urteile
Überhöhte Mieten in Leipzig: Linksfraktion bringt im Stadtrat Antrag gegen Mietwucher ein
Was sonst noch wichtig war:
In Leipzig-Gohlis schlug ein Mann am Samstagmorgen laut Polizei mit einem „axtähnlichen Gegenstand“ auf eine Werbetafel und eine Ampel ein. Der 44-Jährige wurde gestellt und in eine Klinik gebracht, verletzt wurde niemand. Und: Samstagnachmittag lieferten sich mehrere Personen am Bruno-Plache-Stadion in Probstheida eine Auseinandersetzung nach Abpfiff des Regionalliga-Spiels zwischen Lok Leipzig und FC Viktoria 1889 Berlin. Mehrere Personen zwischen 22 und 24 Jahren mussten zur Behandlung ins Krankenhaus.
Außerdem meldet die Polizeidirektion mehrere Fälle verfassungsfeindlicher Parolen am Samstag im Stadtzentrum.
Zwei Teslas brannten in der Nacht zu Sonntag in der Neustadt von Dresden.
Im Kosovo wird ein neues Parlament gewählt.
US-Präsident Donald Trump (78) schlägt weiterhin gnadenlos gegen (vermeintliche) Widersacher zu.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:














Es gibt 12 Kommentare
Ich kann Blockadeaktionen nichts abgewinnen. Nicht beim Castor, nicht bei der AFD, auch wenn der gute Gedanke bei beiden Themen gut zu erkennen ist. Genau dafür lohnt es sich NICHT sich so zu verhalten, dass sie Polizei Gewalt anwendet. Es ändert nämlich genau nichts, kostet aber richtig Geld und macht Stimmung.
Für Sie, Sebastian, und Ihre Familie kam der Geschlagene in die “Verlegenheit”. Und auch für mich.
Hallo Frau Rattigan,
Ob speziell ich Ihnen etwas glaube, spielt wahrscheinlich wirklich gar keine Rolle. Aber wenn da jemand von quasi grundloser, illegaler Polizeigewalt redet, sich unaufgefordert als Zeugin hier in der Kommentarspalte meldet, und dann auch komischerweise kein Video zur Hand ist, wundere ich mich. Jeder Scheiß wird bei X hochgeladen und diskutiert, über jede kleine Baggerbesetzung wird noch vorab informiert, und ausgerechnet hier hat keiner sein Smartphone in die Runde gehalten? Haben Sie denn auch eine Anzeige beim Staatsanwalt eingereicht?
Fand die Aktion nun wie in Ihrem ersten Kommentar während einer Blockadeauflösung statt, oder kurz danach, wie Sie in Ihrem letzten Kommentar sagten?
–
Hallo Matthias,
Ich hatte auf Bilder aus Moskau verwiesen als Verweis auf die Formulierung “zügelloser Gewalt seiten der Polizei”. Diese hielt ich für unbegründet, wenn man eben diese anderen Bilder kennt. Was daran finden Sie albern?
Ach Constance. Klassenkampf ist manchmal nicht ohne. Im ersten Leben haben wir uns als Chemie Fans mit der Stasi und der Trapo geprügelt. Da gab es nur den Gummiknüppel. Und reden konntest mit den Hirnis auch bloß nicht. Ist halt so, hat sichnix geändert.Kannste froh sein wenn es nur die Fäuste sind.
Lieber Sebastian,
Ihre Dauerkommentare machen Sie, nach meiner Auffassung, leider nicht schlauer. Ganz im Gegenteil. Eventuell machen Sie mal eine Pause und hinterfragen zur Abwechslung mal sich selbst.
Allein der Rekurs auf Moskau ist wirklich albern
Lieber Sebastian, die Gewalttat fand kurz nach einer Blockadeauflösung statt, 3 Polizisten und der Mann standen isoliert mitten auf dem Fußweg. Der Mann war halb am Boden. Mindestens ein Polizist hat mehrmals brutal mit Fäusten auf ihn eingeschlagen, andere haben ihn festgehalten. Das habe gesehen, nicht mehr und nicht weniger, es ging sehr schnell. Es gibt viele Augenzeugen und ich hoffe, auch eine Anzeige. Wenn Sie es nicht glauben, ist mir das jetzt auch piepe.
> “Der Missbrauch von Polizeigewalt ist illegal.”
Völlige Zustimmung!
–
> “der sein recht auf friedlichen widerstand wahr nimmt. Zu dritt kann man ihn einfach wegtragen, ohne übertriebene Gewalt.”
Wer ein Recht wahrnimmt, der wird sicher nicht weggetragen. Und wenn er kein Recht hat, dann sollte er nicht den großen Max markieren.
Ich hab ja nur die große Klappe, aber wie war es denn wirklich? Ihr wart ja offenbar beide dabei, wo bleibt das Video?
@Sebastian: nicht dabei gewesen – nichts gesehen aber große Klappe.
die Polizei darf ihr Gewaltmonopol nicht missbrauchen. In einem Rechtsstaat ist die Polizei an Gesetze und Vorschriften gebunden, die den Einsatz von Gewalt regeln. Der Missbrauch von Polizeigewalt ist illegal. Und 3 Bullizisten müssen nicht mit Fäusten gegen einen vorgehen, der sein recht auf friedlichen widerstand wahr nimmt. Zu dritt kann man ihn einfach wegtragen, ohne übertriebene Gewalt.
Hallo Frau Rattigan,
Sie bringen die Art der Demo ins Spiel. Meinen Sie damit die Form oder die Ausrichtung? Es finden regelmäßig große Demos “gegen Rechts” statt, ohne dass es zu krassen Konflikten mit der Polizei kommt.
–
> “drei gegen einen empört Sie nicht?”
Da es sich hier nicht um eine Kämpelei auf dem Schulhof oder eine Schlägerei unter Discothekenprollos handelte, finde ich das tatsächlich gar nicht empörend. Null.
Allein schon der Gedanke der “Fairness durch Personenverhältnisse” finde ich ganz abwegig im Zusammenhang mit polizeilichen Maßnahmen. Hier ging es, wie Sie sagen, um die Auflösung einer Blockade, und wenn es dazu drei Beamte braucht, dann sind es halt drei. Und wenn dann noch Verstärkung kommt, die die Maßnahme behindern möchte, muss das Ganze natürlich eskalieren. Denn genau so wollten es die Mitwirkenden doch, oder? War nicht bekannt, dass der Staat das Gewaltmonopol hat und Dinge durchsetzt? War die Annahme tatsächlich, dass sie in der Mehrzahl dann “fair” die Polizisten umstimmen könnten und ihr Kumpel dann direkt freigegeben wird? Das ist doch völlig hahnebüchen, was geht in deren Köpfen vor??
Zügellose Gewalt gab es, sagen Sie. Nun, Sie sind Zeugin, ich nicht. Gibt es nicht irgendwo ein Video davon? Bisher habe ich eher Aufnahmen aus Moskau mit diesem Begriff in Verbindung gebracht…
@Sebastian: nun, ich vermute mal, es hat damit zu tun, ab welchen Demos mal teilnimmt. Unabhängig davon: drei gegen einen empört Sie nicht? Machtmissbrauch ist für Sie ok? Auch wenn es um die Auflösung einer Blockade geht ist diese Art von zügelloser Gewalt seiten der Polizei vollkommen inakzeptabel und macht Angst.
Wie kommt man denn in die Verlegenheit bei einer Demonstration von Polizisten “eingeschlagen” zu bekommen? Und warum passiert das so vielen Demonstranten in unserem Land niemals im Leben?
Zu den “Zwischenfällen” bei Afd Veranstaltung: ich habe gesehenund kann bezeugen, wie drei Polizisten in Kampfmontur gemeinsam mit Fäusten auf einen jungen Mann eingeschlagen haben. Als Leute dagegen einschreiten wollten, hat die Polizei gepfeffert.