Die Stadt Leipzig wird prüfen, ob auf dem Innenstadtring zwischen Gottschedstraße und Rudolphstraße sowie zwischen Lotterstraße und Runder Ecke ein Radfahrstreifen entstehen kann. Das hat die Ratsversammlung am Mittwoch, dem 13. Oktober, beschlossen. Der entsprechende Antrag kam aus dem Stadtbezirksbeirat Mitte. Die Diskussion im Stadtrat drehte sich nicht nur um die konkrete Maßnahme, sondern auch um die Mobilität in Leipzig generell. Dabei ging es teils emotional zur Sache.

Thomas Nörlich aus dem Stadtbezirksbeirat Mitte begründete den Antrag zunächst damit, dass Radfahren auf dem Ring aktuell nicht sicher sei. Dass es zu Unfällen kommt, sei nur eine Frage der Zeit.

Zudem fragte Nörlich: „Wer soll sich durch einen solchen Radstreifen animiert fühlen, nur einen Meter mehr mit dem Rad zu fahren?“ Nörlich wünschte sich zudem, dass die Stadtgesellschaft künftig stärker in Entscheidungen einbezogen wird.

Ideologie und Erziehung

Kritik kam unter anderem von SPD-Stadtrat Heiko Bär, der Ideologie und erzieherische Inhalte in den Worten seiner Vorredner, darunter auch ein Mitglied der AfD-Fraktion, beklagte. Es sollte nicht darum gehen, Werbung für das Rad oder das Auto zu machen. Bär zeigte „wenig Verständnis“ dafür, auf dem Ring „praktisch eine Spur wegzunehmen“. Warum ein Radweg notwendig sei, sei nicht klar.

Stadtrat Heiko Bär (SPD). Foto: L-IZ.de
Stadtrat Heiko Bär (SPD). Foto: LZ

In der Tat führt bereits eine Radstraße auf der Ringinnenseite ab dem Neuen Rathaus bis in die Große Fleischergasse oder ab da zur Runden Ecke und weiter entlang des Goerdelerrings. Das gravierendere Problem besteht jedoch eindeutig auf der Gegenspur entlang ab der Gottschedstraße Richtung Süden.

Nörlich wehrte sich anschließend gegen die Vorwürfe: „Das hat nichts mit Ideologe zu tun, sondern mit Fakten. Mobilität folgt Infrastruktur. Mehr Straßen bedeuten mehr Verkehr.“ FDP-Stadtrat Sven Morlok sprach sich ebenfalls für Verbesserungen bei klimafreundlicher Mobilität aus, plädierte allerdings dafür, „Dinge insgesamt“ zu betrachten statt „Einzellösungen“ zu suchen.

Auch aus CDU und Linksfraktion gab es Wortmeldungen – erwartungsgemäß sprach sich erstere gegen den Antrag und letzterer dafür aus.

Diskussionen dieser Art künftig häufig

Gegen Ende der Debatte ergriffen auch Vertreter der Stadtverwaltung das Wort. Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) sagte, dass nun konkret werde, was mit der Mobilitätsstrategie 2030 grob vorgegeben wurde.

„Wir werden solche Diskussionen künftig häufig führen. Es wird keine Lösung geben, die es allen Recht macht.“ Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sprach von einem Zeichen für die Verkehrswende, das dort sichtbar sei, wo viele Menschen unterwegs sind.

Wie viele es hier noch mit dem Pkw unterwegs sind, machte Katharina Krefft (Grüne), die bereits während der Ratsversammlung hartnäckig für die anstehenden Radstreifen auf dem Dittrichring plädiert hatte, auch im Nachgang der Sitzung am Mittwoch gegenüber der LZ deutlich. „Auf dem westlichen Ring sind laut Analyse der Stadt (Karte) nur rund 25.800 Pkw am Tag unterwegs“, so Krefft.

Verglichen mit dem restlichen Ring in der Tat die kleinste Zahl an täglichen Fahrbewegungen bei den Autos, rund „29.000 sind es am Leuschnerplatz, 33.000 am Augustplatz und 43.000 entlang des Hauptbahnhofes. Man sieht auch gut, was die Käthe-Kollwitz-Straße allein nach dem Dittrichring Richtung Gördelerring auf den Ring bringt: 42.000 Pkw allein kommen von dort“, so die Grünen-Fraktionschefin.

Pkw-Fahrten auf dem Leipziger Ring. Quelle: Stadt Leipzig
Pkw-Fahrten auf dem Leipziger Ring. Quelle: Stadt Leipzig

Die Mehrheit des Stadtrates sah es ähnlich wie Krefft und Dienberg. Gegen die Stimmen von CDU, AfD und Teilen der SPD votierte dieser für den zur Abstimmung gestellten Verwaltungsstandpunkt.

Neben den erwähnten Radfahrstreifen beinhaltete der Beschluss zudem folgenden Satz: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Arbeitstreffen der Verwaltung zum Radverkehr auf dem Promenadenring unter Beteiligung der Vertreter der Verbände aus der AG Rad sowie den Runden Tisch Radverkehr fortzusetzen.“

Die Debatte vom 13. Oktober 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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Es gibt 3 Kommentare

Die Befahrbarkeitdes Innenstadtringes für Fahrräder sei dahin gestellt, je nach Interessenlage sieht das jeder Verkehrsteilnehmende anders.
Wichtig wäre aus meiner Sicht ersteinmal das möglichst problemlose hinfahren können aus den Wohngebieten mit dem ÖPNV zur Innenstadt (siehe Anmerkungen von Sebastian) , dann weiter das gefahrlose Radfahren aus den Außenbereichen zur Innenstadt und das angenehmere Laufen aus den innenstadtnahen Wohngebieten. Hier gibt es für die Stadtverwaltung noch genügend Unzulänglichkeiten, die einer Nachbesserung, Reparatur und Neubau von ÖPNV, Rad- und Fußwegen bedürfen.

Ich streiche mal gedanklich alles aus meinem Kopf, was die Debatte nicht lohnt im Zusammenhang des Themas oben. Dass ein Radweg auf der Innenstadtseite geschaffen wird, wo es bereits einen gibt, steht ja bereits als Kritik im Artikel. Auf der Gegenseite sieht es für mich als regelmäßigem Radler auf der Strecke ganz, ganz anders aus.

Wenn also eine Fahrspur zwischen Gottschedstraße bis Höhe Neues Rathaus auf der anderen Seite entsteht, ist das nur zu begrüßen. Wer da dagegen ist, kennt die Strecke mit dem Rad einfach nicht. Es sei denn, man mag es wirklich, Fußgänger umzufahren, denn auf den Ring traut sich da keiner – was die Radlerinnen allesamt regelwidrig auf den Fußweg zwingt.

Dass übrigens Durchflusszahlen sehr wohl Argumente für die Möglichkeit von neuen Radspuren sind, bleibt bestehen. Es fahren mehr Autos durch die innere Jahnallee, als auf diesem Teilstück am Westring – ohne Stau und trotz vier verschiedener Bahnlinien – also “was zu beweisen war …”

Interessant, wenn man sich mal die Zeit nimmt so etwas anzusehen, dass es öfter die gleichen Damen sind, die während der Reden der Leute aus dem Off hörbar sind. Und mit welchen Befindlichkeiten… Herrlich, wie der zweite Redner Herr Bütow das in seiner Redezeit aufs Korn nimmt. Ist aber nur ein Nebenthema.

Und die Zahlen der Nutzung dieses Ringteils: Kaum ein Argument aus meiner Sicht. Praktisch gesehen gibt es natürlich Stau an den Ampeln, beispielsweise Thomaskirche oder neues Rathaus, mindestens zu Hauptverkehrszeiten. Ja, ansonsten fließt der Verkehr natürlich ganz gut. DAS allein ist natürlich kein Grund, es zu verschlechtern. Die Feststellung einer Rednerin, dass die Spuren dort “nicht ausgenutzt” seien, kann ich absolut nicht bestätigen.
Und wenn die Diskussion darüber, ob man den Ring dort neben einer vorhandenen Fahrradstraße noch mal für Radfahrer abmarkiert von einer Rednerin “absurd” genannt wird, würde ich dem sofort zustimmen. Auch die Intention ihrer Bewertung sicher anders war.

Gestern hat es geregnet. Ich wollte also statt mit dem Rad mit dem ÖPNV zur Arbeit fahren und für diesen Schlechtwetterfall mal nicht das Auto nehmen.
Das Ergebnis war, dass ich zwei Apps auf meinem Handy probiert habe, am Ende doch kein elektronisches Ticket hatte (Störungsanfrage läuft bis heute) und die Zeit Haustür zu Bürostuhl bei 1:15 h lag. Pro Richtung. Gegen 35 Minuten mit dem Rad und 20 Minuten mit dem Auto.

Die 2x 3 Euro für die Tickets könnte man an der Stelle als happig bezeichnen, für die rund um meinen Sitzplatz dreckigen (einfaches Staubsaugen hätte es getan) Sitze in der Linie 7 zum Beispiel, aber für den Gelegenheitsfahrer geht das schon mal.

Mich stört, dass die Software für die Smartphones mangelhaft ist (“Move” hat für meine Verbindung mit korrekten Haltestellen absolut gar keine ÖPNV-Verbindung angegeben, da stand nur ein “-“! Erst mit “MooveME”, dem MDV-Produkt ging es), weiterhin der Takt der S-Bahn lediglich halbstündig ist (falls nichts ausfällt) und die Infrastruktur an Haltestellen usw. auch nicht der Bringer ist. Von Ausschilderungen beginnend bis hin zur Sauberkeit.

Mich stört an dieser Stelle, dass sogar der OBM in seiner Rede für ein Signal wirbt. Für dieses bloße Signal wird nicht nur an dieser Stelle funktionierende Infrastruktur verschlechtert. Und das für eine wachsende, aber kleine Gruppe an Radfahrern, die eben bei Regen oder tieferen Temperaturen schlicht nicht das tut – Rad fahren! Man verschlechtert die Situation für die Autofahrer, ohne dass an den Alternativen vorher gearbeitet wird. Und das so lange, bis durch politischen Willen verursacht die Bedingungen gleich schlecht sind wie die des ÖPNV. Diesen auch mal anzufassen, DAS macht man dann aber lieber doch nicht.
Farbe auf Straßen bringen und Schilder aufstellen, auch mal eine vorteillose Ampelanlage für 400.000 Euro an der Hans-Driesch-Straße bauen, das geht schon einfacher.

Eine Posse auch, wie in der Debatte darauf gepocht wurde, dass man ja das Urteil des Gerichts beachten müsste, wonach das Radfahrverbot auf dem Ring aufgehoben gehört. Als dann darauf hingewiesen wurde, dass alle Maßnahmen bereits umgesetzt wurden, um dem Urteil zu genügen (ich nehme an, es geht um das Abnehmen der entsprechenden Schilder), wird empört betont, dass DAS ja wohl nicht der eigene Anspruch sein könne.
Lustig, wie schnell sich Argumentationsgrundlagen, quasi “Sachzwänge”, in Luft auflösen und man etwas anderes finden muss für die Begründung der vermeintlich grünen politischen Ziele.

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