Es war ein durchwachsener Sommer für die Spitzenathlet/-innen des SC DHfK. Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin gab es mit Gold für Kugelstoßer David Storl nur eine Medaille zu verbuchen. Doch bei der WM in Eugene (USA) und der Heim-EM in München, standen weder er noch Sprinter und Mittelstreckler des Sportclubs in den Startlisten.

Einzige Leipzigerin bei beiden internationalen Wettkampfhöhepunkten war Geherin Saskia Feige. Die LZ befragte Abteilungsleiter René Hecking zur aktuellen Situation im Leichtathletikzentrum.

Herr Hecking, die Leichtathletik-EM in München ist vor wenigen Tagen zu Ende gegangen. Mit Saskia Feige war, wie auch schon bei der WM, nur eine Sportlerin des SC DHfK dabei. Vermutlich hatte man (nicht nur) im Verein mit mehr Teilnehmer/-innen gerechnet – wie bewerten Sie als Abteilungsleiter diese Situation?

Ich bin sehr erfreut darüber, dass unsere Saskia die Farben des SC DHfK international hochgehalten hat! Natürlich habe ich mir lange im Vorfeld gewünscht, dass die internationalen Meisterschaften in diesem Jahr durch unsere weiteren Leistungsträger wie Robert Farken, Marvin Schulte oder David Storl geprägt werden. Ich glaube, jeder Verantwortliche im Verein hat diesen Wunsch in sich getragen. Weder die Aktiven noch der Verein sind glücklich mit dieser Situation.

Inwiefern haben die ausgebliebenen EM-/WM-Qualifikationen auch finanzielle Auswirkungen auf den Verein bzw. die Abteilung? In welcher Höhe entstehen dabei Einbußen?

Mit Blick auf unsere finanziellen Partner erwarte ich keine unmittelbaren Auswirkungen. An dieser Stelle möchte ich unseren Partnern ausdrücklich für ihre Unterstützung und ihr Verständnis danken! Jedem Partner ist bewusst, dass wir im Hochleistungssport mit sensiblen, störanfälligen Prozessen zu tun haben. Sportler sind Menschen, die Risiken eingehen, die sie ausfallen lassen können. Obgleich es in jedem Fall bedauerlich ist, kann es jederzeit passieren.

Vor Beginn der DM in Berlin schien noch alles im grünen Bereich: Mit 10 Sportler/-innen war der SC DHfK gut vertreten, zum Auftakt gab es Gold für Kugelstoßer David Storl. Doch dann verpassten die Sprinter das Finale und im Speerwurf blieb eine mögliche Medaille aus. Wie ist dieses Abschneiden aus Ihrer Sicht zu bewerten?

Dieses Abschneiden kann uns mit unseren Ansprüchen nicht zufriedenstellen. Es gab Formtiefs, einhergehend mit verletzungsbedingten Trainingsrückständen. Wenn alle Trainer und Athleten wieder auf der Nordanlage sind, werden wir gemeinsam diese Ergebnisse analysieren und unsere Schlüsse ziehen.

Nach der eher enttäuschenden Ausbeute der deutschen Sportler/-innen bei der WM in Eugene, entfachte eine öffentliche Diskussion u. a. um die strukturellen Bedingungen und Voraussetzungen, unter denen die deutschen Athlet/-innen ihrem Sport nachgehen. Was sind diesbezüglich Ihrer Meinung nach die drei wichtigsten Dinge, die Ihrer Meinung nach grundlegender Veränderungen bedürfen?

Da habe ich meine ganz persönliche Sicht dazu:

• Von meinem Land und seinen ausführenden Organen erwarte ich eine eineindeutige Positionierung, ob es sein Ziel ist, in der Leichtathletik Spitzenplätze in der Welt zu belegen.
• Wenn mein Land sich dazu bekennt, muss es die finanziellen Mittel und organisatorischen Strukturen/ Trainingsmittel/ Trainingsstätten bereitstellen, die genau zu diesem Ziel führen.
• Das Land muss sportlichen Talenten die Möglichkeit geben, ihre Begabung uneingeschränkt entfalten zu können. Die Talente müssen frei von finanziellen Engpässen in jedem Entwicklungsstadium ihrer Mission nachgehen können.

Das LZ Titelblatt vom Monat August 2022. VÖ. 26.08.2022. Foto: LZ

Alles andere sind Lippenbekenntnisse! Jeder Mensch mit Verantwortung schmückt sich gerne mit internationalen Medaillenträgern, aber bezahlen für deren Entwicklung und diese Leistung will niemand. Ich sage das auch aus eigener Erfahrung. Auch, wenn ich es nie bis nach oben geschafft habe, so habe ich doch als Leistungssportler in den 1980er Jahren in Leipzig eine Infrastruktur erlebt, die es den Menschen mit besonderer sportlicher Begabung ermöglichte, alles für den Sport zu tun.

Es darf nicht sein, dass Talente nach der Schule aufhören, weil sie Geld verdienen müssen und sie nicht zur Bundeswehr oder Polizei gehen wollen. Aus meiner Sicht sollte jedem Kader ein angemessener Lebensunterhalt ermöglicht werden. Damit könnte man auch eventuell einem „Abkauf“ durch finanziell stärkere Vereine entgegenwirken.

Inwieweit wird diese Diskussion auch im SC DHfK geführt, und gibt es daraus resultierend Maßnahmen, die hausintern kurz-/ mittelfristig umgesetzt werden können?

Auf Vereinsebene versuchen wir zu jeder Zeit und in jeder Hinsicht, unsere Talente nach unseren Möglichkeiten zu entwickeln und zu halten. Ich danke unserem Präsidenten Bernd Merbitz an dieser Stelle ausdrücklich für seinen Einsatz! Dass uns das leider nicht immer gelingt, war in den letzten Jahren durch schmerzhafte Abgänge talentierter Athleten zu erfahren.

Wie sehen Sie Ihr Leichtathletikzentrum aktuell für die nächsten Jahre grundsätzlich aufgestellt? Wo liegen die Schwerpunkte der Arbeit? Auf welche Stärken kann gebaut werden – und an welchen Stellen besteht Verbesserungsbedarf?

Ich blicke bestärkt in die Zukunft! Diese Stärke nehme ich unter anderem aus dem Abschneiden unserer Nachwuchsathleten bei den Deutschen Meisterschaften. Hier drei Beispiele: U23-Gold für Artur Beimler (1.500 m), U16-Gold für Oskar Nauck (Speerwurf), U20-Silber für Paul Walochny (2.000 m Hindernis). Das zeigt mir, dass wir unsere Hausaufgaben als Bundesstützpunkt (für Lauf/ Gehen/ Sprint/ Hürden) richtig machen. Neben Zugängen auf Topniveau (Saskia Feige) sind wir damit für die Zukunft auch im Nachwuchs sehr gut aufgestellt.

Einen Schatten wirft für mich der seit mittlerweile über 10 Jahren geplante Neubau unserer Trainingshalle. Hier müssen wir einen Baustart ab dem Jahre 2026, wenn überhaupt, hinnehmen. Verantwortlich sind nach meiner Kenntnis veränderte Prioritäten in der Rangfolge von Bauvorhaben auf Landes- bzw. Bundesebene.

Ich halte es für ein Unding und persönlich für einen Affront gegenüber der sportlichen Bedeutung Leipzigs. Das heißt konkret, dass unsere Kinder- und Nachwuchstrainingsgruppen in den nächsten vielen Wintern weiterhin in der alten Sprinthalle als Carportlösung bei Minusgraden trainieren müssen.
Und nebenbei haben wir vor einem Jahr eine Kooperation mit dem BSC Sachsen Oberbärenburg e. V., Heimatverein von Francesco Friedrich, begründet. Damit können wir Sportlerinnen und Sportlern auch eine Perspektive für die Zeit nach der Leichtathletik bieten und uns zu einem Schwerpunkt für Bob und Skeleton im Leipziger Raum entwickeln. Wir haben sogar Vereinsmitglieder, die ab dem kommenden Schuljahr das Sportgymnasium in Altenberg als Kufensportler besuchen werden.

Mehr Infos:
https://scdhfk-laz.de/

Anmerkung: In der LZ-Ausgabe 105 erschien eine leicht gekürzte Version des Interviews.

„Ich blicke bestärkt in die Zukunft! – Interview mit René Hecking, Abteilungsleiter des Leichtathletikzentrums im SC DHfK“ erschien erstmals am 26. August 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 105 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Jan Kaefer über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar