Die Personalpolitik des sächsischen Innenministers Roland Wöller sorgt zunehmend für Unmut: Entscheidungen des CDU-Mannes seien nicht nachzuvollziehen – dabei wird auch mit der Versetzung von Polizisten argumentiert. Während der Bundeskanzler zögert und der Krieg weitergeht, reisen drei Parlamentarier der Ampel-Koalition nach Kiew zum Treff mit ukrainischen Kollegen. Und: Da die Unterbringung von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine auf agra-Gelände verschoben wird, kann das WGT nun doch wie gewohnt dort stattfinden. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 12. April 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Vorwürfe gegen Wöllers Personalpolitik: Freunde her …

Roland Wöller hat ein Problem. Der 51-Jährige ist seit 2017 sächsischer Innenminister, folgte damals dem glücklosen CDU-Parteifreund Markus Ulbig im Amt nach. Nun sieht er sich heftiger Kritik an seiner Personalpolitik auch aus den Reihen von Polizeigewerkschaften ausgesetzt: „Es werden Entscheidungen gefällt, die für die Polizei nicht nachvollziehbar sind“, wird Cathleen Martin zitiert, Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Sachsen.

Hintergrund des wachsenden Unmuts sind unter anderem Zweifel, ob Wöller freie Stellen tatsächlich immer nach Eignung und Qualifikation vergibt, wie er es selbst offiziell erklärt. Erst kürzlich wurde etwa der Politiker der Jungen Union und gescheiterte Bundestagskandidat Florian Oest (34), einst persönlicher Referent Wöllers, auf den Posten des Leiters der Stabsstelle Kommunikation beim Landespolizeipräsidenten gesetzt – ein personeller Schachzug, der vielfach Verwunderung hervorrief.

… und Kritiker weg?

Andererseits soll der Minister, so der Vorwurf, Widerspruch und Kritik mit Versetzung bestrafen, wobei Betroffene trotz ihrer Kompetenz das Vertrauen plötzlich abgesprochen bekämen und meist nur mittelbar davon erfahren. Bereits vor neun Tagen machte auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) diesen Verdacht öffentlich und benennt etwa den ehemaligen Landespolizeiinspekteur Reiner Seidlitz und den Ex-LKA-Präsidenten Petric Kleine als Beispiele.

Letzterer musste vor einem Jahr nach der Affäre um gestohlene Munition sächsischer Elitepolizisten seinen Hut nehmen, bekam eine Stelle im Innenministerium – schon damals hatte der BDK dieses Vorgehen als überstürzt und gegen die Unschuldsvermutung kritisiert.

Das Kopfschütteln über Wöllers Personalpolitik soll inzwischen auch längst in seiner eigenen Behörde Kreise ziehen. Vielen stoße dabei auch der „prüfungsfreie Aufstieg“ von Beamtinnen und Beamten sauer auf, in Wöllers Einflussbereich werde umstandslos befördert. Zuerst hatte die „Leipziger Volkszeitung“ über den Fall berichtet. Wie es weitergeht, dürfte spannend bleiben.

Drei Spitzenparlamentarier reisen in die Ukraine

Es ist das erste Mal seit dem russischen Überfall auf die Ukraine, dass deutsche Spitzenvertreter des Bundestags direkt in das angegriffene Land reisen: Die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Verteidigung (Marie-Agnes Strack-Zimmermann, 64, FDP), Auswärtiges (Michael Roth, 51, SPD) und Europa (Anton Hofreiter, 52, Grüne) treffen sich am Dienstag zu Gesprächen in der Westukraine mit Angehörigen der Kiewer Rada. Aus Sicherheitsgründen galt für die Reise bis vor kurzem strikte Konspiration, auch über den genauen Ort des Treffens wird geschwiegen.

Zuvor waren unter anderem bereits die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (63) oder der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe (51) in die Ukraine gereist. Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) dagegen hat sich als Regierungschef Deutschlands bisher noch nicht vor Ort sehen lassen – ein Umstand, der für Kritik sorgt. Womöglich hängt seine Zurückhaltung auch damit zusammen, dass er bisher zur Frage weiterer Waffenlieferungen an die Ukraine zögert.

Sorge vor möglichem Chemiewaffen-Einsatz

Der Krieg in der Ukraine geht indessen unvermindert brutal weiter, scheint sich mehr und mehr in den Osten des Landes zu verlagern. Das russische Militär griff in der Nacht zum Dienstag eigenen Angaben zufolge gezielt 32 militärische Einrichtungen an, wobei unter anderem ein Luftabwehrraketensystem und eine Flugzeughalle zerstört worden seien.

Auch aus Mariupol am Asowschen Meer werden wieder heftige Kampfhandlungen vermeldet. Die Stadt ist bereits seit Wochen durch die russische Streitmacht umzingelt und gilt als aus russischer Sicht strategisch bedeutsam, weil sie zwischen der 2014 durch Moskau annektierten Halbinsel Krim und den prorussischen Separatisten-Hochburgen in der Ostukraine liegt.

Die Rede ist bereits von zehntausend Toten, zudem steht der Verdacht im Raum, prorussische Einheiten hätten beim Kampf um Mariupol chemische Waffen benutzt. Die moskautreuen Separatisten bestreiten diesen Vorwurf.

Auch anderswo gehen die Kämpfe weiter, so in Charkiw, wo die Bevölkerung vor Streuminen gewarnt wurde. Laut westlichen Erkenntnissen zeichnet sich in der Ostukraine eine anstehende Großoffensive ab. Russlands Truppen, die seit Kriegsbeginn schwere Verluste erlitten haben, sollen in letzter Zeit massiv aufgestockt worden sein, von 30.000 aus 40.000 Soldaten.

Viele Angaben von Kriegsparteien können derzeit nicht unabhängig geprüft werden. Doch ein Ende des Krieges, in Russland offiziell euphemistisch als „militärische Spezialoperation“ umschrieben, zeichnet sich derzeit nicht ab.

WGT kann nun doch auf dem agra-Gelände stattfinden

Die von der Stadt am 22. März erteilte Absage für Veranstaltungen auf dem agra-Gelände, insbesondere des Wave-Gotik-Treffens am Pfingstwochenende, ist vom Tisch, da es nun möglich ist, die geplante Unterbringung von Kriegsvertriebenen zu verschieben.

„Aufgrund der gegenwärtigen Ankunftszahlen von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und bereits geschaffener bzw. derzeit in Vorbereitung befindlicher Unterkunftskapazitäten hat die Stadtspitze entschieden, die agra-Hallen im Stadtteil Dölitz später als bislang geplant zur Unterbringung zu nutzen. Damit kann das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig am Pfingstwochenende am gewohnten Standort durchgeführt werden“, teilte die Stadt heute am späten Nachmittag mit.

„Nach Analyse der derzeitigen Situation und Abwägung aller Risiken haben wir entschieden, den Ausbau der agra-Hallen um einige Wochen zu verschieben“, betonte der für das Thema Unterbringung der ukrainischen Flüchtlinge zuständige Bürgermeister Torsten Bonew.

„Die in Leipzig zur Verfügung stehenden Kapazitäten an Unterbringungsmöglichkeiten machen diesen Schritt möglich. Und natürlich sehen wir uns angesichts der touristischen und wirtschaftlichen Bedeutung des Wave-Gotik-Treffens für Leipzig in der Verantwortung und haben auch die durch eine Verlegung an einen anderen Ort entstehenden Mehrkosten in Höhe von rund 700.000 Euro im Blick.“

Wer wird neue Bundesfamilienministerin?

Nach dem gestrigen Rücktritt der bisherigen Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (41, Grüne) könnte noch vor dem Osterfest über die Nachfolge entschieden sein. Das jedenfalls hält die grüne Co-Bundesvorsitzende Ricarda Lang (28) für wahrscheinlich. Zugleich deutete sie an, dass wohl erneut eine Frau den Posten übernehmen solle.

Anne Spiegel war am Montag über Vorwürfe gestolpert, als rheinland-pfälzische Umweltministerin im Sommer 2021 kurz nach der verheerenden Flutkatastrophe an der Ahr (134 Todesopfer) zum vierwöchigen Familienurlaub nach Frankreich aufgebrochen zu sein. In diesem Zusammenhang soll sie die Öffentlichkeit auch über ihr Verhalten getäuscht haben.

Seifenkistenrennen abgesagt, Zugverkehr eingeschränkt, Farbanschlag auf SPD-Büro

Worüber die LZ heute berichtet hat: Die Absage des Seifenkistenrennens in Leipzig auch für 2022, den Leipziger Haushalt, den Farbanschlag auf das Büro des SPD-Politikers Holger Mann, der weiterhin für den Dialog wirbt, Einschränkungen im regionalen Zugverkehr und einen lesenswerten Lyrikband.

Strafgeld für britischen Premier, Halle-Attentäter womöglich bis ans Lebensende in Haft, Zahl der Angriffe auf Journalisten erreicht Höchststand

Was heute sonst noch wichtig war: Der britische Premierminister Boris Johnson (57) wird wegen seiner Corona-Partys zur Kasse gebeten.

Zweieinhalb Jahre nach dem rechtsterroristischen Anschlag eines Neonazis in Halle an der Saale mit zwei Toten ist die Höchststrafe gegen den Täter insgesamt rechtskräftig.

Alarmierende Zahlen: Vor allem wegen der Corona-Proteste hat die Zahl der Angriffe auf Medienvertreterinnen und -vertreter einen Höchststand erreicht.

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