Seit mittlerweile mehr als acht Monaten – je nach Sichtweise auch schon seit mehreren Jahren – führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Bereits nach kurzer Zeit hatten Millionen Menschen das Land verlassen. Viele flüchteten nach Deutschland – rund eine Million seit Kriegsbeginn am 24. Februar. Vor allem die Bundesländer und Städte im Osten Deutschlands gehörten zu den ersten Zielen dieser Menschen.

Betroffen war somit auch Leipzig, das vor allem in den ersten Tagen und Wochen vor großen Herausforderungen stand. Teilweise mehrere hundert Menschen trafen täglich in der Stadt ein. Hanna Saur, seit Juni Leiterin des Amtes Bürgerservice und vorher zuständig für das Ankommenszentrum, sagt, dass die Verwaltung mit Kriegsbeginn einen Verwaltungsstab gebildet habe, um die Stadt auf verschiedene Szenarien vorzubereiten.

Die Zahl der ankommenden Ukrainer/-innen habe die schlimmsten Szenarien aber nochmals übertroffen. Selbst die Situation im Jahr 2015 sei damit nicht vergleichbar gewesen. So viele Menschen wie damals in einem Jahr seien nun innerhalb weniger Wochen nach Leipzig gekommen.

Lange Warteschlangen

Bereits ab Anfang März gab es das Ankommenszentrum im Neuen Rathaus. „Wir haben Tag und Nacht gearbeitet“, sagt Saur. Die langen Warteschlangen vor dem Neuen Rathaus hatten damals zu Kritik und zur Forderung geführt, dass die Stadt ihre Kapazitäten ausbauen müsse. Doch im Neuen Rathaus sei das aus Platzgründen gar nicht möglich gewesen, erklärt Saur.

Kurz darauf erfolgte der Umzug in die Turnhalle der Gerda-Taro-Schule. Die Verwaltung bündelte im Ankommenszentrum Angebote wie Bürgerservice, Ausländerbehörde, Sozialamt und Jugendamt. Im Oktober erhielt es dafür den Preis für gute Verwaltung des „Public Service Lab“.

Hanna Saur betont aber auch: Ohne die Zivilgesellschaft hätte es nicht funktioniert. Vor allem die große Bereitschaft, geflüchtete Menschen privat unterzubringen, war wichtig. Hilfreich waren aber zum Beispiel auch jene Menschen, die sich schnell selbst organisierten und die Ukrainer/-innen am Hauptbahnhof in Empfang nahmen. Teilweise trafen dort täglich mehrere Sonderzüge ein.

Drei-Schicht-System am Hauptbahnhof

Nachdem die Stadt dort zunächst eine sogenannte Schnelleinsatzgruppe aktiviert hatte, übernahmen nach wenigen Tagen die Johanniter den Auftrag zur Organisation der Hilfe. Im Drei-Schicht-System arbeiteten zehn Personen gleichzeitig und unterstützten die ankommenden Ukrainer/-innen beispielsweise bei Übersetzung, Verpflegung, Erholung und Weiterleitung, erklärt Ausbildungsleiter Stefan Kupietz.

Mittlerweile kommen schon längst keine Sonderzüge mehr in Leipzig an. Noch bis Ende September war der Hilfepunkt am Hauptbahnhof rund um die Uhr in Betrieb; aktuell ist er täglich von 9 bis 17:30 Uhr geöffnet.

Auch die Schwerpunkte der Arbeit hätten sich mit der Zeit verschoben, erklärt Kupietz. So würden viele Ukrainer/-innen, die die Hilfe in Anspruch nehmen, nun gerne wissen, an welche Ämter sie sich wenden müssen. Insgesamt sind seit Beginn des Krieges mehr als 11.000 Menschen aus der Ukraine nach Leipzig gezogen.

„Acht Monate Krieg gegen die Ukraine“ erschien erstmals am 28. Oktober 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 107 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops sowie bei diesen Szenehändlern.

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