Roman

Buchcover.
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Aus unseren Feuern: Ein Roman aus der Welt außerhalb der deutsche Wohlfühlblase

Der Verlag war gleich ganz forsch und stellte Domenico Müllensiefens Roman in die Tradition von Wolfgang Hilbig und Clemens Meyer. Aber vielleicht hat er damit sogar recht. Denn diese Tradition enthält ein Erzählgenre, das in der vom seelengeschwängerten deutschen Mittelstandsroman dominierten „hohen“ Literatur nicht vorkommt: die Welt der Underdogs, die gar keine Zeit haben für […]

Asjadi: Tric-Trac. Foto: Ralf Julke
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Tric-Trac: Yoricks Scheitern am Roman und der Traum von einem sich erfüllenden Leben im Okzident

„Roman trouvé“ nennt der Verleger Michael Faber die Reihe, in der er Romane veröffentlicht, an die sich nicht jeder Verlag traut und die dann auch gern mal das Genre sprengen. So wie dieser wirklich dicke Band des 1980 in Teheran geborenen Filmemachers, Autors und Ausstellungskurators Ajadi. Mit Tric-Trac ist tatsächlich die Backgammon-Variante gemeint, die motivisch […]

Oliver Teutsch: Die Akte Klabautermann. Foto: Ralf Julke
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Die Akte Klabautermann: Die Geschichte eines beinahe nicht geschriebenen Welt-Bestsellers

Schreiben kann man nur aus Betroffenheit. So falsch war der Riecher von Johannes R. Becher nicht, als er 1946 im kriegszerstörten Berlin ausgerechnet Hans Fallada die Gestapo-Akte zu Elisa und Otto Hampel in die Hand drückte, um aus dem Leben und dem Sterben dieser beiden den ersten großen deutschen Nachkriegsroman zu machen. Ein Roman, der nach dem frühen Tod von Hans Fallada zwar zum Bestseller wurde, seinen tatsächlichen Siegeszug um die Welt aber erst 2009 antrat.

Ralph Grüneberger: Lisa, siebzehn, alleinerzogen. Cover: Gmeiner Verlag
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Lisa, siebzehn, alleinerzogen: Worum es im fernen Jahr 1991 tatsächlich ging

Geschichte lässt einen nicht los, die eigene schon gar nicht. Und: „... die Vergangenheit ist Vergangenheit – und nicht vorbei“, zitiert Ralph Grüneberger seinen Schriftstellerkollegen Friedrich Christian Delius im Leitspruch für dieses Buch. Und irgendwann muss das alles erzählt werden. Und wenn es 30 Jahre dauert und die Corona-Auszeit endlich die Ruhe verschafft, die Geschichte zu Ende zu erzählen. Dabei geht es um mehr als die 17-jährige Lisa.

Maximilian Zech: Aus einer Zeit. Foto: Ralf Julke
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Aus einer Zeit: Maximilian Zechs Roman über einen jungen Arzt, der sich selbst abhanden kam

Wird das noch ein Roman? Kann das noch ein Roman werden? Da passiert doch gar nichts im Leben von Matthias Bode, der in der beschaulichen Universitätsstadt Göttingen seiner Arbeit nachgeht, Schicht um Schicht ableistet, auch wie selbstverständlich die Feiertage und Sonntage der Kolleg/-innen übernimmt. Aber gerade deshalb ist Maximilian Zechs erster Roman eine Geschichte, die typisch ist für unsere Zeit – eine Geschichte der stillen Angst, das eigene Leben zu leben. Und eine zutiefst ostdeutsche Geschichte.

Cornelia Lotter: Der Himmel über den Mauern. Foto: Ralf Julke
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Der Himmel über den Mauern: Das Wehrmachtsgefängnis Torgau, der Jugendwerkhof und die langen Schatten einer gewalttätigen Vergangenheit

Wie „frisch“ ist eigentlich Geschichte? Wie sehr wirkt sie nach in unserer Gegenwart? Wie prägt sie unser Denken und Handeln? Das sind die Fragen, die die Leipziger Autorin Cornelia Lotter immer mehr interessieren, seit sie sich intensiver mit den Zeugnissen von Zwang, Gewalt und Entrechtung im Leipziger Stadtraum beschäftigt. Nicht ahnend, dass sie von der ehemaligen Arbeits- und Verwahranstalt in der Riebeckstraße 63 auch noch ins nahe Torgau gelangen würde, wo staatliche Repressionsanstalten eine 200-jährige Geschichte haben. Der Jugendwerkhof war in der DDR nicht nur legendär – er war eine Drohkulisse. Und für die dort Eingesperrten ein Trauma fürs Leben.

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Der makedonische Offizier: Eine Fragment gebliebene Stalin-Parabel und die „aussätzigen“ Jahre des Andrej Platonow

Man soll Bücher nicht durcheinander lesen. Natürlich soll man Bücher durcheinander lesen. Dann kommt es nämlich zu Begegnungen der unheimlichen Art. Und es kommt zusammen, was zusammengehört, auch wenn man es vorher nicht zusammengedacht hat: die Hexenprozesse in Salem, die puritanische Intoleranz, die Zensurpraxis in der DDR und der intolerante Wahnsinn des Stalinismus, dem auch die besten russischen Autoren zum Opfer fielen.

Markus Thielemann: Zwischen den Kiefern. Foto: Ralf Julke
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Zwischen den Kiefern: Ein Roman über die ganz und gar nicht verlockende Wildnis unter der dünnen Haut unserer Zivilisation

Es sieht – auf den ersten Blick – etwas unscheinbar aus, nicht so wie der Roman zum wichtigsten Thema der Zeit. Und nein: das wichtigste Thema ist nicht die Corona-Pandemie. Auch wenn es einige Selberdenker glauben und sich benehmen wie Quengelkinder, die ihren Willen nicht bekommen. Das wichtigste Thema ist unser Überleben. Und die Zeichen stehen gar nicht gut. Denn auf das, was da auf uns zukommt, sind wir nicht vorbereitet. Ein Roman wie ein Gedankenexperiment.

Stefan Heym: Flammender Frieden. Foto: Ralf Julke
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Flammender Frieden: Stefan Heyms (Anti-)Kriegsroman von 1944 erstmals in deutscher Sprache

Michael Müller hat recht, wenn er im Nachwort schreibt: „Flammender Frieden ist mithin auch ein erstaunlich aktueller Roman.“ Und das will schon etwas heißen für einen Roman, der 1944 erstmals unter dem Titel „Of Smiling Peace“ in den USA erschien und jetzt erstmals auf Deutsch vorliegt. Müller ist Gründungsmitglied der Internationalen Stefan-Heym-Gesellschaft. Aber sein Satz ist mehr als Werbung für einen der markantesten Autoren (Ost-)Deutschlands.

Sven Regener: Glitterschnitter. Foto: Ralf Julke
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Glitterschnitter: Den kleinen Herrn Lehmann im wilden Westberlin der frühen Achtziger wiedertreffen

Es gibt Bücher, die tauchen auf ganz seltsame Weise in unseren Bücher-Lese-Stapeln auf, als hätte sie ein Kobold hineingeschmuggelt. Vielleicht, weil er dachte: hey, ihr sitzt doch in Connewitz, diesem punkigen Leipziger Pflaster! Da könnte euch doch auch mal eine Geschichte aus dem ollen Westberlin interessieren. Von damals, als drumherum noch Zone war und in Kreuzberg Häuser besetzt wurden. Und auch noch eine Geschichte von Sven Regener, dem Sänger von „Element of Crime“.

Ferdinand Schwanenburg: Machtergreifung. Foto: Ralf Julke
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Machtergreifung: Ein Politthriller über die Gefährdung unserer Demokratie durch die machtbesessenen Sehlings

Ferdinand Schwanenburg ist ein Pseudonym. Vielleicht auch deshalb, weil der Autor dieses Politthrillers selbst zwei Jahre lang für verschiedenste Fraktionen der Deutschlandpartei, sorry: der AfD, gearbeitet hat. Aber stünde der richtige Name auf dem Cover, würde sich das Buch wohl auch unter die vielen erschienenen Bücher einreihen, in denen einstige AfD-Mitglieder abrechnen mit der rechtsabdriftenden Partei. Aber das ist es nicht. Es ist auch eine Dystopie. Eine Warnung sowieso.

Michael Haas: Kritische Masse. Foto: Ralf Julke
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Kritische Masse: Ein heftig ernüchternder Parlamentsroman aus der tiefsten deutschen Provinz

„Wer mehr will, als er braucht, zwingt das Bestehende, jedes gesunde Maß aufzugeben und wild zu suchen. Dann kommt der Krebs und schließlich das metastasierende Elend.“ Den Satz schreibt Michael Haas fast am Ende seines Buches, im Epilog seines „Parlamentsromans“, der eigentlich kein Roman ist, sondern eine kluge, bittere und ernüchternde Abrechnung aus dem Innenleben einer Landtagsfraktion in einer deutschen Provinzhauptstadt, die auch anders als Sternheim heißen könnte.

Dalibor Marković: Pappel. Foto: Ralf Julke
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Pappel: Die ganz und gar nicht kafkaeske Geschichte eines richtigen Herumtreibers

Eigentlich ist ja kein Kafka-Jahr, jedenfalls kein rundes. Aber irgendetwas liegt da in der Luft, das den 1924 verstorbenen Autor wieder allgegenwärtig macht. Auf einmal sitzen wieder ältere Herren in der Straßenbahn vor einem, die Kafkas „Schloss“ mit ernsthafter Hingabe lesen. Eine Rezension von Tucholsky aus dem Jahr 1928 fällt einem in die Hand, in der er fast flapsig meint, ein Buch müsse überhaupt nicht druckfrisch sein, um es zu besprechen.

Marcus Mötz: Von einem, der sich auszog. Foto: Ralf Julke
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Von einem, der sich auszog: Ein doppelbödiger Roman über die Verführungen des schnellen digitalen Ruhms

Marcus Mötz ist ein Hansdampf in allen Genres. Manchmal schlug er auch bei der Leipziger Internet Zeitung auf. Er arbeitet als Sprecher, Moderator und Videojournalist. Und jetzt hat er auch noch ein Buch geschrieben, eines, das die ganze Verrücktheit unseres heutigen Umgangs mit Medien, Privatleben und Partnerschaft in den Fokus nimmt. Und zwar ganz und gar nicht sprichwörtlich.

Jan Groh: Colón. Foto: Ralf Julke
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Colón: Ein beklemmender „Narren“-Roman über den Sommer 1989 aus westdeutscher Perspektive

Wenn Arne Born mit seinem Buch „Literaturgeschichte der deutschen Einheit 1989–2000“ 2019 etwas gelungen ist, dann etwas, was der Literaturwissenschaftler eigentlich gar nicht beabsichtigt hatte: zu zeigen, dass es ein deutsch-deutsches Gespräch auf Augenhöhe nie gegeben hat. Literatur ist ein sehr guter Seismograph für die Missstände einer Gesellschaft. Auch dann, wenn die Bücher nie in den „Spiegel“-Bestseller-Listen auftauchen. Gerade dann.

Julius Fischer: Ich hasse Menschen. Eine Art Liebesgeschichte. Foto: Ralf Julke
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Ich hasse Menschen: Wie Julius Fischer in Ostsachsen seine Liebe findet

Schon vor drei Jahren hat Julius Fischer ein Buch mit dem herzerweichenden Titel „Ich hasse Menschen“ vorgelegt, damals mit dem Untertitel „Eine Abschweifung“. Das war so eine Art Reiseroman auf die Fischersche Art. Nun folgt ein entsprechender Liebesroman, der eigentlich auch eine Art Reiseroman ist. Denn diesmal verschlägt es den Helden Julius Fischer direkt nach Ostsachsen. In ein Nest namens Sucknitz.

Cornelia Lotter: Schweigeort. Foto: Ralf Julke
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Schweigeort: Drei Frauenschicksale und der Leipziger Unort Riebeckstraße 63

Denn das Grauen siehst du nicht. So könnte man nicht nur Thriller betiteln, sondern auch historische Romane über unsere jüngere Geschichte. Romane, wie sie die Leipziger Autorin Cornelia Lotter jetzt schreibt. Krimileser/-innen kennen Sie noch als Autorin von Thrillern wie „Gottesgericht“, ein Buch, das sie unter dem Titel „Blutangst“ gerade überarbeitet. Aber Thriller lassen uns so leicht vergessen, dass es in der Regel keine „Einzeltäter“ sind, die das Grauen in unsere Welt bringen.

Tom Schmieder: Als wir einmal fast erfolgreich waren. Foto: Ralf Julke
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Als wir einmal fast erfolgreich waren: Mark Müller, Westberlin 1979 und das schöne Scheitern im Klassenkampf

Der Leipziger Liesmich Verlag ist im Grunde ein Team von emsigen Lektor/-innen, die Buchtiteln zur Druckreife verhelfen, die in normalen Verlagen keine Chance hätten, die aber wichtig sind und auch Seiten unserer Gesellschaft zeigen, die sonst kaum mal literarisch beleuchtet werden, sei es die Welt von Radkurieren („Pedalpilot Doppel-Zwo“) oder die von Fußballanhängern („Konfetti im Bier“). Oder – wie mit diesem Buch – von jungen Radikalen im Westberlin des Jahres 1979.

Francis Nenik: E. oder Die Insel. Foto: Ralf Julke
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E. oder Die Insel: Der Gestrandete auf der Muldeinsel und die Abgründe der Leipziger Kindermedizin im 20. Jahrhundert

Die Form ist ungewöhnlich, auch der Ort, an dem der Ich-Erzähler seine Geschichte rekapituliert: eine Insel in der Mulde, in Sichtweise des Pfarrhauses, in dem er kurz zuvor erst mit seiner Familie eine Notunterkunft bekam. Es sind die letzten Tage des Krieges und nach und nach tauchen wir als Leser ein in die Selbstrechtfertigung eines Mannes, der sich durchaus bewusst ist, dass er Schuld auf sich geladen hat.

Henner Kotte: Die dreizehn Leben des Richard Rohde. Foto: Ralf Julke
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Die dreizehn Leben des Richard Rohde: Der Roman einer Familie, der zugleich 300 Jahre Geschichte in der Lausitz erzählt

Bislang hat sich Henner Kotte vor allem mit Kriminalromanen und Sammlungen authentischer Kriminalfälle einen Namen gemacht. Mit „Die dreizehn Leben des Richard Rohde“ legt er jetzt einen großen sächsischen Familienroman vor, in dem sich 300 Jahre bündeln, verschlingen, spiegeln. Und das alles um den Rohdehof nahe einem Dorf namens Lenkwitz, das am Ende Opfer des Kohlebergbaus in der Lausitz wird.

Jonathan Böhm: Wir sind allein unter den Bäumen. Foto: Ralf Julke
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Wir sind allein unter den Bäumen: Ein Roman wie ein Erinnerungspuzzle über das Jungsein im Osten

Es ist schon erstaunlich, wie sie sich jetzt zu Wort melden – ganz unspektakulär, so, wie das wohl immer ist, wenn es junge Autor/-innen wirklich ernst meinen mit der Erkundung ihrer Welt. Und diese Welt ist das östliche Deutschland, wo auch Jonathan Böhm aufgewachsen ist. Auch wenn es nicht seine Geburtsstadt Zwickau ist, die hier zum Schauplatz wird, sondern das von der Zeit gebeutelte Schwerin.

Matthias Jügler: Die Verlassenen. Foto: Ralf Julke
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Die Verlassenen: Das Schweigen des Ostens in einer unvollendbaren Sohn-Vater-Geschichte

Verlage locken einen ja nur zu gern auf falsche Fährten, schon allein damit, dass sie gleich mal haufenweise Zitate von mehr oder weniger bekannten Lese-Leuten mitschicken, die das Buch schon vor Veröffentlichung gelesen haben und enthusiastisch anpreisen. Wobei ein wenig Enthusiasmus für Matthias Jüglers zweiten Roman durchaus nicht fehl am Platz ist. Aber bitte sehr dosiert, also skandinavisch-ostdeutsch unterkühlt.

Olivia Kuderewski: Lux. Foto: Ralf Julke
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Lux: Wenn die Reise ins Gelobte Land in der Wüste Einsamkeit endet

Am Ende weiß man es nicht so recht: Ist sie nun gescheitert? Gestrandet? Hat sie sich aufgegeben? Hat sie ihre Glasglocke verlassen? Denn Lux sitzt allein in der Wüste. Irgendwo jenseits von Las Vegas. Ohne Geld, ohne Rucksack. Endet hier ihr großer Versuch, auf einer Reise quer durch die USA wieder gesund zu werden? Oder wenigstens wieder Mut zum Leben zu finden? Oder sind die USA der denkbar schlechteste Ort, um sich selbst wiederzufinden, wenn man sich verloren hat?

Viktor Martinowitsch: Revolution. Foto: Ralf Julke
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Revolution: Viktor Martinowitschs neuer Roman über die Eiseskälte der Macht

Es ist ein hartes Buch. Noch ein paar Stufen härter als die beiden eh schon mitreißenden und aufwühlenden Romane, die der belorussische Autor Viktor Martinowitsch schon bei Voland & Quist veröffentlicht hat. Oder besser formuliert: Die der in Markkleeberg lebende Übersetzer Thomas Weiler ins Deutsche übersetzt hat. Auch für all die Leute, die einfach keinen blassen Schimmer davon haben, wie autoritäre Regime wirklich funktionieren.

Veronika Götze: Schellingers Welt. Foto: Ralf Julke
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Schellingers Welt: Ein Schelmenroman voller Liebe und dem Glück des unbekümmerten Taugenichts

Noch ist Lockdown. Draußen herrschen Frost und Schnee. Da lohnt sich der Griff ins Buchregal. Da kann man nämlich weiterlesen, wenn man sich mit diesem Schelmenroman von Veronika Götze in Stimmung gebracht hat. Denn „Schellingers Welt“ gehört in eine große deutsche Romantradition. Auch, wenn einem das Deutschlehrer so nie verraten würden. Keine Romanform ist typischer für Deutschland als der Schelmen- und Taugenichtsroman.

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Die heimischste Fremdheit, die ich habe: Dmitrij Kapitelmans neuer Roman „Eine Formalie in Kiew“

Dmitrij Kapitelman lebt seit seiner Kindheit in Leipzig. Geboren wurde er 1986 in der damaligen Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik als Kind eines jüdisch-ukrainischen Vaters und einer orthodoxen-moldawischen Mutter. Jetzt will er Deutscher werden, auch auf dem Papier. Und muss dafür nach Kiew reisen ─ eine Formalie erledigen. In dem Roman „Eine Formalie in Kiew“ bleibt es natürlich nicht bei ebendieser, sondern geht um so viel mehr: Familie, Erinnerungen, Zugehörigkeit.

Henry Handel Richardson: Maurice Guest, Band 2. Foto: Ralf Julke
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Maurice Guest, Band 2: Das Scheitern des Maurice Guest an seinen eigenen Vorstellungen von „Liebe“

Vor vier Tagen haben wir hier den ersten Band des neu übersetzten und in der Connewitzer Verlagsbuchhandlung erschienenen Romans „Maurice Guest“ von Henry Handel Richardson besprochen. Dass der zweite Band für den Titelhelden nicht gut ausgehen würde, war da schon zu ahnen. Obwohl: Eigentlich ist er gar nicht der Held. Eher ein Antiheld. Also irgendwie der Typus unserer Zeit. Aber nicht der ermutigendste.

Henry Handel Richardson: Maurice Guest. Band 1. Foto: Ralf Julke
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Maurice Guest: Der atmosphärische Leipzig-Roman von Henry Handel Richardson von 1908 jetzt in einer neuen Übersetzung

Das Jahr 2020 ist nicht nur das von 30 Jahren Deutscher Einheit. Es feierte auch so mancher den 30. Geburtstag – so wie die Connewitzer Verlagsbuchhandlung, die sich und ihren Leser/-innen aus diesem Anlass sogar ein besonderes Geburtstagsgeschenk herausgebracht hat: den fast vergessenen Leipzig-Roman „Maurice Guest“ der australischen Schriftstellerin Henry Handel Richardson.

Benjamin Fredrich: Die Redaktion. Foto: Ralf Julke
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Die Redaktion: Benjamin Fredrich erzählt mit Eulenspiegel-Freude die Entstehung des Katapult-Magazins

Beim Katapult-Magazin in Greifswald läuft so einiges anders als bei klassischen Medien. Seit 2015, seit Benjamin Fredrich seine Promotion an der Universität Greifswald erst einmal in den Pausenmodus versetzte und einfach mal loslegte und Katapult gründete. Einfach so. Was man eigentlich nicht machen sollte in Deutschland, wo selbst die Gründerberatung nichts für neue Ideen übrig hat. Wo kämen wir sonst hin?

Ralph Grüneberger: Herbstjahr. Foto: Ralf Julke
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Ralph Grünebergers Video zum Roman „Herbstjahr“ ist jetzt online

Vor einem Jahr veröffentlichte der Gmeiner Verlag Ralph Grünebergers großen Roman zu den Umbrüchen von 1989/1990 „Herbstjahr“. Eigentlich wäre die Leipziger Buchmesse im März der Zeitpunkt gewesen, an dem er mit dem Buch die große Bühne gefunden hätte. Aber die Corona-Pandemie machte dem einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Im Sommer hat der Gmeiner-Verlag ein halbstündiges Video mit Ralph Grüneberger produziert, das jetzt im Internet zu sehen ist.

Mona Krassu: Falsch erzogen. Foto: Ralf Julke
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Falsch erzogen: Solveigs Kindheit im Land der verbotenen Worte und Emotionen

Das entscheidende Wort in Mona Krassus neuem Roman ist weder Tripperburg noch Diktaturstaat, sondern: Spuren. Und damit sind nicht die Spuren im Schnee gemeint, sondern eines der vielen Worte aus der LTI, die es nahtlos geschafft haben, auch im Sprachjargon der DDR ihren Platz zu finden. Worte, die sehr viel verraten über das Disziplinierungsdenken in Deutschland. Und über das absehbare Ende der DDR. Dabei geht es in dem Buch um ein Mädchen, ein gar nicht so ungewöhnliches.

Kaśka Bryla: Roter Affe. Foto: Ralf Julke
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Roter Affe: Ein On-the-Road-Roman mit selbstbewussten Heldinnen und der Frage, was eigentlich böse ist

Je öfter man die Romane osteuropäischer Autor/-innen liest, umso stärker wird das Gefühl, dass die Westeuropäer (und die (Ost-)Deutschen eingeschlossen) in einer Blase leben, einer Wohlstandsblase, die sie blind macht für die Wirklichkeit des eigenen Kontinents. Auch wenn Kaśka Bryla in Wien geboren wurde, am Leipziger Literaturinstitut studiert hat und auch heute wieder in Wien lebt. Ihre zweite Heimatstadt heißt Warschau.

Fabian Vogt: Drei Leben. Foto: Ralf Julke
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Drei Leben: Ein leicht philosophischer Roman über das Drama der Freiheit in unserem Leben

Fabian Vogt ist ein Autor, der Experimente liebt, jene faszinierenden Überlegungen, zu denen unser Gehirn fähig ist, wenn es das Leben als Alternative denkt: Was wäre, wenn ... Wenn wir zum Beispiel drei Leben hätten. Nicht einfach so hintereinander, sondern richtig: drei Träume, die man sich im Leben verwirklichen möchte, auch umsetzen zu können. Ein ganz junges Thema, denn daran verzweifeln viele hochbegabte junge Menschen: an der Unmöglichkeit so einer Wahl.

Beka Adamaschwili: In diesem Buch stirbt jeder. Foto: Ralf Julke
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In diesem Buch stirbt jeder: Die lustvolle Demontage des Romaneschreibens in einem Roman von Beka Adamaschwili

Vor ein paar Jahren hat der georgische Autor Beka Adamaschwili seinen Helden Piere Sonnage in die Literatenhölle geschickt. Das Buch gefiel nicht nur den Georgiern. Vielleicht auch, weil Adamaschwili sie nicht mit den Malaisen der gegenwärtigen georgischen Politik oder der jüngeren Geschichte konfrontierte. Im Gegenteil: Augenzwinkernd nahm er sie mit in die großen Bücher der Weltliteratur. Denn nichts öffnet Horizonte so sehr wie große Literatur. Auch wenn der Autor darin seltsame Dinge anstellt.

Ronald Willmann: Modellversuch Chemnitz. Foto: Ralf Julke
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Modellversuch Chemnitz: Der tragische Tod des Journalisten Arne Heller

Es ist ein vertrackter Roman, freilich nicht unbedingt, weil der Held stirbt darin wie der Held in William Goldings „Pincher Martin“ von 1956. Das ist lediglich erschütternd, vertrackt ist er, weil er ein Stück weit die Wehrlosigkeit von Journalisten zeigt, die wirklich herausfinden wollen, wer im deutschen Rechtsextremismus tatsächlich die Fäden zieht und welche Rolle dabei die seltsamen Ämter für Verfassungsschutz spielen, die so erwartbar immer wieder versagen, wenn es um rechtsextreme Umtriebe geht.

Johannes Herwig: Scherbenhelden. Foto: Ralf Julke
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Scherbenhelden: Johannes Herwigs Punk-Roman aus den 1990er Jahren in Leipzig

Wahrscheinlich muss man wirklich jung gewesen sein in dieser Zeit. Wer sonst sollte so über die 1990er Jahre in Leipzig berichten? Über diese Jahre, die die Erwachsenen als Zusammenbruch aller Konstanten in ihrem bisherigen Leben erlebten. Nicht ahnend, wie diese Jahre nachwirken werden. Später. Also heute. „Und doch hatte ich das Gefühl, etwas wäre verloren gegangen. Etwas Wichtiges“, lässt Johannes Herwig seinen Helden Nino denken. Kurz vor Schluss, bevor er mit einem kleinen Funken Hoffnung endet.

Ivana Sajko: Familienroman. Foto: Ralf Julke
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Familienroman: Ivana Sajkos Geschichte einer Zagreber Familie in den Schatten der großen Geschichte

Seit einigen Jahren veröffentlicht der Verlag Voland & Quist liebevoll edierte Bücher von Autorinnen und Autoren aus Ost-und Südosteuropa. Bücher, die einem aus ostdeutscher Perspektive oft erstaunlich vertraut vorkommen, weil man ja einige Teile dieser Geschichte ganz ähnlich erlebt hat. Das trifft selbst auf die Literatur aus dem ehemaligen Jugoslawien zu, zu dem ja auch Kroatien gehörte.

Anna Herzig: Herr Rudi. Foto: Ralf Julke
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Herr Rudi: Die ganz und gar nicht spröde Lebens-Liebes-Geschichte eines Gerichtsvollziehers

Herrn Rudi geht es gar nicht gut. Herr Rudi klingt ein bisschen niedlich. Man kennt diese Liebe der Salzburger Autorin Anna Herzig zu ihren literarischen Gestalten. Dabei sind es gar keine niedlichen Gestalten, sondern Menschen wie du und ich und die anderen alle. Menschen, die sich fürchten, sich Sorgen machen, ein bisschen geliebt werden wollen und doch wissen, dass sie eines Tages sterben werden. Und Herr Rudi wird bald sterben.

Willy Weglehner: Republik am See. Foto: Ralf Julke
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Republik am See: Ein paar honorige Campingplatz-Bewohner und die Freude am Gründen einer ganz bestimmt sozialen Bank

Wenn man so seine Liste der fertiggestellten Bücher liest, dann hat der fränkische Autor Willi Weglehner wohl jahrelang nichts anderes getan, als einen Roman nach dem anderen in die Tasten zu hauen, bevor er daranging, für die Bücher auch Verlage zu suchen. Einige dieser Bücher hat der Leipziger Einbuch-Verlag in sein Programm aufgenommen. Die „Republik am See“ ist das fünfte, geschrieben, wenn man so auf Weglehners Liste schaut, schon 2007. Ein Jahr, in dem er sich mit '68er-Bissigkeit der deutschen Elite widmete.

Ziemowit Szczerek: Sieben. Foto: Ralf Julke
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Sieben: Wenn Gonzo-Journalismus in einen Gonzo-Roman gerät

Als der 2013 erschienene „Mordor“-Roman von Ziemowit Szczerek 2017 bei Voland & Quist erschien, haben wir ihn gleich drei Mal rezensiert. Einfach aus Spaß an der Freude, einen echten Gonzo-Roman aus Polen zu rezensieren. Auch „Sieben“ ist ein Gonzo-Roman. Auch wenn man es dem Helden Pawel am Beginn seiner Fahrt über die Landesstraße Nr. 7 noch zutraut, dass er in Warschau ankommt. Vielleicht ein bisschen lädiert.

Michael G. Fritz: Auffliegende Papageien. Foto: Ralf Julke
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Auffliegende Papageien: Eine verhedderte Liebesgeschichte in Zeiten auferstehender Vergangenheiten

Alles fängt mit einem falsch angeketteten Fahrrad an und es endet auf einem zugefrorenen See mit Lagerfeuer und einem gealterten Helden, der auf einmal von zwei Frauen zur Liebe aufgefordert wird. Zwei Frauen, die beide mit auffliegenden Papageien tätowiert sind – auch an intimster Stelle. „Eine große, verstrickte Liebesgeschichte“, nennt es der Verlag, was der Dresdner Autor Michael G. Fritz in seinem neuen Roman erzählt.

Maria Bosri: Taubenblut. Die Siedler. Foto: Ralf Julke
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Taubenblut: Der erste Band einer sächsischen Familiengeschichte aus dem polnischen Wierzeje

Geschichte ist nicht das, was man in Geschichtsbüchern liest. Das ist bestenfalls so eine Art komprimierter Extrakt, bestenfalls das, was Historiker „die Meistererzählung“ nennen, wohl wissend, dass sie im Grunde nur ein paar Schlagzeilen enthält, aber das ganze blutige Leben in seinen vielen tausend Einzelgeschichten gar nicht drin vorkommt. Und so sucht man in der deutschen Wikipedia erst einmal vergeblich nach einem Dorf mit dem Namen Wierzeje.

Andrej Platonow: Dshan oder Die erste sozialistische Tragödie. Foto: Ralf Julke
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Neu übersetzt und um Zeitzeugnisse ergänzt: Dshan oder Die erste sozialistische Tragödie

Als bei Volk & Welt 1989 der Band „Die Baugrube. Das Juvenilmeer. Dshan“ mit den Kurzromanen von Andrej Platonow erschien, ging er praktisch unter in einer völlig veränderten gesellschaftlichen Diskussion. Und dabei hatte es über 25 Jahre gedauert, bis „Dshan“ auch in der DDR erscheinen konnte. Was – im Nachhinein betrachtet – auch eine Tragödie war. Denn so unterblieb auch eine zentrale Diskussion über die Zukunft des Ostens. Eine Diskussion, die das vereinigte Deutschland 30 Jahre später beschäftigt.

Tomas Blum: Wofür wir uns schämen. Foto: Ralf Julke
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Wofür wir uns schämen: Ein Roman über Kindheitsmuster, falsche Rollen und den Mut zum eigenen Leben

Manchmal braucht es ein paar Umwege bis zum ersten Roman – zum Beispiel über 20 Jahre Arbeit als Autor und Ghostwriter in Wirtschaft und Politik. Und dann vielleicht noch den Kontakt zu einer einzigartigen Lektorentruppe wie die des Leipziger Liesmich Verlages, den diese ambitionierten Leipziger ja extra gegründet haben, um verheißungsvolle Manuskripte tatsächlich zum Überraschungsbuch werden zu lassen. So auch Tomas Blums „Wofür wir uns schämen“.

Svetlana Lavochkina: Puschkins Erben. Foto: Ralf Julke
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Puschkins Erben: Ein burlesker Roman aus dem Zaporoschje der späten Breschnew-Ära

Wer hätte nicht gern einen berühmten Vorfahren in seinem Stammbaum? Irgendein Genie, und seien es auch so ausgeflippte Typen wie Alexander Puschkin oder Ernest Hemingway. Auf den ersten Blick scheint es in diesem Buch darum zu gehen. Alles fängt mit Puschkin an und seinem Aufenthalt im Sommer 1820 in einem kleinen Nest am Dnepr mit dem Namen Zaporoschje, dem Verlust eines Rings und der vagen Vermutung einer intimen Begegnung.

Ralph Grüneberger: Herbstjahr. Foto: Ralf Julke
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Herbstjahr: Ralph Grünebergers Roman über drei junge Leipziger im Umbruchjahr 1989/1990

Das passt schon. Der 30. Jahrestag jenes 9. Oktober 1989 nähert sich, an dem 100.000 Menschen um den Leipziger Ring zogen und die SED-Funktionäre ihre Ohnmacht begriffen. Und Ralph Grüneberger hat seinen Roman fertig, an dem er seit 2012 gearbeitet hat. Am 25. September stellt er ihn in der Stadtbibliothek vor. Und das Titelfoto darf nicht täuschen: Es ist keine weitere Wende-Wunder-Geschichte geworden. Grüneberger blendet nicht ab, als das „Wunder“ vorbei war.

Frank Rudkoffsky: Fake. Foto: Ralf Julke
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Fake: Frank Rudkoffskys Roman über das Drama von Liebe und Menschlichkeit in einer gnadenlos gewordenen Welt

Man staunt eigentlich, dass das Drama des niedergehenden Journalismus in Deutschland so wenig Aufmerksamkeit auch in Film und Literatur findet. Vielleicht hat es ja damit zu tun, dass die Menschen, die noch versuchen, irgendwie unabhängigen Journalismus zu machen, wie die Hamster im Laufrad rennen müssen, um überhaupt das Lebensnotwendige zu verdienen. So wie Jan in Frank Rudkoffskys Roman „Fake“.

Désirée Opela: In Limbo. Foto: Ralf Julke
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In Limbo: Lukas und Marie und das unmögliche Leben im Raum der unausgesprochenen Verzweiflung

München ist kein glücklicher Ort. Jedenfalls nicht für Lukas und seine Schwester Marie, die eigentlichen Helden in Désirée Opelas Roman, der jetzt bei Faber & Faber erschienen ist. Wird Faber & Faber jetzt zum Debütverlag für Absolvent/-innen des Literaturinstituts? Vielleicht. Was nicht heißt, dass die Debüts so leicht verdaulich sind. Denn natürlich schreiben die jungen Leute über ihr Weltgefühl. Und das ist kein besonders ermutigendes. Denn München ist wohl so etwas wie die Vorhölle.

Ulrike Draesner: Kanalschwimmer. Foto: Ralf Julke
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Kanalschwimmer: Ulrike Draesners Roman über die intensive Einsamkeit des Schwimmers im Ärmelkanal

Am Ende fühlt man sich, als habe man ein ganzes Buch durchschwommen. Und wisse letztendlich selbst nicht: Hat man nun die rettende Küste erreicht? Ist man gescheitert oder aufgefischt worden? War es Charles’ letztes Stündchen, in dem er zumindest für sich sagen konnte: Jetzt weiß er, was Maude meinte? Jetzt könnte er im Reinen sein mit sich, sich quasi entschlüpft?

Günter Kunert: Die zweite Frau. Foto: Ralf Julke
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Die zweite Frau: Günter Kunerts ironisches Porträt einer zur Infantilität verdammten Gesellschaft

Normalerweise schreiben Schriftsteller nicht so viele Romane, dass sie beim Kramen im Archiv ganz zufällig in einer Truhe über einen Roman stolpern, den sie vor 45 Jahren geschrieben haben, aber damals lieber nicht an einen Verlag gegeben haben und dann fast vergessen. Aber bei einem wie Günter Kunert kann das schon einmal passieren. Kaum ein deutscher Schriftsteller hat eine so lange Titelliste – gedruckt in Ost und West. Und „Die zweite Frau“ gibt’s seit März ebenfalls als Buch.

Franka Bloom: Anfang Sommer, alles offen. Foto: Ralf Julke
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Anfang Sommer, alles offen oder Caros Railtrip zu sich selbst

Beim Fernsehen ist sie eher auf die Krimischiene festgelegt. Aber weil sie so viel zu erzählen hat, schreibt die Leipziger Autorin Franka Bloom nun seit einiger Zeit Romane über Frauen in der Mitte des Lebens? im besten Alter? mit Lebenserfahrung? – Sie merken es schon: Wenn man dieses Alter irgendwie fassen will, kommen einem bloß lauter dusselige Worthülsen in den Kopf. Wir sind ein beklopptes Land mit einer verzerrten Selbstwahrnehmung.

Hartmut Zwahr: Leipzig. Studentenroman. Foto: Ralf Julke
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Leipzig. Studentenroman: Die beklemmenden 1950er Jahre im Protokoll eines aufmerksamen Beobachters

Es ist ein ziemlich dickes Buch geworden, das der Historiker Hartmut Zwahr über seine Studentenzeit in Leipzig in den 1950er Jahren geschrieben hat. Eine Zeit, die man mit Namen so berühmter Professoren wie Ernst Bloch, Hans Mayer, Hermann August Korff oder Theodor Frings in Verbindung bringt. Aber auch mit dem „sozialistischen Umbau“ der Universität. Und Hartmut Zwahr geriet mitten hinein.

Hans-Henning Paetzke: Heimatwirr. Foto: Ralf Julke
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Hans-Henning Paetzkes zweiter Lebensroman: Heimatwirr

Als Hans Henning Paetzke 1943 in Leipzig geboren würde, konnte er nicht ahnen, wohin ihn das Leben verschlagen würde, dass er mit ein paar ironischen Worten über Walter Ulbricht von der Oberschule fliegen würde, dass er wegen „Verletzung der Staatsbürgerpflichten“ seinen Job als Schauspieler verlieren und wegen Wehrdienstverweigerung im Knast landen würde. Sein Leben zeigt – romanreif – wie man selbst mit dem Charakter eines echten Schwejk in der DDR gegen Mauern rannte.

Benedikt Feiten: So oder so ist das Leben. Foto: Ralf Julke
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So oder so ist das Leben: Die erstaunlich gelassene Reise des Anton Lobmeier zu sich selbst

Je älter der junge Verlag Voland & Quist wird, umso philosophischer werden die Buchtitel, die er veröffentlicht. Was auch an den Autoren liegt. Sie kommen in ein Alter, in dem man nicht mehr so unbeschwert spottet über das, was einem geschieht. Wird man da weiser? Oder irritiert einen das, was einem geschieht, nicht noch viel mehr? Gute Frage. Mit dem „großen“ Anton Lobmeier schickt Benedikt Feiten eine Art alter ego durch München.

Willy Weglehner: '68. Wat denkste, Karfunkel? Foto: Ralf Julke
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Wat denkste, Karfunkel? Willy Weglehners augenzwinkernder Roman über einen alten 68er

Im vergangenen Jahr gab’s ja nicht nur die deutsche Revolution von 1918 als Jubiläum, auch das berühmte Jahr 1968 wurde da und dort gewürdigt. Oft mit zitronensaurem Ausdruck in den Kommentaren. Mancher will „68“ gar gleich wieder zu Grabe tragen, das Jahr ausradieren aus der bundesdeutschen Geschichte. Aber was kommt dabei heraus, wenn ein alter ‘68er sich erinnert und das Gefühl hat, er hätte eigentlich noch etwas einzulösen?

Tereza Semotamová: Im Schrank. Foto: Ralf Julke
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Im Schrank: Wie Hana bei allem Kummer auch noch völlig aus der Spur geriet

Es ist ein widerspenstiges Buch, das die 1983 geborene Tereza Semotamová hier geschrieben hat und das der Verlag Voland & Quist zur Buchmesse mit dem Gastland Tschechien frisch gedruckt vorstellen konnte. Die Heldin zieht tatsächlich in einen Schrank. Und die Autorin braucht gar nicht lange, um eine Atmosphäre zu schaffen, die einem doch verflixt vertraut vorkommt. Unsere nächsten Nachbarn haben genau denselben Kummer wie wir.

Roswitha Quadflieg, Burkhart Veigel: Frei. Foto: Ralf Julke
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Frei: Eine beherzte Ost-West-Liebesgeschichte vorm Hintergrund eines echten Fluchthelfer-Lebens

Man merkt es dem Buch wirklich nicht mehr an, dass am Anfang eine riesige Überforderung stand. Burkhart Veigel, einer der erfolgreichsten Fluchthelfer der 1960er Jahre, wollte einen Roman schreiben, einen Roman über sein eigenes Leben und seine Zeit als Fluchthelfer in Berlin. Aber er hatte so viel Material gesammelt, das sich partout nicht in einen Roman fügen wollte. Da holte er sich mit der Schriftstellerin Roswitha Quadflieg professionelle Hilfe. Und das Ergebnis besticht und berührt.

Toni Gottschalk: Konfetti im Bier. Foto: Ralf Julke
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Konfetti im Bier: Das erste Buch direkt aus der Ultra-Szene von St. Pauli

Man wartet die ganze Zeit auf das Konfetti. Man verbindet Ultras im Fußball ja nicht unbedingt mit Konfetti und Pappnasen, eher mit Bengalos und geharnischten Polizeieinsätzen. Und man erwartet natürlich nicht, dass ein richtiger Ultra sich hinsetzt und ein dickes Buch über seine Abenteuer schreibt. Vielleicht hinterher? Toni Gottschalk war seit 2001 dabei. Da war er 20. Seit 2006 hat er die Ultras vom FC St. Pauli aktiv begleitet.

Hartmut Zwahr: Abschiednehmen. Foto: Ralf Julke
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Abschiednehmen: Der erste Teil des Lebensromans des Leipziger Historikers Hartmut Zwahr

Hartmut Zwahr hat sich Großes vorgenommen. Die Leipziger kennen den 1936 geborenen Bibliothekar und Historiker noch als Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Uni Leipzig. Die Position bekleidete er bis 2001. Der Sax-Verlag hat schon sein Buch „Ende einer Selbstzerstörung“ übernommen, in dem Zwahr das niederschrieb, was viel zu wenige ostdeutsche Wissenschaftler 1989 taten: Die realen Ereignisse dieses Herbstes zu erfassen. Man ahnte schon, wie er tickt.

Franka Bloom: Mitte 40, fertig, los. Foto: Ralf Julke
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Franka Blooms zweiter Roman „Mitte 40, fertig, los“

Nun ja, dieses Buch zu lesen hat ein bisschen länger gedauert. Das liegt am Stoff. Einem Stoff, der sich auf dem deutschen Buchmarkt gut verkauft, denn das Bedürfnis nach Lebens-Ermutigungs-Literatur ist groß. Wohl auch und gerade bei Frauen. Was lesen eigentlich Männer, wenn sie ermutigt werden wollen? Aber Männer lesen ja nicht. Das ist so un-männlich, nicht wahr? Und da das hier garantiert kein Mann liest, kann ich einfach loslegen.

Gela Tschkwanawa: Unerledigte Geschichten. Foto: Ralf Julke
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Unerledigte Geschichten: Ein mitreißender Roman über das Überleben im Krieg, die Freundschaft und die Sache mit den Frauen

Mit ein klein wenig Verspätung kommt dieses Buch nach Deutschland. Erstmals veröffentlicht wurde es 2008 in Tbilissi. Das ist die Hauptstadt Georgiens. Und in Georgien lebt Gela Tschkwanawa im Exil. Denn geboren ist er in Sochumi. Aber das gehört zu Abchasien. Und genau das ist Thema seines Romans, der zurückblendet in einen der vielen vergessenen Kriege der jüngeren Zeit. In diesem Fall dem Sezessionskrieg Abchasiens.

Magdalena Jagelke: Ein gutes Verbrechen. Foto: Ralf Julke
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Magdalena Jagelkes „Ein gutes Verbrechen“

Der Umschlagtext gibt noch Hoffnung: „Die Tochter kämpft und überlebt.“ Das klingt fast so, als hätte es die Heldin in Magdalena Jagelkes Geschichte am Ende geschafft, hätte das Trauma der fehlenden Mutter überwunden und ihren Platz im Leben gefunden. Ist es denn „ein gutes Verbrechen“, wenn Mütter ihre Töchter verlassen?

Olja Savičević: Sänger in der Nacht. Foto: Ralf Julke
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Olja Savičevićs Roman über eine Liebe, die im Strom des Vergessens zu verschwinden droht

Pomela sucht Fink. Sie ist erfolgreiche Drehbuchautorin für Vorabend-Telenovelas, er ist Graffiti-Künstler. Vor Jahren waren sie liiert, haben sich gefunden, wie zwei sich selten finden. Doch dann haben sie sich getrennt. So wie sich zweie trennen, die sich abgrundtief lieben, aber es miteinander nicht aushalten, weil einer von beiden seine Freiheit braucht wie die Luft zum Atmen. Doch jetzt ist Fink verschwunden.

Sofie Cramer, Kati Naumann: Nachtflug. Foto: Ralf Julke
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In „Nachtflug“ lassen Sofie Cramer und Kati Naumann über den Wolken zwei Welten aufeinanderprallen

Am morgigen 23. Oktober erscheint das Buch ganz offiziell: der mittlerweile fünfte Roman der Leipziger Autorin Kati Naumann und der erste, den sie in echtem Teamwork mit der niedersächsischen Autorin Sofie Cramer geschrieben hat. Und ohne ihre Agentin wären die beiden niemals zusammengekommen. Und hätten auch niemals diese verrückte Buchidee verwirklicht. Die eigentlich noch viel verrückter ist als die herrliche „Nachtflug“-Geschichte von Antoine de Saint-Exupéry.

André Herrmann: Platzwechsel. Foto: Ralf Julke
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André Herrmanns „Platzwechsel“ oder Zurück mit allen Gefühlen in der mittelostdeutschen Provinz

Einer unser treuesten Leser warf uns gleich vor, wir würden eine nicht wirklich begründete Jubelmeldung veröffentlichen, als wir ankündigten, für André Herrmanns neuen Roman „Platzwechsel“ seien die Filmrechte schon vergeben worden. Und dann liest man das Buch und weiß schon beim Lesen: Das kann ein gnadenlos guter Film werden. Wenn es nur nicht die üblichen ÖRR-Regisseure in die Hand bekommen.

Anke Stelling: Schäfchen im Trockenen. Foto: Ralf Julke
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Schäfchen im Trockenen: Der gnadenlos bissige Roman über die schönen verlogenen Reichen von heute

Resi hätte es wissen können. So las sich das Kosthäppchen aus dem Verbrecher Verlag zur Ankündigung dieses neuen Romans von Anke Stelling. Resi ist ihre Erzählerin, von der man nicht so recht weiß: Wie viel Anke Stelling steckt eigentlich in ihr? Und wie viel Enttäuschung über Freunde, die sich entpuppen, wenn es um Geld geht und die Grenzen, die sie ziehen, wenn eine den verlogenen Schein infrage stellt?

Andreas B. Bengsch, Udo Scheer: Taucher in der Wüste. Foto: Ralf Julke
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Taucher in der Wüste oder Die seltsame Reise des Carl Graff auf der Suche nach einem Ort zum Bleiben

Manchmal passiert es, dass man nicht fertig wird mit einem Roman. Erst recht, wenn er anspruchsvoll ist und der Autor ein Stück seiner Lebensgeschichte in einen größeren Rahmen stellen möchte. So ging es Andreas B. Bengsch, geboren im Aufstand-Jahr 1953, gestorben schon früh, 2017. Zurück blieb sein Romanmanuskript „Taucher in der Wüste“. Eine echte Herausforderung. Kann man so ein Buch überhaupt beenden?

Franka Bloom: Anfang 40 - Ende offen. Foto: Ralf Julke
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Franka Blooms erster Roman um Vera, nicht geschieden, Anfang 40

Na ja: So einen Autorinnennamen legt man sich zu, wenn man eine zweite Karriere startet. Oder eine dritte. Damit da nichts durcheinanderkommt. Denn Franka Bloom ist eigentlich Drehbuchautorin, schreibt Drehbücher für „Tatort“ oder „Soko Leipzig“ und lebt seit einem geraumen Weilchen schon in Leipzig, hängengeblieben auf ihrer Lebensreise aus dem Ruhrgebiet Richtung Berlin. Und ihr erster Roman um Vera Odermann erschien schon 2017.

Willi Weglehner: Keine Sause ohne Brause. Foto: Ralf Julke
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Keine Sause ohne Brause oder Amadeus’ atemberaubende Reise in die Welt der falschen Stars

Wir sind nicht allein. Man könnte heulen vor Glück, es gibt da drüben, jenseits der innerdeutschen Kontrollgrenze, tatsächlich noch Menschen. Auch in Bayern. Solche, die sich trauen, sich einen „bis dato bekennenden 68er“ zu nennen, und das antike Bildungsideal noch für etwas Wertvolles halten. Man ahnt schon: Willi Weglehner, 1948 in Thalmässing, Mittelfranken, „gootlob nachgeboren“, ist Lehrer. Lehrer im Ruhestand. Nimmer ruhend, denn er schreibt seitdem emsig Romane voller Spaß am Träumen.

Anna Herzig: Sommernachtsreigen. Foto: Ralf Julke
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Anna Herzigs „Sommernachtsreigen“: Der Bertl, der Pawel und die Liebe der Autorin zu ihren Helden

Das Schönste an diesem Buch ist der Stil. Den findet man selten in deutschen Romanen. Und man erwartet ihn auch nicht, wenn man Anna Herzigs Facebook-Profil aufruft – gezwungenermaßen, denn ihre Wordpress-Seite hat sie gekappt. Auf Facebook aber präsentiert sich die 1987 geborene Autorin aus Wien wie eins der pubertierenden Mädchen, die sie ihren Helden Pawel und Bertl im nächtlichen Wien begegnen lässt. Da erwartet man nicht diese humorvolle Abgebrühtheit.

Barbara Handke: Wo ist Norden. Foto: Ralf Julke
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Barbara Handkes beeindruckender Roman über den Mut zum Träumen: Wo ist Norden

Und was passierte dann? Die ostdeutsche Geschichte wird ja gern so erzählt, dass sie im Herbst ihr tolles Happyend erlebte. Dann kam die Deutsche Einheit. Und ab da gab’s keine ostdeutsche Geschichte mehr. Es ist ja kein Zufall, dass so viele Ostdeutsche sich mittlerweile regelrecht heimatlos fühlen. Da ist was falschgelaufen. Und läuft es noch immer. Sonst hätte Barbara Handke ihr Buch nicht im Selbstverlag herausbringen müssen.

Thomas Fritz: Kinder des Labyrinths. Foto: Ralf Julke
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Thomas Fritz’ großer Lebensroman „Kinder des Labyrinths“

Man liest und liest und greift immer öfter zu seinem Gustav Schwab, „Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums“, etwas verwirrt, weil man die ganzen Sagen des griechischen Altertums zwar alle irgendwie im Kopf hat – aber alle hübsch extra: Herakles, Ariadne, Helena, den Minotauros, Ikaros, diesen gestürzten Sonnenflieger. Und es gehört tatsächlich alles zusammen. Kein Wunder, dass Thomas Fritz den Stoff nach 35 Jahren wieder angepackt hat. Es hat ihn gepackt.

Das Projekt „LZ TV“ (LZ Television) der LZ Medien GmbH wird gefördert durch die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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