Kolonialismus

Menschengruppe, auf Stühlen sitzend.
·Kultur·Lebensart

Koloniales Raubgut im Grassi-Museum: Delegation fordert Rückführungen

Anael Moshi Meli ist der Urenkel von Mangi Meli, dem ehemaligen Anführer des Chagga-Volks am Kilimanjaro-Massiv in Tansania. Mangi Meli wurde im Jahr 1900 zusammen mit 18 weiteren Anführern von den deutschen Kolonialherren gehängt. Nach dem Schädel von Mangi Meli sucht seine Familie bereits seit Generationen. Gemeinsam mit einer Delegation aus anderen Nachfahren und Expert*innen […]

Wiese, Grassi-Museum und blauer Himmel.
·Kultur·Lebensart

Kampf für Repatriierung: Rückgabe an Rapa Nui aus dem Grassi-Museum ist schwierig

24 Schädel und vier Haarproben der indigenen Rapa Nui lagern im Leipziger Grassi-Museum. 1882 wurden diese von Wilhelm Geiseler, dem Kapitän des deutschen Kanonenboots „Hyäne“, von den Osterinseln geraubt. Die indigenen Rapa Nui fordern die Gebeine ihrer „Ivi Tupuna“, ihrer Ahnen, zurück. Doch das ist nicht so einfach. Denn die Aktivist*innen und Künstler*innen Evelin Huki […]

Porträt David Novell.
·Kultur·Musik

Die Welt war niemals postkolonial: Der Leipziger Sänger David Novell veröffentlicht seine Single „Demut“

Am Freitag, dem 3. Februar, hat der Leipziger Rapper und Sänger David Novell seine neue Single „Demut“ veröffentlicht, eine Hip-Hop-Ballade über persönliche Transformation und Privilegien. Was schon in der zentralen Zeile steckt: „1984 heißt für mich nicht nur George Orwell, sondern auch Release von Bronski Beat ‚The Age of Consent‘“. Auf „Demut“ geht es zudem […]

Cover des besprochenen Buches.
·Bildung·Bücher

Lüge, Hass, Krieg: Die Heilige Dreifaltigkeit des rücksichtslosen Machtdenkens seit 3.000 Jahren

Einen Traktat nennt Paul Sailer-Wlasits seinen Text zu einem hochaktuellen Thema. Das gleichzeitig ein uraltes ist. Es begleitet die Menschheit nämlich, seit es Kriege gibt. Denn Kriege entstehen nicht aus dem Nichts. Alle Kriege beginnen mit Lügen. Das hat eine philosophische Dimension. Aber auch eine politische und eine psychologische. Denn Machteliten haben längst gelernt, wie […]

Porträt des Interviewpartners Enrico Ruge.
·Bildung·Forschung

125 Jahre STIGA – Konsum(-)Kritik und Konkurrenz im König-Albert-Park

Manche Forscherinterviews sind in 30 Minuten abgehakt. Alle Fragen beantwortet, messerscharf die Antworten in den Block diktiert, fertig ist die Laube. Mit Enrico Ruge-Hochmuth war das anders. Aus dem Projektleiter der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) sprudelte es 80 Minuten lang förmlich nur so heraus. Die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) im Jahr […]

Augustusplatz mit Weihnachtsbuden.
·Der Tag

Dienstag, der 20. Dezember 2022: Kaum Chance auf weiße Weihnachten, Halle-Attentäter verlegt und Rückgabe von Kolonialgut

Wieder nichts: Das milde Tauwetter wird einer eventuellen Hoffnung auf weiße Weihnachten auch dieses Jahr wohl einen Strich durch die Rechnung machen. Der Attentäter von Halle ist nach seiner Geiselnahme in der Haftanstalt in ein bayerisches Gefängnis verlegt worden. Und: Bundesaußenministerin Baerbock und Kulturstaatsministerin Roth gaben bei einem Besuch in Nigeria Raubkunst aus der Kolonialzeit […]

Wiese, Grassi-Museum und blauer Himmel.
·Kultur·Lebensart

Feierliche Zeremonie im Grassi Museum Leipzig: Menschliche Überreste kehrten nach Australien zurück

Dass gerade in deutschen Völkerkundemuseen viele Sammlungsbestände liegen, deren Herkunft sehr fragwürdig ist, ist den meisten Museen mittlerweile bewusst. Viele dieser Stücke wurden in kolonialen Zeiten „beschafft“, oft mit sehr fragwürdigen Methoden. Am 17. November gab es eine besonders wichtige Rückgabe im Grassi Museum für Völkerkunde in Leipzig nach Australien. Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie […]

AfD-Richter Jens Maier bei einem Auftritt 2020 in Grimma.
·Der Tag

Donnerstag, der 17. November 2022: Grünes Gewölbe und der falsche Diamantenhändler, Angeklagter im „NSU 2.0“-Prozess verurteilt

Das Grüne Gewölbe ist auf einen Betrüger hereingefallen und hat wohl 40.000 Euro verloren. Außerdem wurde der Angeklagte im „NSU 2.0“-Prozess zu knapp sechs Jahren Haft verurteilt und Sachsen hat erneut geraubte Gebeine aus der Kolonialzeit an Australien übergeben. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 17. November 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber […]

Eine Feder für Winnetou. Foto: Ralf Julke
·Bildung·Medien

Nachdenken über … einen CDU-Medienpolitiker, der im Rundfunkrat für Winnetou kämpfen will

Man sollte seine Medien nicht so einseitig konsumieren, wie das der Leipziger Landtagsabgeordnete der CDU Andreas Nowak tut. „Wie jetzt bekannt wurde, will die ARD künftig keine Winnetou-Filme mehr senden“, ließ er am Freitag, 26. August, vermelden. „Laut Medienberichten habe der öffentlich-rechtliche Senderverbund die Lizenzen für die Karl-May-Verfilmungen mit Pierre Brice in der Rolle des […]

Gürtelmaske-Abbild mit dem Abbild eines Oba - Königreich Benin. Foto: Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Eva Winkler
·Politik·Sachsen

Vertrag unterzeichnet: Sachsen will das Eigentum der Benin-Bronzen an Nigeria übertragen

Das sächsische Regierungskabinett hat am Dienstag, 12. Juli, den Weg für Verhandlungen zur Rückübertragung des Eigentums von insgesamt 262 Objekten der Benin-Sammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) aus den Völkerkundemuseen in Dresden und Leipzig an die Bundesrepublik Nigeria eröffnet. „Wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der Kolonialgeschichte“ Auf Basis der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Nigeria, […]

Kuratorin Dr. Johanna Sänger und Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger in der Intervention „AUSGESTELLT UND ANGESTAUNT. Menschen, Technik, Traditionen auf der STIGA 1897“. Foto: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
·Kultur·Ausstellungen

Ausgestellt und angestaunt: Wie STIGA und DOAA in der Ausstellung „Moderne Zeiten“ im Alten Rathaus zum Störfall werden

Eine Intervention nennt es Dr. Anselm Hartinger, was seit Dienstag, 5. Juli, in der Dauerausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums im Alten Rathaus zu sehen ist – mit gelben Bannern kenntlich gemacht, mitten in der seit zehn Jahren schon existierenden Ausstellung „Moderne Zeiten“ platziert. Denn in diesem Jahr feiert Leipzig ja 100 Jahre Sächsisch-Thüringische Gewerbe- und Industrieausstellung, […]

·Kultur·Ausstellungen

Ein gespenstischer Saloon: Karl-May-Filme mit Live-Kommentar im Park und Vernissage für die Ausstellung „Nati“

Er wird bis heute gern gelesen und nicht nur in Bad Segeberg jeden Sommer auf der Freilichtbühne gespielt: Karl May, der sächsische Romanautor, dessen Vision vom „Wilden Westen“ bis heute die Vorstellungen vieler Menschen prägt. Dass darin ein Stück koloniales Denken steckt, das kann man am Donnerstag, 16. Juni, im Kubus der Schaubühne Lindenfels im […]

Susan Arndt: Rassistisches Erbe. Foto: Ralf Julke
·Bildung·Bücher

Rassistisches Erbe: Susan Arndt zeigt, wie sehr unsere koloniale Vergangenheit noch immer in unserer Sprache steckt

Wenn die Debatte um den Leipziger Zoo, die einstigen Völkerschauen und die „Hakuna Matata“-Shows etwas bewirkt hat, dann ein großes Stutzen. Selbst Mandatsträger, die sich vorher nie mit der kolonialen Vergangenheit der Stadt Leipzig beschäftigt haben, stutzten. Nicht alle. Stimmt. Manche wollen auch nicht verstehen, dass der heutige Rassismus deshalb so tief in unserem Denken […]

·Leben·Gesellschaft

Stadtratsbeschluss zu den exotischen Zoo-Veranstaltungen: Migrantenbeirat begrüßt den Beschluss, Tänzer fühlen sich diskriminiert

Da hatte OBM Burkhard Jung wohl recht, als er nach der Stadtratsentscheidung zu den exotisch angehauchten Festen in Leipziger Zoo meinte, dass die Diskussion wohl jetzt erst richtig beginnen würde. Es geht natürlich um Gefühle, um völlig unterschiedliche Erfahrungen mit Diskriminierung. Und auch um Künstler, die sich nun ausgebootet fühlen, obwohl es gar nicht um […]

·Politik·Leipzig

Der Stadtrat tagt: Zoo-Veranstaltungen wie „Hakuna Matata“ soll es künftig nicht mehr geben + Video

Seit einigen Jahren wird in Leipzig eine Diskussion darüber geführt, ob der Zoo mit einigen Veranstaltungen rassistische Stereotype verbreitet und ob er seine koloniale Vergangenheit angemessen aufarbeitet. Der Migrantenbeirat hat das Thema am Mittwoch, dem 18. Mai, in den Stadtrat gebracht. Am Ende stand ein deutliches Ergebnis: Veranstaltungen wie „Hakuna Matata“ und „El Dorado“ soll […]

Auch ziemlich daneben: Wallende Federn zur Eröffnung der Flamingo-Lagune im Zoo. Foto: Ralf Julke
·Leben·Gesellschaft

Schluss mit der exotischen Zur-Schau-Stellung: Migrantenbeirat hat seinen Antrag zum Zoo neu gefasst

Als der Leipziger Migrantenbeirat vor einem Jahr seinen Antrag startete, damit im Leipziger Zoo „alle Veranstaltungen, die koloniale und rassistische Stereotype reproduzieren, unterbunden werden“, begann erst eine Debatte, die längst überfällig war. Wie überfällig, das machte ausgerechnet die Stellungnahme des Kulturdezernats deutlich, einem Dezernat, in dem zurzeit einiges drüber und drunter zu gehen scheint. Zuletzt […]

Das Wasserbassin in der Anton-Bruckner-Allee. Foto: Ralf Julke
·Politik·Brennpunkt

Erinnerung an die STIGA 1897: Stele im Clara-Zetkin-Park wird am 24. April enthüllt

Am Sonntag, 24. April, lohnt sich der Weg in den Clara-Zetkin-Park für alle, die ein kleines bisschen Interesse für die Geschichte dieses Parks haben. Den dann enthüllt die Stadt Leipzig eine Gedenktafel an die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) von 1897. Die Tafel in Form einer zweiseitigen Stele wird nordwestlich des Bassins in der Anton-Bruckner-Allee […]

·Bildung·Zeitreise

Die Beduinenkarawane an der Pleiße: Ernst Pinkert und die von ihm finanzierten Völkerschauen

Seit der Diskussion um den ersten Leipziger Zoodirektor Ernst Pinkert und die Völkerschauen im Leipziger Zoo steht das Thema Kolonialgeschichte auch in Leipzig ganz oben auf der Liste der abzuarbeitenden Forschungsthemen. Dabei kommen auch neue Aspekte zum Vorschein, so wie die von Ernst Pinkert organisierten Beduinenkarawanen. Ein Interview mit dem Historiker Mustafa Haikal. Herr Haikal, […]

Gebäude der Baumwollspinnerei. Archivfoto: Gernot Borriss
·Politik·Leipzig

Kolonialzeit, Zwangsarbeit, schlimme Arbeitsbedingungen: Jugendparlament fordert mehr Vergangenheitsaufarbeitung für die Spinnerei

Die jungen Leute im Leipziger Jugendparlament verfolgen sehr aufmerksam, was so in Sachen Kolonialismus in Leipzig alles bekannt wird. Es ist ja sowieso schon verblüffend, dass die Aufarbeitung der Leipziger Kolonialgeschichte mit 100-jähriger Verspätung begonnen hat. Was natürlich einen Grund hat: Sie ist im öffentlichen Stadtraum so gut wie nicht sichtbar. Doch als es um billige Produkte aus den Kolonien ging, waren auch Leipziger Unternehmen wie die Baumwollspinnerei mit dabei.

·Politik·Leipzig

Aufarbeitung der Leipziger Kolonialgeschichte: Was ist seit dem Stadtratsbeschluss passiert?

Zwischen 1876 und 1931 fanden auf dem Gelände des Leipziger Zoos etwa 40 sogenannte „Völkerschauen“ statt. In den Leipziger „Menschenzoos“ wurden insgesamt mehr als 750 Menschen den Zoobesucher/-innen zur Schau gestellt. Auch in vielen anderen Städten Europas waren diese Ausstellungen üblich und hatten Tradition in Zirkussen, Kuriositäten-Kabinetten und auf Jahrmärkten. Eine kritische Aufarbeitung der „Völkerschauen“ ist bisher, trotz der langjährigen Forderung verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteure, nur spärlich erfolgt.

Katrin Löffler: Leipzig und der Kolonialismus. Foto: Ralf Julke
·Bildung·Bücher

Leipzig und der Kolonialismus: Der komprimierte Beginn einer überfälligen historischen Spurensuche

Sie kam spät und sie kam heftig: die Diskussion um die koloniale Vergangenheit der Stadt Leipzig. Und gerade die Irritationen, die sie erzeugte, erzählen von dieser Verspätung. Denn fällig gewesen wäre diese Diskussion schon vor 100 Jahren. Aber da war ja das reaktionäre Bürgertum voll und ganz damit beschäftigt, die Weimarer Republik zu bekämpfen und möglichst bald wieder abzuschaffen. Und dann ging es mit den politischen Verhinderungen ja munter weiter.

·Veranstaltungen·Bühne

Gespräch zu (post)kolonialem Erbe und dessen Kontinuitäten

Kolonialismus ist für viele Menschen längst Geschichte. Seit der sogenannten Entdeckung Amerikas 1492 - der eigentliche Beginn der modernen Eroberung Amerikas und der Beginn des modernen Kolonialismus - zogen die europäischen Mächte wie Spanien, Portugal, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande, sowie ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch Deutschland aus, neue Gebiete zu besetzen und zu besiedeln, um ihre Macht und ihren Einfluss auszubauen und diese Kolonien auszubeuten.

·Kultur

Es ist noch viel zu tun: Wie die städtischen Museen jahrhundertealtes Unrecht erforschen

Stellten wir uns am Anfang dieser Artikelreihe noch die Fragen, was Provenienzforschung für die Leipziger Museen bedeutet und was bisher erreicht werden konnte, heißt es in der Rückbetrachtung: Warum läuft die Erforschung der Museumsbestände so schleppend? Bevor wir eine Antwort auf diese Frage geben können, zunächst ein Rückblick auf die letzten Monate und was sich seither verändert hat.

Eingang zum Leipziger Zoo. Foto: Zoo Leipzig
·Leben·Gesellschaft

Exotische Abendveranstaltungen im Zoo: Wer spricht eigentlich für wen?

Es ist eine durchaus nicht einfache Diskussion, die da ganz zum Anfang mit der Debatte über Ernst Pinkert und die Völkerschauen im Leipziger Zoo begann und dann im Frühjahr 2021 auch die Dschungelnächte im Leipziger Zoo zum Thema machte. Diese Debatte initiierte vor allem der Migrantenbeirat. Wird im exotischen Blick auf die auftretenden Künstler/-innen nicht wieder der alte Kolonialherren-Blick sichtbar?

Haupteingang zum Leipziger Zoo: Archivfoto: Zoo Leipzig
·Leben·Gesellschaft

Der Migrantenrat und der Zoo – ein Kommentar von Mustafa Haikal

Wie viel Erinnerung braucht eine Stadt? Wovon wollen wir uns berühren und mahnen lassen? Zu viel Geschichte schade dem Lebendigen, zu wenig nehme ihm seine Würde, schrieb Friedrich Nietzsche in den 1870er Jahren. Natürlich, noch immer erinnern sich die älteren Bürger Leipzigs an den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg, nie wird das aus dem kollektiven Gedächtnis verschwinden. Doch wie steht es mit dem deutschen Kolonialismus, einer Zeit, die anders als der Zweite Weltkrieg, kaum Spuren im Stadtraum hinterlassen hat und die in den privaten Erinnerungen der Leipziger keine Rolle mehr spielt?

Giraffen im Leipziger Zoo. Foto: Marko Hofmann
·Politik·Leipzig

Der Zoo Leipzig und der unreflektierte Blick auf „die Exoten“: Ein Offener Brief des Migrantenbeirats

Es war das Leipziger Jugendparlament, das zum Anfang des Jahres einen Antrag stellte, die koloniale Vergangenheit des Zoos Leipzigs aufzuarbeiten. Das Leipziger Kulturdezernat befürwortete den Antrag zwar, meinte aber auch, dass sich der Zoo Leipzig schon genug mit dem Thema beschäftige. Die Beschlussfassung im Stadtrat steht noch aus. Die Diskussion wurde skurril. Und der Migrantenbeirat schreibt jetzt einen Offenen Brief.

Léontine Meijer-van Mensch, © GRASSI Museum für Völkerkunde. Foto: Tom Dachs
·Kultur·Ausstellungen

Koloniale Geschichte: Sächsische Völkerkundemuseen starten Plattform zur Dekolonisierung

Die Völkerkundemuseen in Leipzig, Dresden und Herrnhut, die seit 2010 Teil der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sind, beschäftigen sich seit Jahren mit der Aufarbeitung der eigenen kolonialen Vergangenheit. Denn sie haben allesamt Sammlungsstücke aus der kolonialen Vergangenheit in ihrem Bestand – manche mit einer sehr heiklen Vorgeschichte. Nicht nur in Leipzig wird ja inzwischen intensiv über die Spuren der kolonialen Vergangenheit diskutiert.

·Politik·Engagement

Jetzt arbeitet auch das Leipziger Missionswerk seine Verwicklungen in den Kolonialismus auf

Die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus und seinen Auswirkungen wird als Thema auch für die Kirchen immer wichtiger. Das Leipziger Missionswerk will sich unter der Überschrift „glaubwürdig? Mission postkolonial“ der eigenen historischen Rolle und den Verwicklungen stellen. Denn die Missionsarbeit lief seinerzeit parallel zur kolonialen Expansion der europäischen Mächte.

Juliane Nagel (Linke) . Foto: LZ
·Politik·Leipzig

Der Stadtrat tagte: Antrag der Linksfraktion zur Aufarbeitung der Leipziger Kolonialgeschichte beschlossen + Video

Eigentlich gab es keinen wirklichen Konflikt zwischen Kulturdezernat und Linksfraktion beim Thema Aufarbeitung der Leipziger Kolonialgeschichte, auch wenn das Kulturdezernat extra einen langen alternativen Verwaltungsstandpunkt schrieb. Doch manchmal geht es tatsächlich um ein politisches Signal. Die Mehrheit bekam in der Ratsversammlung am 12. November die Neufassung des Linke-Antrags „Leipziger Kolonialgeschichte in die Erinnerungskultur aufnehmen“. Und das nach eine sehr erhellenden Diskussion.

Linda, Michelle und Jona führen durch die Stadt. Foto: Pia Benthin
·Leben·Gesellschaft

Auf kolonialen Spuren

Vor der Leipziger Stadtbibliothek am Wilhelm-Leuschner-Platz herrscht geschäftiges Treiben. Mit Wissensdurst rein, mit Büchern wieder rauskommen. Doch auch das Gebäude selbst birgt eine interessante Geschichte. Denn das, was heutzutage die Stadtbibliothek ist, war früher das Museum für Völkerkunde, und auch heute noch finden sich an der Fassade Überbleibsel der kolonialen Vergangenheit.

Der nächtlich veränderte Kolonialstein. Foto: privat
·Bildung·Zeitreise

Misstraut den Denkmälern: Wer gab eigentlich die Genehmigung, den Findling an den Friedhofsweg zu setzen?

Ein Denkmal, bei dem man sich nichts denkt, ist natürlich sinnlos. Wenn dann einfach nur die Schrift getilgt ist, bleibt so ein Klops in der Landschaft stehen, wird zum Stein des Anstoßes und fordert regelrecht heraus zu einer nächtlichen Aktion, wie sie eine Gruppe Politischer Interventionisten in der Nacht vom 13. zum 14. Juli vollbracht hat. Der als Kolonialstein bekannte Findling am Friedhofsweg nah am Völkerschlachtdenkmal bekam die Aufschrift „Deutsche, erinnert eurer Kolonialverbrechen“.

Die Ernst-Pinkert-Straße führt direkt zum Zoo. Foto: Ralf Julke
·Leben·Gesellschaft

Juliane Nagel: Es braucht keine Straßennamen zur kritischen Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit!

Im Rahmen der Stadtratssitzung am 9. Juli 2020 beantwortete der Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning auch die Einwohneranfrage zur Umbenennung der Ernst-Pinkert-Straße und -Schule. Er schloss die Beantwortung mit der Darlegung seiner persönlichen Meinung. Demnach hätte die Benennung von Straßen oder öffentlichen Einrichtungen auch nach Persönlichkeiten mit problematischen Einstellungen eine pädagogische Wirkung und würde die kritische Auseinandersetzung fördern. Eine Auffassung, der die Linke-Stadträtin Juliane Nagel deutlich widerspricht.

Straßenschild Ernst-Pinkert-Straße. Foto: Ralf Julke
·Leben·Gesellschaft

Die „Völkerschauen“ und Ernst Pinkert im Zoo Leipzig – wann und wo erfolgt die Aufarbeitung?

Die AG Leipzig Postkolonial begrüßt die aktuelle öffentliche Auseinandersetzung über Leipzigs koloniales Erbe, einschließlich der Debatten über den Leipziger Zoo, seinen Gründer Ernst Pinkert und die von ihm veranstalteten „Völkerschauen“. Wir sehen dies als Auftakt für eine überfällige Aufarbeitung der Kolonialzeit und ihrer Spuren in der Gegenwart in der städtischen Erinnerungspolitik. Diese ist heute angesichts aktueller Ereignisse, dem weltweit offenkundigen Rassismus sowie dem Widerstand dagegen, dringlicher denn je.

Einige Menschen aus der Dessauer Black Community gedenken am 11. Juni 2020 am Tatort im Stadtpark dem ermordeten Alberto Adriano. Der Dritte von rechts ist Amadi Indjai, Imam der Islamischen Gemeinde Dessau. Foto: Luise Mosig
·Leben·Gesellschaft

Dessau ist nicht nur Bauhaus-Stadt: Vor 20 Jahren ermordeten Neonazis den Mosambikaner Alberto Adriano

LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 80, seit Freitag, 26. Juni im HandelZwischen zwei Bäumen im Dessauer Stadtpark flattert ein Plakat mit 182 Namen. Einer von ihnen ist Alberto Adriano, elfte Zeile, vierter von links. Das Plakat trägt die Überschrift „Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt, 1990–2011“. Alberto Adriano wurde vor 20 Jahren, in der Nacht auf den 11. Juni 2000, von drei Neonazis brutal zusammengeschlagen. Drei Tage später verstarb er im Krankenhaus. Der aus Mosambik stammende Fleischermeister war als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen, hinterließ eine Ehefrau und drei Kinder.

Bilderschmuck an der Stadtbibliothek: Exotischer Blick auf "primitive" Völker. Foto: Ralf Julke
·Politik·Leipzig

In der Leipziger Stadtgeschichte fehlt nach wie vor das Kapitel Kolonialismus

Mit der Diskussion um den Leipziger Zoogründer Ernst Pinkert hat die Debatte um die koloniale Vergangenheit Leipzigs endlich eine Stufe der Aufmerksamkeit erreicht, auf der sich auch Stadt und Stadtrat nicht mehr wegducken können. Nicht weil nun ausgerechnet Pinkert einer der herausragenden Vertreter des Kolonialismus war. Aber dass ausgerechnet er nun im Mittelpunkt der Debatte steht, zeigt ja nur zu deutlich, dass die eigentliche koloniale Vergangenheit Leipzigs nach wie vor im Dunkeln liegt.

Podiumsdiskussion von „Leipzig Postkolonial“ am 19.12.2019 im Ost-Passage Theater mit Esther Muinjangue and Sima Luipert. Foto: Birgit Scheps-Bretschneider
·Leben·Gesellschaft

Interview: „Der Kolonialismus in Leipzig ist kein abgeschlossenes Kapitel der Geschichte“

LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 80, seit Freitag, 26. Juni im HandelClaudia Rauhut ist nur ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Leipzig postkolonial, deshalb will die Ethnologin und Politikwissenschaftlerin gar nicht im Vordergrund stehen. Sie vertritt die Meinung der Gruppe, wenn sie mit der Leipziger Zeitung spricht. Die Meinung zum Umgang mit den kolonialen Spuren in Leipzig ist unbequem. Das Thema steht nicht auf der Agenda der Stadtpolitik und der Akteure.

Leipziger Zeitung Nr. 80: Was zählt ... Foto: Ralf Julke
·Bildung·Medien

Machtgefälle im Kopf. Die neue „Leipziger Zeitung“ Nr. 80 ist da: Was zählt …

Darauf einen schönen schwarzen Kaffee. Zum Munterwerden. Und als Anstoß. Quasi der Kaffee des Anstoßes. Nicht ohne Grund thematisiert die neue Ausgabe der Leipziger Zeitung nach den großen „Black Lives Matter“-Demonstrationen die alten, fast „vergessenen“ Themen Kolonialismus und Rassismus auch für Leipzig. Die ach so weltoffene Stadt, in der Menschen, wenn sie nur fremd genug aussehen, trotzdem immer wieder Stalking, Mobbing und direkte Angriffe erleben. Man sieht es nicht – so aus weißhäutiger Perspektive.

Die Ernst-Pinkert-Straße führt direkt zum Zoo. Foto: Ralf Julke
·Leben·Gesellschaft

Auch die Benennungen von Straße und Schule nach Ernst Pinkert stehen zur Disposition

Über die Umbenennung der Arndtstraße in der Leipziger Südvorstadt wird noch diskutiert, der Antrag zur Umbenennung der Jahnallee ist noch im Verfahren. Aber seit vergangener Woche steht auch ein Mann im Fokus der Diskussion, der erst 2010 mit einem Straßennamen geehrt wurde: Ernst Pinkert, der Gründer des Leipziger Zoos. „Ernst Pinkert wird in Leipzig vor allem als der Gründer des Leipziger Zoos rezipiert, einer der großen touristischen Attraktionen Leipzigs. Verschwiegen bleibt dabei: Ernst Pinkert hat in seinem Zoo aber auch sogenannte Völkerschauen veranstaltet“, heißt es in einer entsprechenden Einwohneranfrage.

Heinz Peter Brogiato, Matthias Röschner (Hrsg.): Koloniale Spuren in den Archiven der Leibniz-Gemeinschaft. Foto: Ralf Julke
·Bildung·Bücher

Koloniale Spuren in den Archiven der Leibniz-Gemeinschaft: Was allein in Leibniz-Instituten alles im Archiv zu finden ist

Es hat lange gedauert, im Grunde fast ein ganzes Jahrhundert, nachdem Deutschland aufgehört hat, eine Kolonialmacht zu sein, bis endlich das Denken der Zeitgenossen so weit war, den Kolonialismus in der eigenen Geschichte überhaupt als hochproblematisch wahrzunehmen und die Spuren des kolonialen Erbes aufzuarbeiten. Die findet man selbst in den Archiven einiger Leibniz-Institute.

Einsam wie ein Marienkäfer ... Foto: Ralf Julke
·Bildung·Zeitreise

Nachdenken über … Robinson Crusoe

Noch so ein Datum, das kaum jemand auf dem Schirm hat. Ein bärtiger Bursche mit Sklavenhaltermentalität wird in diesem Jahr 300 Jahre alt. Der Bursche heißt Robinson Kreutzner. Den Mitmenschen, die noch Bücher lesen, besser bekannt als Robinson Crusoe. Der Roman „The life and strange surprizing adventures of Robinson Crusoe“ erschien 1719.

Der Fotograf Michael Jalaru Torres. Foto: Michael Jalaru Torres
·Kultur·Ausstellungen

Ab 22. August in der Galerie KUB: Die Perspektive eines Aboriginal Künstlers auf die Rückführung der Gebeine seiner Vorfahren

Auch Leipzig hat eine koloniale Vergangenheit. Manches Sammlungsstück in Leipziger Museen erzählt davon. Seit geraumer Zeit beschäftigt sich die AG Postkolonial mit dieser verdrängten Geschichte. Mit der nächsten Veranstaltung geht es zwar nicht in Leipziger Sammlungsbestände. Dafür führt die Spur der Fotoausstellung, die am 22. August in der Galerie KUB eröffnet wird, nach Dresden.

Der Grassi-Museumskomplex. Foto: Ralf Julke
·Kultur·Ausstellungen

Aus dem Leipziger Museum für Völkerkunde werden jetzt menschliche Gebeine nach Australien zurückgegeben

Es ist ein ganz schwieriges Erbe. Was sich heute in vielen deutschen Völkerkundemuseen befindet, kam oft nicht auf rechtem Wege dorthin. Auf die Pietät der Völker, wo sie ihre ethnografischen Forschungen betrieben, nahmen einige deutsche Völkerkundler im 19. Jahrhundert keine Rücksicht. Sie betrachteten die Menschen jenseits Europas eher als naive Wilde. Und manchmal raubten sie auch einfach Begräbnisstätten aus. Aus Leipzig werden jetzt Gebeine aus Westaustralien zurückgegeben.

Relief am Hauptgebäude der HTWK. Foto: Ralf Julke
·Leben·Gesellschaft

Afrika geht uns nichts an? Denkste.

Es gibt Zeitungen, die schreiben grottenschlechte Kommentare. Da kommt am Ende nicht mal eine Pointe. Und es gibt Zeitungen, da ist die Überschrift schon die Pointe. Aber bestimmt ist Arno Widmann von der „Frankfurter Rundschau“ gerade dabei, die eigentliche Geschichte zum „Aufstand der Niederträchtigen“ zu recherchieren und die Pointe war dann schon mal der Stachel zum Löcken.

Protest gegen Abschiebungen am Flughafen Leipzig / Halle am 28. Juni 2017. Foto: Aktionsnetzwerk „Protest LEJ“
·Leben·Gesellschaft

Das alte verächtliche Denken der Kolonialherren steckt noch immer in den Köpfen unserer Politiker

Da hatte man kurzzeitig geglaubt, mit Michael Kretschmer im Amt würde die sächsische CDU wieder auf einen liberalen Kurs einschwenken und ihre Anbiederei an das Geschrei der Rechtsradikalen im Land beenden. Aber augenscheinlich will der Groschen nicht fallen. Jetzt will die Staatsregierung auch bei den von Horst Seehofer ausgedachten „Anker-Zentren“ ganz früh mit dabei sein. So wird Menschenverachtung zu Politik.

Togo um 1900. Foto: GRASSI MVL
·Kultur·Lesungen

Museum für Völkerkunde thematisiert den Kolonialismus mit der Reihe „(Un)-sichtbar?! – Koloniale Spuren in Museen und Gesellschaft“

Zum neuen Jahr startet das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig mit einer neuen Vortragsreihe: Die Reihe „(Un)-sichtbar?! – Koloniale Spuren in Museen und Gesellschaft“ rückt die nur wenig bekannte Kolonialgeschichte Deutschlands in den Blick. Zum Auftakt am 17. Januar, 19 Uhr, werfen die Gäste einen Blick auf postkoloniale Ansätze und den Umgang mit kolonialem Erbe im ethnologischen Museum.

Die Ernst-Hasse-Straße auf dem Stadtplan der Stadt Leipzig. Karte: Stadt Leipzig
·Bildung·Zeitreise

Die andere Seite des Statistik-Direktors Ernst Hasse

Am 24. fragte die „Zeit“ online: „Wen wir ehren. In deutschen Städten heißen Straßen immer noch nach Kolonialverbrechern und Sklavenhändlern. Warum?“ Im Beitrag beschäftigte sich Christian Kopp mit den Straßen, die in deutschen Städten noch immer an den deutschen Kolonialismus und seine Hauptakteure erinnern. Das ist auch in Leipzig noch heute der Fall.

Melder zu Kolonialismus

Das Projekt „LZ TV“ (LZ Television) der LZ Medien GmbH wird gefördert durch die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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